Recht auf Reparatur findet im EU-Parlament breite Unterstützung

Das EU-Parlament stärkt mit großer Mehrheit das Recht auf Reparatur. Beispielsweise dürfen Hersteller es nicht ahnden, wenn 3-D-Ersatzteile verwendet werden.

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Reparatur eines Smartphones

(Bild: TimeStopper69/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Das Europäische Parlament hat am Dienstag in Straßburg mit 590 zu 15 Stimmen bei 15 Enthaltungen Regelungen verabschiedet, die das "Recht auf Reparatur" stärken sollen. Laut der Parlamentsposition wären Verkäufer verpflichtet, während der gesetzlichen Garantiezeit zu reparieren, anstatt die defekten Produkte zu ersetzen, wenn die Reparatur gleich viel oder weniger kostet. Außerdem wird mit der Reparatur die gesetzliche Garantie um ein Jahr verlängert. Dies gilt nicht, wenn die Reparatur nicht machbar oder für Verbraucher ungünstig wäre.

Das wäre beispielsweise dann der Fall, wenn eine Milchpumpe defekt wäre, aber eine Mutter nicht darauf warten könne, bis diese repariert werde, erklärte der sozialdemokratische EU-Abgeordnete und Berichterstatter René Repasi. Er wies darauf hin, dass der Rat der Mitgliedstaaten diese Regelung bisher ablehnt. Dieser wird voraussichtlich am 22. November seine Position festlegen. Am 7. Dezember sollen die Verhandlungen beginnen.

Unabhängige Reparaturbetriebe und Verbraucher sollen Zugang zu Ersatzteilen, Informationen und Werkzeugen zu angemessenen Preisen erhalten. "Dies gilt allerdings nur für zehn Produktkategorien", moniert die Initiative Right to Repair Europe. Dazu gehören Fahrräder sowie Produktgruppen, die von den Ökodesign-Vorgaben erfasst werden; das sind Smartphones und Tablets, Waschmaschinen, Trockner, Geschirrspüler, Kühlschränke, Displays, Schweißgeräte, Staubsauger und Server.

Bei diesen Produktgruppen kann die Kundschaft eine Reparatur auch nach Ablauf der Garantiezeit verlangen. Für die Dauer der Reparatur sollen die Hersteller Leihgeräte zur Verfügung stellen. Falls ein Produkt nicht mehr repariert werden kann, soll stattdessen ein bereits repariertes angeboten werden.

Der Verbraucherschutz erstreckt sich damit nicht auf die meisten der oftmals per Design irreparablem Elektronik- und IKT-Produkte, Spielzeug und kleinen Haushaltsgeräte. Aus Sicht von Jean-Pierre Schweitzer vom Europäischen Umweltbüro (EEB) ist das "eine verpasste Chance, nachhaltige Produkte zu revolutionieren und die Verbraucher- und Reparaturrechte in Europa zu erweitern."

"Wenn die Richtlinie umgesetzt wird, sind die Hersteller verpflichtet, Ersatzteile zu nichtdiskriminierenden Preisen für die gesamte erwartete Lebensdauer eines Produkts bereitzustellen", erklärt Right to Repair Europe. Darüber hinaus müssen sie Reparaturinformationen und -werkzeuge für alle Beteiligten, einschließlich unabhängiger Reparaturbetriebe, Wiederaufbereiter, Aufbereiter und Endverbraucher, zur Verfügung stellen. Über Online-Plattformen sollen Reparaturdienste und Verkäufer in der Nähe gefunden werden können. Außerdem sollen nationale Reparaturfonds Gutscheine und finanzielle Anreize für Reparaturen bereitstellen.

Thomas Opsomer von der Reparatur-Community iFixit hält die heutige Abstimmung für einen Schritt, der "uns näher an ein offenes Reparatur-Ökosystem bringt". Hersteller dürften demnach nicht länger Teilepaarungen oder andere Tricks anwenden, um unabhängige Reparateure und Selbstreparateure daran zu hindern, die Ersatzteile ihrer Wahl zu verwenden – seien es gebrauchte Teile, Aftermarket-Teile oder sogar 3D-gedruckte Teile.

Das starke Votum im Parlament für den Bericht des Binnenmarkt-Ausschusses IMCO sieht er als klares Signal an den Rat der Mitgliedstaaten und die EU-Kommission, dass die Bürgerinnen und Bürger diese Veränderung wollen. Laut einer Studie der EU-Kommission würden 77 Prozent der Bevölkerung eine Reparatur einem Neukauf vorziehen.

(anw)