Netzneutralität: US-Mobilfunker wegen LTE-Drossel unter Druck

Die vier großen US-Mobilfunker wollen das mobile Internet ihrer Kunden drosseln, auch wenn die eine Flatrate ohne Beschränkungen gebucht haben. Verbraucherschützer halten das für regelwidrig – und drohen mit dem Regulierer.

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  • Florian Klan

Die US-Verbraucherschutzorganisation Public Knowledge wirft den vier größten US-Mobilfunknetzbetreibern Verstöße gegen die Netzneutralitätsverordnung der Regulierungsbehörde Federal Communications Commission (FCC) vor und hat ein Beschwerdeverfahren eingeleitet. Dabei gehe es im Fall von AT&T, Sprint, Verizon und T-Mobile (US) um die Praxis, Kunden mit unbeschränkter Datenflatrate zu drosseln, teilte Public Knowledge am Mittwoch in Washington mit. Der Telekom-Tochter werfen die Verbraucherschützer zudem vor, gedrosselten Nutzern keine Möglichkeit zu geben, ihre tatsächliche Bandbreite zu ermitteln.

Der Vorsitzende der Federal Communications Commission (FCC) Thomas Wheeler meint, dass die Verwaltung von Netzkapazitäten nicht dazu dient, Nutzern ihre vertraglich vereinbarte Verbindungsgeschwindigkeit vorzuenthalten.

(Bild: dpa, Shawn Thew)

Alle vier Mobilfunkanbieter stellen Kunden mit einem entsprechenden Vertrag derzeit ein "unbegrenztes Datenvolumen" zur Verfügung. Wie aus den Nutzungsbedingungen der Anbieter hervorgeht, behalten es sich die Konzerne jedoch vor, die Verbindungsgeschwindigkeit zumindest vorübergehend herabzusetzen, um das Netz vor Überlastungen zu schützen. Verizon hatte bisher keine derartige Klausel, führt sie aber ab Oktober ein. Nach Ansicht von Public Knowledge erklären die Anbieter jedoch nicht genau genug, wie die Drosselung abläuft und welche Netzgebiete oder Nutzer betroffen sind. Dadurch sehen die Verbraucherschützer einen Verstoß gegen das von der FCC auferlegte Transparenzgebot.

Im Dezember 2010 hatte die US-Regulierungsbehörde FCC Leitlinien zur Netzneutralität verabschiedet. Die sogenannte Open Internet Order sieht unter anderem vor, dass Internet-Provider ihre Kunden über den Leistungsumfang eines Internet-Anschlusses genau informieren müssen. Offensichtlich sieht die Bundesbehörde hier Nachholbedarf bei den Anbietern, weswegen sie Ende Juli ein Hinweisschreiben veröffentlicht hat. Laut dem ist das Transparenzgebot verbindlich, Verstöße können mit Geldstrafen geahndet werden. Zudem hat der FCC-Vorsitzende Thomas Wheeler Verizons Drosselpläne kritisiert. Der Konzern betonte daraufhin, dass seine Drossel nur greife, wenn eine Funkzelle stark ausgelastet ist. Das stehe im Einklang mit den aktuellen Regeln der Open Internet Order.

Der Vize Präsident der Verbrauchschutz-Organisation Michael Weinberg fordert mehr Transparenz der US-Mobilfunkanbieter bei der Drosselung von LTE-Verbindungen.

(Bild: Public Knowledge)

Public Knowledge fordert von den Anbietern unter anderem, klare Volumengrenzen zu kommunizieren, an denen sich Nutzer orientieren können. Derzeit bauen die Verbraucherschützer Druck über eine Beschwerde bei der FCC auf. Zunächst hat Public Knowledge die Unternehmen schriftlich zu mehr Transparenz aufgefordert, wie es das Prozedere der FCC fordert. Nach zehn Tagen können die Verbraucherschützer dann eine formale Beschwerde bei der Behörde einreichen. Sie wollen die Beschwerde aber zurückziehen, sobald die Mobilfunkanbieter ihre Informationspolitik ändern.

Technisch gesehen erfordert LTE keine Schutzmaßnahmen, wie sie Mobilfunkanbieter in den USA in ihren Nutzungsbedingungen festgelegt haben. Prinzipiell lässt kein Funknetz einen Nutzer "verhungern": Wenn mehrere Anwender gleichzeitig Daten herunterladen, verlangsamt sich die Übertragungsrate für jeden. Der Scheduler in der LTE-Basisstation sorgt dafür, dass einzelne Nutzer eine Funkzelle nicht vollständig auslasten können und auch die anderen ausreichend Bandbreite abbekommen. Drosselklauseln sind also streng genommen nicht erforderlich. (fkn)