Unisys hält Grabrede für Itanium

Mit Unisys verabschiedet sich einer der 10 größten Server-Hersteller von Intels Highend-Prozessor Itanium. Unisys sieht für die 64-Bit-Plattform, deren Vierkern-CPU seit zwei Jahren austeht, keine Zukunft.

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Von
  • Susanne Nolte

Mit Unisys verabschiedet sich rund acht Jahre nach der offiziellen Produkteinführung des ersten Itanium-Prozessors einer der 10 größten Server-Hersteller von Intels Highend-Prozessor. Unisys, die vorwiegend große und hochverfügbare Systeme für geschäfts- und sicherheitskritische Einsatzzwecke baut und auch Dienstleistungen in diesem Bereich anbietet, hebt die höhere Performance ihrer neuesten Xeon-Maschinen bei gleichzeitig niedrigeren Kosten im Vergleich zu Itanium-Servern hervor.

Bestückt mit Hexa-Core-Xeons (Dunnington) liefert ein ES7000 Model 7600R Enterprise Server im Datenbank-Benchmark TPC-H mit einer Datenbankgröße von 10 TByte deutlich mehr Performance pro Dollar als eine ungefähr vergleichbare Integrity-Superdome-Maschine von HP. Die 64 CPU-Kerne der 16 MP-Xeons im 1,52 Millionen US-Dolla teuren Unisys-System verarbeiteten – im Verbund mit 512 GByte RAM, 928 FibreChannel- und 3 SAS-Festplatten – 80.172,2 Datenbankabfragen pro Stunde (Composite Query per Hour Rating, QphH), der HP-Server mit ebenfalls 64 Itanium-Kernen, aber 32 Prozessoren, 768 GByte Hauptspeicher und 1202 SAS-Platten schaffte nur 63.650,9 QphH und kostet rund 2,45 Millionen US-Dollar. Das HP-System absolvierte den Benchmark-Lauf mit dem immer noch aktuellen Itanium Dual-Core 9150N – dieser "Montvale" war nach einigen Verzögerungen Ende 2007 endlich erschienen, aber kaum schneller als sein bereits Mitte 2006, wiederum mit erheblicher Verspätung eingeführter Vorgänger Montecito.

Unisys-Vizepräsident Colin Lacey sieht für die 64-Bit-Plattform für Highend-Server keine Zukunft mehr. Laut Lacey hätte der Itanium für viele Server-Hersteller seinen Reiz verloren. "Its appeal has certainly narrowed down. It's almost exclusively down to a single vendor," sagte er mit Blick auf Hewlett-Packard. Mitentwickler HP hatte bereits 2003 voll und ganz auf das Pferd Itanium gesetzt und seine eigenen Server-Plattformen Alpha (zugekauft mit Compaq/DEC) und PA-RISC dem Weg alles Irdischen überantwortet.

Für Lacey dagegen ist der aktuelle Itanium Montvale "überfällig für einen Technologie-Refresh" und seine Performance "enttäuschend". Auch bezüglich der Features kann es Intels x86-Server-Prozessor Xeon inzwischen mit dem Itanium aufnehmen. Denn der für 2007 versprochene Vierkern-Itanium Tukwila steht noch immer aus. Erst vor zwei Wochen hat Intel den Erscheinungstermin um ein weiteres halbes Jahr verschoben. Gleichzeitig sind aber nun die Hexa-Core-Xeons lieferbar, Ende dieses Jahres oder Anfang 2010 wird mit dem Nehalem-EX (Beckton) die MP-Xeon-Version des Core i7 erwartet, für dessen DP-Xeon-Version (Nehalem-EP) Intel bereits vorab beeindruckende Resultate im ebenfalls datenbanklastigen SAP-SD-Benchmark veröffentlichen ließ.

Dabei ist Tukwila kein Einzelfall. In gleicher Weise liest sich die gesamte Chronik des Itanium. Bereits den als Itanium 3 angepriesenen Madison musste Intel auf die Versionsnummer 2.2 zurücksetzen, da der Hersteller die Hälfte der versprochenen Features im zumutbaren Zeitrahmen nicht integrieren konnte.

Die stockende Entwicklung und die ewigen Verschiebungen der Erscheinungstermine übertüncht Intel seinerseits seit Jahren mit Durchhalteparolen. Ein Beispiel: 2006 gründete der Chip-Hersteller die Itanium Solution Alliance, bei deren Mitgliedern er auch gleich den Klingelbeutel herumreichte. Zusammen kamen stolze 10 Milliarden US-Dollar für Marketing-Aktivitäten, die dem an mangelnder Verbreitung und Anerkennung krankenden Itanium auf die Beine helfen sollten. (ciw/c't) / (sun)