VW Tiguan PHEV: ​Plug-in-Hybride mit DC-Ladern

Mit aufsehenerregendem Design und spektakulärer Technik kann auch der dritte Tiguan nicht aufwarten. Dennoch dürfte er weiterhin erfolgreich sein. ​

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VW Tiguan 2024

(Bild: VW)

Lesezeit: 8 Min.
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Groß war die Spannung nicht mehr, schließlich ging es nur noch um die endgültige Offenlegung des Außendesigns. Offizielle Bilder des Innenraums und sogar erste Fahreindrücke konnten Sie auf heise/Autos schon finden. Wie zu erwarten, ist auch das finale Design der Hülle eher konservativ geraten. Je nach Betrachtung findet man das entweder mutlos und wenig fortschrittlich oder eben als eine gelungene Fortsetzung eines sehr erfolgreichen Konzepts. In Deutschland mag der VW Golf die Zulassungsstatistik anführen, global aber ist der Tiguan der Bestseller des Konzerns. Für einen radikalen Wandel bei Design und Technik bestand aus Sicht von VW also absolut keine Notwendigkeit.

Mit 4,54 m Länge ist der Tiguan nur 30 mm länger als sein seit 2016 gebauter Vorgänger. Der Kofferraum der Varianten mit Verbrennungsmotor fasst 652 Liter. Die ersten offiziellen Bilder zeigen eine Gestaltung, die mit dem VW[ ]Passat ihre Premiere hatte. Das Fotomodell ist mit der R-Line ausgestattet, die das SUV sportlicher wirken lassen soll. Dazu gehören große Lufteinlässe an der Front, schwarz lackierte Radläufe und natürlich voluminöse Felgen, auf die Reifen mit geringer Flankenhöhe aufgezogen wurden. Selbstverständlich wird es den Tiguan auch weiterhin ohne eine solche Optik-Verschärfung geben. Unabhängig davon lässt sich wohl festhalten, dass VWs Entscheidung, den Tiguan nicht fundamental zu verändern, erfolgreich sein dürfte. Wer ihn bisher gelungen fand, wird wohl mit dem neuen Modell auch nicht fremdeln.

An drei Bereichen wird der Unterschied zum bislang gebauten Modell deutlicher als beim Design. Als PHEV macht er beim Antrieb einen großen Schritt, ebenso beim Komfort. Eine erste Ausfahrt zeigte, dass gerade die Geräuschdämmung besser geworden ist. Das adaptive Fahrwerk bietet eine größere Spreizung zwischen Komfort und Sport. Der neue fährt spürbar angenehmer als der alte Tiguan.

Dazu verspricht VW, endlich im Bereich Infotainment nachzulegen. Bei Bedienung und Design ist das gelungen. Der Bildschirm ist serienmäßig 12,9 Zoll (Auflösung: 1920 x 1080 Pixel) groß, gegen Aufpreis sind es 15 Zoll mit 2240 x 1260 Pixeln. Endlich ist der Slider beleuchtet. Viel wichtiger ist aber wohl, dass VW zwei Zeilen eingeführt hat, die permanent eingeblendet bleiben. Über die untere wird die Klimatisierung gesteuert, die am oberen Bildrand kann – in gewissen Grenzen – konfiguriert werden. Wir plädieren immer wieder für diese Art der Favoritentasten, denn häufig genutzte Funktionen sind damit nur einen Tipp entfernt. Das ist im Alltag wirklich eine Menge wert. Alternativ gibt es eine neue Sprachsteuerung, die ebenfalls alles besser können soll als die bisherige. Das sollte machbar, allerdings auch der Mindestanspruch sein.

VW Tiguan 2024 (6 Bilder)

Ein Display als Kombiinstrument ist nun serienmäßig. Im Bild ist der größere von zwei lieferbare Bildschirmen in der Mitte zu sehen.
(Bild: VW)

Ob sich darüber hinaus auch am Arbeitstempo entscheidend etwas verbessert hat, muss sich zeigen. Der überarbeitete ID.3 hinterließ im Test den Eindruck, dass VW sich zwar um eine effiziente Software bemüht, die Hardware aber für das, was man in diesem Bereich zeigen will, zu schwachbrüstig ist. Andererseits: Der Modulare Infotainmentbaukasten der vierten Generation muss überzeugen, wenn VW mit dem wichtigsten Modell weiterhin reüssieren will. Aktuelle Testwagen mit Android Automotive zeigen, wie schwierig es wird, mit eigenen Lösungen neben Google zu bestehen, und das weiß man auch bei Volkswagen. Die Frage ist nur, ob die Verantwortlichen die richtigen Schlüsse daraus ziehen.

Weiter vorwärts soll es auch bei den Assistenten gehen. Gespannt sind wir auf die neuen "IQ.Light – HD-Matrixscheinwerfer", die mit 19.200 einzeln ansteuerbaren LEDs pro Scheinwerfer eine sehr feine Auflösung bieten. Potenziell sollten andere Verkehrsteilnehmer in einen exakt geschnittenen Schattenkegel gesetzt werden können, wenn denn deren Erfassung dementsprechend Schritt hält. Der Kunde hat die Wahl, sich mit einer Reihe von Einpark-Helfern den Alltag zu erleichtern – gegen Zuzahlung, versteht sich.

