Google Kalender: Besserer Spam-Filter oder ein Angriff auf die Konkurrenz?

Keine Meetings mit dem Viagra-Händler mehr – Googles Kampf gegen den Spam im Kalender trägt Früchte. Aber richtet sich das auch gegen Drittentwickler?

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(Bild: Erzeugt mit Midjourney durch iX)

Lesezeit: 3 Min.

Heftige Vorwürfe gegen Google: Der Konzern soll bewusst versuchen, mit seinen jüngsten Updates des Kalenders Drittentwickler auszuschalten. Diese Anschuldigungen stammen von Mike Adams, CEO des Unternehmens Grain. In der Workspace-Suite tauchen über externe Tools gebuchte Termine nicht mehr automatisch auf. Wer also solche Software für seine Kunden einsetzt, muss also bald auf Google selbst umsteigen – so die Verdächtigung.

Aber was ist an den Vorwürfen dran? Tatsächlich blockiert Google auf Wunsch schon lange eingehende Termine, wenn sie nicht von einem Absender stammen, dem der Nutzer explizit vertraut. Dies geschieht zum Schutz vor Spam – denn in Zeiten immer besser funktionierender Filter für E-Mails greifen Kriminelle zunehmend auf die lange absichtlich existierende Gmail-Lücke für Kalender-Einladungen zurück. Und Einladungen zum Viagra-Meeting sind nicht nur nervig, sondern können bei einem falschen Klick unachtsame Anwender schnell auf eine Phishing-Seite locken.

Mittlerweile geht Google jedoch aggressiver vor: Statt es bei einem Opt-in zu belassen, werden Nutzer zunehmend standardmäßig mit dem aktiven Schutz beglückt. Wer sich also automatische Einträge unabhängig vom tatsächlichen Anbieter der Buchungssoftware verlassen hat, kann die schnell aus dem Blick verlieren. Gleichzeitig offeriert der Konzern seinen Kalender mittlerweile als kommerziellen Teil der Workspace-Suite, zum Beispiel als Reservierungssystem für Selbstständige.

Es ist also die Kombination aus dem standardmäßigen Opt-in für den Spam-Schutz sowie der Monetarisierung des Kalender-Tools, die hinter den Vorwürfen von Mike Adams stehen. Sein Unternehmen Grain bietet KI-gestützte Meeting-Aufnahmen samt Transkriptionen an, setzt jedoch hierfür die Online-Terminplanungssoftware Calendly ein. Dass dieses in vielen Fällen blockiert würde, sorge laut Adams für Chaos im eigenen Haus und bei den Nutzern.

Dagegen spricht, dass Google selbst gegenüber The Register angibt, man blockiere auch unbekannte Gmail-Kontakte standardmäßig – und somit würden Drittanbieter genauso wie Googles eigener Dienst vom Kalender der Nutzer ausgeschlossen. Genauso steht fest, dass sich Anwender in den sozialen Medien über verpasste Termine beschweren. Jedoch fehlen hierbei Details zu den im Hintergrund eingesetzten Terminbuchungs-Tools.

Ob Google also bewusst die komplette Konkurrenz über einen vorab streng konfigurierten Spamfilter ausschalten will, steht offen im Raum. Die eigentliche Flut an Spam im Kalender mussten Nutzer jedoch vor mehreren Jahren über sich ergehen lassen – und 2019 erklärte Google, dass man an dem Problem arbeite. Bereits Ende 2022 mehrten sich zudem die Stimmen, dass der Kalender die falschen oder gar keine Termine mehr übertrage.

Aus Nutzersicht sind nun händisch vorzunehmende Einstellungen nötig, wenn man sich weiter auf automatisch eingetragene Termine verlassen will. So hat zum Beispiel Calendly als betroffener Drittentwickler eine Support-Seite eingerichtet, die die entsprechenden Schritte erklärt. Anschließend lassen sich bekannte Kontakte und dessen Termine mit wenigen Klicken zur sicheren Liste hinzufügen.

(fo)