SAP rechtfertigt Milliardenzukauf als Riesenchance

Der Softwarekonzern SAP zaubert für seine Aktionäre pünktlich zur Hauptversammlung eine Überraschung aus dem Hut.

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Von
  • Heiko Lossie
  • Söhnke Callsen
  • dpa

Pünktlich zur Aktionärsversammlung am Mittwoch schlug SAP wieder in den USA zu und leitete den Kauf des Cloud-Spezialisten Ariba für rund 4,3 Milliarden US-Dollar (3,3 Milliarden Euro) ein. Es ist zu vermuten, dass der Wettlauf mit Oracle bei Übernahmen von Diensten aus dem Netz weiter an Fahrt gewinnt. Die SAP-Führungsspitze dementierte aber vor den Aktionären eine Schlacht um Zukäufe.

"Es gibt weltweit kein besseres Unternehmen, das mehr Synergien mit SAP hat als Ariba", sagte SAP-Co-Chef Jim Hagemann Snabe am Mittwoch am Rande der Hauptversammlung in Mannheim.
Er und sein Kollege Bill McDermott bekräftigten, dass SAP mit eigenen Ideen wachsen wolle und nicht auf groß angelegter Einkaufstour sei. "Unsere Strategie ist es nicht, Unternehmen zu übernehmen", sagte Snabe.

SAP will nun mit dem Geschäft von Ariba schon bald kräftig den Turbo zünden: Derzeit gibt es gut 700.000 Käufer und Verkäufer auf der Handelsplattform, bereits kommendes Jahr könne die Millionen-Marke erreicht werden, sagte McDermott. Derzeit fließen über das Handelsnetz 319 Milliarden Dollar. Der mögliche Markt liege aber in den Billionen.

Ariba bietet Firmen Handelsnetzwerke an – etwa Online-Plattformen für Ein- und Verkauf. Sie erlauben neben Automatisierungsfunktionen auch die Zusammenarbeit bei Projekten wie eine Art Soziales Netzwerk. Es ist für SAP die zweite Milliarden-Übernahme binnen weniger Monate. Erst vor kurzem stemmte der Konzern den etwa 3,4 Milliarden Euro teuren Kauf des ebenfalls US-amerikanischen Anbieters Successfactors, eines Spezialisten für Personaldienstleistungen aus der Cloud. Auch Oracle schlug in den vergangenen Monaten mit zwei großen Cloud-Übernahmen zu: Taleo bietet Werkzeuge für Personalabteilungen an, RightNow Technologies hilft beim Kundenmanagement. Etliche Experten sehen in der Cloud einen entscheidenden Zukunftsmarkt, der rasantes Wachstum vor sich hat.

Auf der SAP-Hauptversammlung äußerten Aktionärsschützer aber auch Bedenken, ob die Milliardenzukäufe womöglich wie beim Börsencrash vor gut zehn Jahren in einer völlig überdehnten Blase enden. So übersteigt der geplante Kaufpreis auch bei Ariba den Jahresumsatz um ein Vielfaches. SAP verweist auf externe Bewertungen zweier Banken. Das SAP-Führungsduo erklärte vor Journalisten, die ersten konkreten Gespräche mit Ariba lägen etwa 100 Tage zurück. Näher ins Auge gefasst hätten die Walldorfer den US-Anbieter schon Anfang 2010, als SAP mit einer neuen Strategie aufs Cloud-Geschäft zielte.

SAP bietet für die Ariba-Aktie 45,00 Dollar (35,50 Euro). Snabe und McDermott zufolge wollen sie die Kosten zu einem Drittel aus dem SAP-Kassenbestand finanzieren und sich den Rest bei Banken leihen. Der Deal soll im dritten Quartal unter Dach und Fach sein. Für Ariba arbeiten 2600 Menschen. Das nach SAP-Angaben zweitgrößte Cloud-Unternehmen der Welt setzte 2011 rund 444 Millionen US-Dollar um (etwa 350 Millionen Euro). Die Walldorfer wollen das Ariba-Netzwerk auch mit ihrer neuen Echtzeit-Technik Hana kombinieren, bei der große Datensätze blitzschnell direkt im Arbeitsspeicher und nicht mehr auf Festplatten bewegt werden können.

Der Verwaltungsrat von Ariba stimmte der Übernahme bereits zu. Nun müssen noch die Aktionäre der US-Firma und die Kartellbehörden Ja sagen. Die Übernahme soll sich vom kommenden Jahr an positiv auf den SAP-Gewinn je Aktie auswirken. Das Management-Duo bekräftigte am Mittwoch, dass die Übernahme die SAP-Jahresprognose nicht verändere. (anw)