Scrum-Vater Jeff Sutherland begrüßt Scrum.org-Initiative

Der Mitbegründer der agilen Projektmanagement-Vorgehensweise Scrum begrüßt, dass es mittlerweile zwei Scrum-Organisationen gibt. Nicht zufrieden ist er allerdings mit der Art, wie gerade große Unternehmen Scrum praktizieren.

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Von
  • Alexander Neumann

Im Gespräch mit heise Developer auf dem Scrum-Day in München hat Jeff Sutherland, der als einer der Väter der agilen Projektmanagement-Vorgehensweise Scrum gilt, begrüßt, dass es seit Herbst 2009 zwei Scrum-Organisationen – die Scrum Alliance sowie Scrum.org – mit jeweiligen Zertifizierungsmöglichkeiten und Kursen gibt. Von Analysten habe er gelernt, dass der Markt immer zwei Wahlmöglichkeiten verlange, und ihm ist es lieber, dass der Markt die Auswahl zwischen zwei Scrum-Organisationen hat als zwischen Scrum und einem anderen Vorgehensmodell.

Scrum.org, von Ken Schwaber, einem weiteren Vordenker von Scrum, gegründet, ist eine Abspaltung der Scrum Alliance. Die beiden Organisationen sind sich nicht wohlgesonnen, vertreten aber mehr oder weniger mit gering abweichender Methode das gleiche Ziel. Sich für eine der beiden Organisationen zu entscheiden, wolle sich Sutherland fürs Erste nicht: "Ich verhalte mich erst einmal neutral", wenngleich er auch weiterhin die Zertifizierungskurse der Scrum Alliance durchführt. "Das kann sich aber innerhalb des nächsten Jahres durchaus ändern, so Sutherland.

Auf die Frage, warum Scrum in den letzten Jahren immer populärer geworden sei, hatte der Erfinder des Scrum-Frameworks eine einfache Erklärung: Der Druck sei größer geworden, Ergebnisse zu liefern, die genau die Anforderungen des Auftraggebers erfüllen. Unternehmen brauchen schlankere Prozesse. "Das ist mit Scrum deutlich leichter zu bewerkstelligen als mit herkömmlichen als klassisch geltenden Herangehensweisen. Scrum fokussiert auf Team-Spirit und auf Agilität, wodurch alles viel schneller von der Hand geht", so Sutherland. Er sei überrascht gewesen, dass die Methode in jeder Kultur und in jedem Land der Welt funktioniere.

Dass laut einer Forrester-Studie eines von drei Unternehmen agile Methoden für die Softwareentwicklung anwendet, freut den geistigen Vater von Scrum. Überrascht war er allerdings über die Tatsache, dass die Unternehmen angeben, sie würden zwar Scrum einsetzen, aber nicht iterativ-inkrementell entwickeln. Das sei ja ein Widerspruch in sich. Er ist überzeugt, dass viele Unternehmen glauben, dass sie Scrum betreiben würden, das aber tatsächlich nicht konsequent genug tun.

Als Fehler sieht er beispielsweise Aussagen wie:

  • "Wir machen Scrum, aber wir brauchen keine 'daily scrum meeting'."
  • "Wir machen Scrum, aber wir liefern nach den Sprints kein potenziell auslieferbares Produkt."
  • "Wir machen Scrum, aber aus Mangel an Zeit lassen wir die Tests im Sprint weg."

"Insbesondere größere Firmen seien beim Einsatz von Scrum inkonsequent", sagte Sutherland. Sie führen das Scrum-Framework beispielsweise für ein kritisches Projekt ein, erleben gute Erfahrungen damit, verlieren Scrum danach jedoch wieder aus den Augen. "Sie sollten lieber am Ball bleiben, denn es ist Quatsch, jedes Mal neu mit Scrum anzufangen."

Als Ratschlag sieht er viele Trainings, um im Unternehmen Scrum-Expertise aufzubauen. Vor allem auf den sogenannten Scrum Master komme es an. Er überwache, dass die Teams das Scrum-Regelwerk einhalten, und schaffe die bestmöglichen Arbeitsbedingungen für die Teams. "Ein guter Scrum Master riskiert im Zweifel seinen Arbeitsplatz, um zu erreichen, dass die Team-Mitglieder zufrieden sind und produktiv arbeiten", forderte Jeff Sutherland.

Sutherland hatte auf dem Scrum-Day eine Keynote gehalten und im Anschluss Teilnehmer zum "Certified Scrum Master" ausgebildet, die sich in den Reigen der mittlerweile "tausenden" Scrum Master in Europa und den USA einfügten, die Sutherland geschult hat. (Jean-Pierre Berchez)

(ane)