Noch relativ exotisch ist dabei die Funktionalität der maximalen Ausbaustufe, wobei VW hier nichts erfindet, was es in einigen wenigen Konkurrenten auch schon gibt. Auf Knopfdruck merkt sich der Tiguan alle Fahrmanöver der letzten 50 m und kann das SUV dann nicht nur selber wieder ausparken, sondern merkt sich bei Bedarf auch den Ort. Kommt das Auto dann wieder dort an, können die zum Einparken nötigen Fahrmanöver wieder abgerufen werden. Bis zu fünf Orte können hinterlegt werden. Dafür muss der Fahrer nicht am Steuer sitzen: Das Ein- und Ausparken lässt sich auch mit dem Smartphone von außen erledigen. Praktisch, wenn der Wagen einmal so zugeparkt wurde, dass Einsteigen nicht mehr möglich ist.

Dem Tiguan bleibt ein batterieelektrischer Antrieb verwehrt. Wer ein E-SUV in einer VW-Hülle haben will, muss zum gerade überarbeiteten ID.4 greifen. Es bleibt auch in der Neuauflage des Tiguan bei Diesel, Benziner und Plug-in-Hybriden. Für sie alle verspricht VW niedrigere Verbrauchswerte. Sie kommen mit der Abgasnorm Euro[ ]6e auf den Markt, sind aber auf die Euro 7 vorbereitet. Das vorläufige Angebot zum Start des Verkaufs sieht wie folgt aus:

Leistung in kW / PS Gänge Antriebsart
Plug-in-Hybrid
eHybrid 150 / 204 6 Front
eHybrid 200 / 272 6 Front
Mildhybrid
1.5 eTSI 96 / 130 7 Front
1.5 eTSI 110 / 150 7 Front
Benziner
2.0 TSI 150 / 204 7 Allrad
2.0 TSI 195 / 265 7 Allrad
Diesel
2.0 TDI 110 / 150 7 Front
2.0 TDI 142 / 193 7 Allrad

Ein Schaltgetriebe gibt es nicht mehr. Der Allradantrieb wird weiterhin nicht alternativ angeboten. Wer ihn haben will, muss eine entsprechende Motorisierung wählen. Mit der Entscheidung, weder die Mildhybride noch die Plug-in-Hybride mit Allradantrieb anzubieten, dürfte VW einige Kunden ziemlich verärgern, denn die Allradmodelle dürfen bis zu 2300 kg an den Haken nehmen. Nicht ausgeschlossen, dass der Konzern hier noch nachlegt und zumindest die Mildhybride mit Allrad anbietet.

VW Tiguan 2024 außen (6 Bilder)

So viel lässt sich festhalten: Die Gefahr, Kunden mit einem fundamental neuen Design zu verschrecken, ...
(Bild: VW)

Von dem Modellwechsel profitieren insbesondere die beiden Plug-in-Hybride. Der Netto-Energiegehalt der Batterie steigt auf 19,7 kWh. Auch bei der Ladeleistung legt VW endlich nach. Bislang war bei 3,6 kW an einer Phase Schluss, nun gibt es drei davon. Damit lässt sich ausschöpfen, was mit heimischen Wallboxen gewissermaßen Standard ist: Rund 11 kW Ladeleistung. Wer mag, kann gegen Aufpreis einen DC-Lader ordern, der in der Spitze 50 kW schafft. Unter den aktuellen Plug-in-Hybriden katapultiert sich VW vom unteren Ende ins Spitzensortiment und zieht beispielsweise mit einigen Mercedes-Modellen gleich. BMW sieht mit dem vergleichbar großen X1 xDrive30e in dieser Hinsicht ziemlich blass aus.

Zwei Plug-in-Hybride soll es im Tiguan geben, deren Systemleistung mit den Verbrennern skaliert wird. In der Version mit insgesamt 150 kW leistet der Benziner 110 kW, im stärkeren Modell mit 200 kW Systemleistung steuert er 130 kW hinzu. Der E-Motor, intern HEM80evo genannt, leistet in beiden PHEV-Modellen 85 kW. Die Systemleistung ergibt sich auch hier nicht aus der Addition, sondern ist elektronisch begrenzt.

Zum Start im Februar 2024 wird es den Tiguan mit vier Ausstattungslinien geben: Elegance und R-Line sind die Spitze, Life und das namenlose Basismodell weniger teuer. Die Zeiten karger Grundausstattungen sind lange vorbei. Das Einstiegsmodell bietet unter anderem eine Rückfahrkamera, ein Display als Kombiinstrument und ein paar Assistenten. Life fügt dem noch einen Abstandstempomat, drei Temperaturzonen, bequemere Sitze und die Integration von Apple CarPlay und Android Auto hinzu. Das Basismodell soll künftig 36.600 Euro kosten, ein Zuschlag von fast 4000 Euro gegenüber dem bisherigen Modell. Allerdings ist das Auto dafür besser ausgestattet und bringt serienmäßig das Doppelkupplungsgetriebe mit, das in der Vergangenheit die überwältigende Mehrheit der Tiguan-Käufer ohnehin wählte.

(mfz)