Mobile Datendienste sind zu unattraktiv und teuer

In einer Studie erforscht die Universität Augsburg die Nutzung mobiler Datendienste und M-Payment. Angebote jenseits von Klingeltönen sind zu unattraktiv, so eine erste Bilanz.

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Von
  • Barbara Lange

Die Qualität vorhandener mobiler Datendienste wird oft beklagt. An den Nutzern scheint es nicht zu liegen. "Mobile Datendienste sind nicht attraktiv genug und zu teuer – das sind zwei vorläufige Ergebnisse unserer aktuellen Umfrage", sagt Dr. Key Pousttchi, Leiter der Forschungsgruppe wi-mobile der Universität Augsburg, in einem Gespräch mit heise online.

Seine Forschungsgruppe beteiligt sich an der noch bis Ende Januar laufenden internationalen Online-Umfrage "Worldwide Mobile Data Services Study" (WMDSS), die die tatsächliche Nutzung von mobilen Datendiensten für private oder berufliche Zwecke untersucht.

Ein erster Blick in die Umfrageergebnisse zeigt: Ein besseres Angebot, das über das Klingelton-Niveau hinausgeht, könnte über 40 Prozent der teilnehmenden Mobilfunk-Nutzer dazu bringen, ihren Anbieter zu wechseln. Ein günstigeres Preisangebot erhöht die Umstiegsbereitschaft auf etwa 70 Prozent. Auch die Akzeptanz einer Datenflatrate hängt sehr vom Preis ab: Mehr als 15 Euro würden nur etwa 30 Prozent der bisherigen Umfrage-Teilnehmer dafür ausgeben.

Mit wi-mobile der Universität Augsburg beteiligt sich zum ersten Mal ein deutsches Forscherteam an der Studienreihe WMDSS, die ein Konsortium unter der Leitung der University of Southern California in Los Angeles seit 2002 durchführt. Beteiligte Länder: Australien, Kanada, China, Dänemark, Finnland, Griechenland, Hongkong, Japan, Korea, Schweden, Taiwan und die USA, in diesem Jahr zusätzlich Spanien, Singapur, Sri Lanka, Neuseeland, Ungarn und Deutschland.

Während sich die Studie schwerpunktmäßig mit der Nutzung von mobiler E-Mail, Chat, TV, Videotelefonie und SMS/MMS beschäftigt, haben die Augsburger Wissenschaftler für den deutschen Markt zusätzlich eine M-Payment-Befragung integriert.

"Ohne M-Payment sind keine erfolgreichen mobilen Datendienste möglich", betont Dr. Pousttchi. Diese Erkenntnis habe sein Forscherteam im Jahr 2001 zum Thema M-Payment gebracht und sei heute immer noch gültig. So kommen ein auf NFC (Near Field Communication) aufsetzendes M-Payment und Ticketing hierzulande nicht in Schwung und können nur mit Insellösungen aufwarten, weil Telekommunikationsunternehmen, Banken und Dienstleister die Komplexität des Wertschöpfungsnetzes unterschätzen. Dabei wären die Nutzer bereit: "In einem mehrmonatigen Versuch einer holländischen Supermarktkette hat sich herausgestellt, dass 55 Prozent der Nutzer ihren Mobilfunkanbieter für ein gutes NFC-Verfahren wechseln würden", erklärt Dr. Pousttchi. Und: "Das Problem liegt zwischen Technik und Betriebswirtschaft."

Länder wie Frankreich oder Japan würden M-Payment-Angebote wesentlich stärker nutzen, betont er. Im Unterschied zu Deutschland fahren die Mobilfunkanbieter in diesen Ländern einen gemeinsamen Ansatz. Darüber hinaus sei in Japan das System FeliCa von Sony sehr weit verbreitet. Die Hälfte der Mobiltelefone sei mit einer entsprechenden Technologie ausgestattet, während die wenigen NFC-Handy-Modelle hierzulande noch keine nennenswerten Stückzahlen erreichen konnten.

Die unterschiedliche Umsetzung von M-Payment-Angeboten in einzelnen Ländern wollen die Wissenschaftler auf ihrer 9. Konferenz "Mobile Communications – Technologien und Anwendungen" (MCTA 2009) am 26. und 27. Januar 2009 in Berlin diskutieren. (Barbara Lange) (ur)