Oracle vs. Google: Im Streit um Java-APIs mussten Jonathan Schwartz, Eric Schmidt und Andy Rubin ran

Da Sun und Google keinen Fair-Use-Kontrakt zur Nutzung der Java-APIs in Android ausgearbeitet haben, kommt es erneut zur Fortsetzung der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen Oracle und Google.

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Oracle vs. Google
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Von
  • Alexander Neumann
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Am zweiten und dritten Tag der erneuten Gerichtsverhandlungen über die rechtmäßige oder unrechtmäßige Nutzung von Java-APIs in Googles mobilem Betriebssystem Android kam die IT-Prominenz zu Wort. So trug Jonathan Schwartz, ehemaliger CEO von Sun Microsystems seinen Teil dazu bei, Google in der Sache beizustehen. Dem früheren Google-Chef Eric Schmidt und dem Android-Chef-Entwickler Andy Rubin wurde hingegen vorgeworfen, frühzeitig über die lizenzrechtliche Situation informiert gewesen zu sein.

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Schwartz, der von 2006 bis zur Übernahme durch Oracle 2009 Chef von Sun war, hob wie schon vor vier Jahren, als der Manager schon einmal in der Sache geladen war, die Offenheit der Sprache Java und ihrer APIs hervor. Diese Offenheit sei von Beginn an Teil der Java-Entwicklung gewesen, also schon lange, bevor er zum Chef von Sun wurde.

Schwartz erklärte weiter, dass Java quasi frei war, weil Sun es immer wichtig gewesen war, die Plattform unter jungen Entwicklern in Lehranstalten an den Mann oder die Frau zu bringen. Beispielhaft wies Schwartz auch auf das GNU-Classpath-Projekt hin, eine quelloffene Java-Implementierung, die schon damals mit dem originären Java zu konkurrieren versuchte. Deren Entwickler hätten nie eine Lizenz für die Nutzung der Java-APIs erworben, und Sun habe auch nie das Projekt deswegen verklagt, obgleich es sich um eine Konkurrenzsituation gehandelt habe. Man habe solch ein Projekt zwar nicht begrüßt, doch als wichtigen Teil einer wachsenden Entwickler-Community wahrgenommen. Es nicht zu verklagen, sei die damals übliche Praxis gewesen. Denn wer offene APIs predige, müsse mit Rivalität rechnen, so Schwartz sinngemäß.

Wie vor vier Jahren versuchte Oracle-Anwalt Peter Bicks, Schwartz zu diskreditieren. Dieser wolle weiterhin eine noch offene Rechnung begleichen, dass Oracle ihm im Zuge der Übernahme kein zufriedenstellendes Angebot gemacht habe. Schwartz war am ersten Tag nach Abschluss der Übernahme entweder entlassen worden oder zurückgetreten. Bicks brachte im Prozess erneut einen Blog-Eintrag von Schwartz zur Sprache, in dem dieser Google zum Start von Android beglückwünschte. Das zeige, dass Schwartz ein womöglich befangener Zeuge sei. In der internen Kommunikation, so wurde nun offengelegt, sei Schwartz aus unterschiedlichen Gründen ("langsam", "schwaches Produkt", "haben dafür nicht gezahlt") wohl nicht über das Android-System erfreut gewesen. Vor allem auch, weil Sun offenbar mit einem eigenen Mobilsystem geliebäugelt hat, das es aber nicht auf die Reihe bekommen hat.

Bicks wies schließlich auf eine andere Java-Implementierung, nämlich Apache Harmony, hin, die damals eine Lizenz von Sun erhalten habe. Schwartz erklärte nur, dass ihn das nicht überraschen würde, er aber nichts davon wisse. Die Android-Entwickler hatten Teile des quelloffenen Harmony-Projekts für Android genommen.

Post für den Chef

Für Eric Schmidt wurde eine von Oracles Vertreter vorgelegte E-Mail eines Google-Mitarbeiters heikel, in dem dieser dem früheren Google CEO dazu riet, Java zu lizenzieren, um Rechtsstreitigkeiten aus dem Weg zu gehen. Es habe sich hierbei vermutlich um eine Summe von 30 bis 40 Millionen US-Dollar für eine fünfjährige Java-Lizenz gehandelt. Schmidt habe das damals als gute Idee empfunden und sein Team darauf ansetzen wollen. Das sei aber nicht geschehen, so Schmidt jetzt, es sei allein bei der Idee geblieben.

Ähnlich erging es auch Andy Rubin, dem damaligen Chefentwickler des Android-Systems, dem sich infolge vor Gericht vorgelegten Dokumenten nachweisen lässt, dass er schon 2006 mit der rechtlichen Situation vertraut war.

Für Oracle deutet das darauf hin, dass Google die lizenzrechtliche Situation durchaus gekannt habe, aber das Risiko ganz bewusst eingegangen war.

Es ist mittlerweile knapp sechs Jahre her, dass Oracle Google verklagt hatte; erst kurz zuvor war Oracle durch die Übernahme von Sun Microsystems in den Besitz der Patente und Rechte um Java gekommen. Der Datenbankriese sieht mittlerweile einen Schaden von 9,3 Milliarden US-Dollar, was der zehnfachen Summe des ursprünglich veranschlagten Summe entspricht. Die Neubewertung erfolgt über einen Gesamtgewinn von 42 Milliarden Dollar, den Google über Android eingefahren haben soll.

In der ersten gerichtlichen Auseinandersetzung hatte der zuständige Bezirksrichter den Vorwurf zurückgewiesen, dass mit der Übernahme von 37 Java-APIs in Android Urheberrechte verletzt würden. Allerdings hatte das US-amerikanische Bundesberufungsgericht in der Folge dessen Urteil aufgehoben, und das Verfahren war, nachdem Google beim obersten Gerichtshof mit einer Petition über die Beurteilung der Fair-Use-Klausel gescheitert war, an das Bezirksgericht zurückgegeben worden.

Googles Strategie dieser Tage zielt darauf, ein Fair-Use-Urteil zu erreichen. Das hätte zur Folge, dass die Geldstrafe geringer ausfallen würde, als wenn sich das Gericht für eine Urheberrechtsverletzung ohne Fair Use aussprechen würde. Jedoch hat es zwischen Sun und Google nie eine Auseinandersetzung darüber gegeben, ob die Nutzung der Java-APIs in Android einem Fair Use entsprechen. (ane)