Nachruf: Wie David L. Mills über Port 123 die Uhren der Welt synchronisierte

David L. Mills erfand in den 1980-er-Jahren das Network Time Protocol. Eine Idee, die ihn zeitlebens nicht mehr losließ.

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David L. Mills

Der Erfinder des Network Time Protocols, David L. Mills, ist gestorben.

(Bild: University of Delaware)

Lesezeit: 4 Min.

David Mills war gewiss nicht der Einzige, den es nervte, wenn das Internet nicht richtig tickt. Er ist vermutlich aber einer von ganz wenigen, die diesem Problem mit Erfolg etwas entgegengesetzt haben. Als Erfinder des Network Time Protocols (NTP) sorgte er schon in den Anfangstagen des Netzes dafür, dass die Uhren der Welt miteinander abgeglichen werden. So synchron sei die Welt vorher nie gewesen, ist in Lobesreden über ihn zu hören.

Jetzt wurde bekannt, dass Mills am 17. Januar 2024 im Alter von 85 Jahren gestorben ist. Niemand Geringeres als Internet-Pionier Vint Cerf teilte die traurige Botschaft mit, die er zuvor von Mills’ Tochter erhalten hatte. Er nannte es mal "Schwarze Magie", dass es Mills mit seinen Formeln gelungen war, den Zeitabgleich über das Netz mit sehr geringer Zeitdifferenz zu bewerkstelligen.

Über Mills ist überliefert, dass er exzentrisch und ein passionierter Bastler war. Im Miteinander erlebten ihn Weggefährten als warmherzig und enthusiastisch. Er konnte aber auch eigensinnig und abweisend sein, wie in einem ausführlichen Porträt-Artikel des New York über ihn geschrieben steht. Also genau jene Mischung, wie vielen Pionieren der Technik in damaligen Zeiten innewohnte. In den späten Jahren fiel es ihm augenscheinlich immer schwerer, sich mit Mitstreitern zu arrangieren.

Ohne das Network Time Protocol (NTP), das für gewöhnlich UDP-Port 123 verwendet, wäre im Netz vieles nicht denkbar. Dass Uhren voneinander abweichen, faszinierte den gebürtigen Kalifornier schon recht früh. So untersuchte er einst, wie die angezeigten Zeiten stromnetzgebundener Uhren an einem warmen Sommertag abhängig von der Art der Stromerzeugung voneinander abweichen. Spätestens mit der zunehmenden Vernetzung von Computern und dem Arpanet als Vorläufer des Internets wurden die Unterschiede aber zu einem Problem. Schließlich lassen sich Datenintegrität, Finanztransaktionen, Protokolle und mehr schwerlich sicher verwenden, wenn die Uhren nach dem Mond gehen.

Die zentrale Herausforderung für den NTP-Erfinder war es vereinfacht gesagt, die variable Wegstrecke und Verzögerung, die ein Zeit-Datenpaket vom NTP-Server zum Client benötigt, korrekt einzukalkulieren, sodass eine synchronisierte Uhr möglichst exakt die Zeit des Servers übernimmt. Darüber hinaus gab er aber auch den Anstoß zur Entwicklung von Ping, wirkte am File Transfer Protocol (FTP) mit und schuf mit „Fuzzball“ einen der ersten Router, auf den in Grundzügen bis heute Geräte aufbauen.

Der Doktor der Computer- und Kommunikationswissenschaften, der mit seiner Zeitserver-Erfindung während einer Anstellung beim Satellitenbetreiber Comsat in den 1970-er Jahren begann, stellte NTP im Jahr 1985 fertig. Es war jedoch nur der Auftakt zu einer größeren Entwicklung. Mit dem großen Wachstum des Netzes kamen immer neue Herausforderungen auf ihn zu. NTP geriet auch immer wieder mit Sicherheitslücken in die Schlagzeilen.

Beruflich war Mills zuletzt Professor an der Universität von Delaware, bis er im Jahr 2008 in Ruhestand ging. Ein angeborenes schweres Augenleiden, das zu seiner Erblindung führte, erwies sich als großes Handicap bei der Weiterentwicklung von NTP. In den 2000-er-Jahren spürte er, dass es an der Zeit ist, die Kontrolle weiterzugeben.

Doch NTP ließ ihn zeitlebens nicht mehr los. Bis zuletzt soll er Ideen entwickelt haben, das Protokoll auf neue Füße zu stellen, während parallel von der Internet Engineering Task Force (IETF) an NTPv5 getüftelt wird. Wie es mit NTP weitergeht? Die Zeit wird es zeigen.

(mki)