Neue Linux-Grafiktreiber von Intel vorbereitet für proprietäres Modul

Intels vor Kurzem renovierter Linux-Grafiktreiber soll in Zukunft wohlbestimmte Funktionen erst mit Hilfe eines proprietären Moduls beherrschen.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Intel sorgte vor einigen Tagen mit renovierten Linux-Treibern und einer neuen Webpräsenz für Aufsehen und heimste in der Linux-Szene viel Anerkennung für das Open-Source-Engagement ein. Nun zeigt sich nach genauerer Analyse des Treibers, dass dieser für ein proprietäres Modul vorbereitet ist. In dieser zur Laufzeit dynamisch nachladbaren Library will Intel wohl Funktionen integrieren, die die Firma nicht als Open Source veröffentlichen kann oder will.

Kurz nach der Freigabe der überarbeiteten Treiber hatte Nicholas Miell auf der Linux-Kernel-Mailing-Liste (LKML) breits nachgefragt, wo denn der Quellcode für die Datei intel_hal.so sei – diese wird in den Mesa-Dateien des Treibers referenziert. Eine Antwort erhielt er zwei Tage später von Keith Packard, einem bekannten, mittlerweile bei Intel arbeitenden X-Entwickler.

Die Datei intel_hal.so werde demnach die Dinge beinhalten, die Intel nicht im Quellcode veröffentlichen könne – etwa "Macrovision register stuff" und "trade secrets". Diese Library sei optional, und man müsse sie nicht einsetzen, wenn man nicht wolle. Zudem sei noch unklar, wann und wie dieses proprietäre Modul veröffentlicht werden solle. Man könne es bisher auch noch nicht nutzen. Der Treiber werde auch ohne die Library voll funktionsfähig bleiben, es gebe keine Einschränkungen in der Funktion im Vergleich zu früheren Treiberversionen. Packard weist zudem darauf hin, dass der Code, der das proprietäre Intel-Modul referenziert, unter der MIT-Lizenz und nicht unter der GPL stehe. Würde er unter der GPL stehen, hätte Intel auch das Modul unter die GPL oder eine kompatible freie Lizenz stellen müssen.

Damit erscheint das Intel-Engagement mit den renovierten Treiber in einem neuen Licht, denn nach Jahren der Unterstützung von Open Source zieht nun proprietärer Code für einzelne Funktionen in die Treiber ein. Intels Ansatz dürfte jedoch für Linux-Anwender und -Entwickler vermutlich deutlich eher zu ertragen sein als der Ansatz von ATI und Nvidia, wo zahlreiche Grafikchipfähigkeiten erst mit proprietären und lizenzrechtlich umstrittenen Treibern nutzbar sind. ATI muss sich nach seinem Statement für proprietäre Treiber und der nachgelassenen Unterstützung der Open-Source-Gemeinde derzeit von bekannten Open-Source-Entwicklern einiges an Kritik gefallen lassen – etwa in den Blogs von Dave Jones oder dem von Aaron J. Seigo.

Weitere Hintergründe zu Linux-Grafiktreibern von ATI, Intel und Nvidia sowie zu den verschiedenen Vor- und Nachteilen der Treiberkonzepte bietet ein Artikel auf heise open: (thl)