iX 11/2018
S. 146
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Mobile Blog-Baukästen

Offene Tagebücher

Öffentliche Aufzeichnungen in Blogs sollten nicht nur gut erreichbar, sondern auch gut lesbar sein. Apps helfen selbst dabei.

Blogs haben seit ihrem Aufkommen in den späten 1990er-Jahren einige Wandlungen durchgemacht. Die ersten waren kommentierte Sammlungen von Links auf Webseiten, die die Autoren nach und nach mit Begebenheiten aus ihrem Leben oder ihrer Arbeit versahen.

Im nächsten Schritt wurden Blogs als Online-Tagebücher populär. Plattformen wie Blogger, Moveable Type und WordPress entwickelten sich zu De-facto-Standards und zumindest WordPress ist heute noch die wohl am meisten genutzte Umgebung für diese Form der Veröffentlichung. Neben den persönlichen Online-Tagebüchern sind Blogs in Technik- und Entwicklercommunitys verbreitet und viele Firmenwebseiten haben ein mehr oder weniger aktiv gepflegtes Blog.

Der Ansatz basiert nach wie vor auf einer Sammlung miteinander verbundener Webseiten in HTML, die sich in Seitentypen unterteilen lassen: Index- und Archiv-/Kategorien-Seiten, die Einträge selbst sowie verschiedene Datenfeeds wie RSS oder OPML. Im Zuge der zunehmenden Nutzung von Social-Media-Diensten wie Twitter, Facebook, Mastodon, Instagram oder Tumblr wurde die Definition von Blog immer mehr aufgeweicht. So beschreibt man Twitter, Tumblr und ähnliche Anbieter heutzutage oft als Mikroblogging.

Natürlich findet man in den App Stores Anwendungen zur Unterstützung verschiedener Blog- und Mikroblogdienste sowie Hilfen beim Schreibprozess. Es sei angemerkt, dass einige der in den App-Infos der iX 11/2016 vorgestellten Editor-Apps sich auch für das Bloggen eignen.

„WordPress“ ist heute die bei Weitem größte Blogplattform, die man – entsprechende Kenntnisse vorausgesetzt – selbst auf einem eigenen Server hosten oder bei WordPress.com oder einem anderen kommerziellen Hosting-Anbieter einrichten lassen kann. WordPress.com ist ein reines Software-as-a-Service-Angebot ausschließlich für WordPress-Hosting und kann je nach gewünschten Produktfeatures mehr als 20 US-Dollar pro Monat kosten. Die WordPress-Software für das Betreiben auf dem eigenen Server selbst ist kostenlos und steht unter einer Open-Source-Lizenz.

Selber hosten oder hosten lassen

Letzteres gilt auch für die WordPress-Apps für iOS und Android. Die Apps erfordern ein Login auf WordPress.com und erlauben das einfache Verwalten eines Blogs auf der Plattform. Mit der App kann man entweder ein neues Projekt auf dem Server starten oder bereits dort existierende oder selbst betriebene Blogs einbinden. Das Einbinden erfordert das Freischalten der WordPress-API auf der eigenen Site. Wer sich zutraut, einen eigenen WordPress-Server sicher zu betreiben, dem sollte das keine Schwierigkeiten bereiten. Die API basiert auf XML-RPC und viele externe Apps und WordPress-Clients unterstützen sie. Mit der App kann man die meisten gängigen Aufgaben im eigenen Blog erledigen. Neben dem Erstellen von Einträgen und Seiten handelt es sich dabei in der Regel um das Verwalten von Kommentaren und einfache grafische Anpassungen.

Geht es um komplexere Vorgänge wie das Gestalten visueller Themen oder Codeänderungen, verlinkt die App auf die passenden Elemente der WordPress-Weboberfläche. An dieser Stelle wird ein Nutzer unter normalen Umständen aber eher die Arbeit auf einem Laptop- oder Desktop-Computer vorziehen. Die Optionen zum Editieren und Erstellen von Einträgen sind einfach gehalten, aber dem Einsatz auf einem Mobilgerät angemessen.

Die Anbieter der jeweiligen Plattform stellen für andere Blog- oder Mikroblogdienste ähnliche kostenlose Apps zur Verfügung. Alle haben Editierfunktionen, die sich nur in Details unterscheiden und in manchen Fällen an die Erfordernisse der Plattform angepasst sind. Im Gegensatz zur eher offenen WordPress-Plattform sind Dienste wie Twitter oder Tumblr relativ geschlossen. Twitter führte beispielsweise mit der Zeit immer mehr API-Limitierungen ein, sodass es für Twitter-Apps von Drittanbietern immer schwieriger wird, eine nutzbare Anwendung für diese Plattform zu entwickeln.

Für Blogger gibt es eine gut funktionierende App für Android, die iOS-App wurde jedoch vor einiger Zeit aus dem iTunes Store entfernt. Eine häufig hochgelobte iOS-Blogging-App für mehrere Plattformen ist „Blogo“. Sie ist kostenlos und unterstützt WordPress, Blogger und Medium – in der kostenlosen Version allerdings nur für ein einziges Blog.

Die Schreibfunktionen sind gut, Blogo hat jedoch viele andere Schwächen. Beispielsweise kann die App Artikel während des Schreibens nicht online speichern. Im Test erwies sie sich zudem als instabil und stürzte während des Arbeitens mit mehreren Dokumenten auf einem iPad Pro mit iOS 12 regelmäßig ab. Auch das Upgraden auf „Blogo Pro“ zur Unterstützung mehrerer Blogs funktionierte nicht.

Wer viel schreibt und seine Texte in Blogs veröffentlicht, sollte sie möglichst gut lesbar gestalten. Die Lesbarkeit eines Textes wird durch eine Vielzahl von Eigenschaften bestimmt. Zum einen spielt Erkennbarkeit – und damit Kriterien wie Schrift- und Schriftgröße oder Zeilen- und Wortabstände – eine Rolle, zum anderen die Verständlichkeit des Textes.

Letzteres hängt unter anderem vom Satzbau und dem allgemeinen Sprachstil ab. Verschiedene Ansätze zur Berechnung sogenannter Lesbarkeitsindizes versuchen, die Lesbarkeit eines Beitrags zu messen, indem sie angeben, für welches Alter des Lesers oder welches Schuljahr der Text geeignet wäre. Die bekanntesten dieser Indizes sind Flesch-Reading-Ease, Gunning-Fog oder die Wiener Sachtextformel. Einige Texteditor- und Blog-Apps haben einen oder mehrere dieser Werte eingebaut, sodass der Blogger bereits während des Schreibens an der Lesbarkeit seines Textes arbeiten kann. Nicht alle der Indizes lassen sich allerdings problemlos auf die deutsche Sprache übertragen und man sollte die Aussagekraft eines jeglichen Index immer genau unter die Lupe nehmen. So gibt es etwa eine Version der Flesch-Formel für die deutsche Sprache, die nicht unumstritten ist.

Zum schnellen Testen eines englischen Textes mit verschiedenen Lesbarkeitsindizes ist „Readability Test Pro“ für Android nützlich. Man kann Texte entweder direkt in der App eingeben oder aus einem anderen Editor kopieren. Die App berechnet zwölf Lesbarkeitsindizes und hält Informationen zu deren Bedeutung vor. Readability kostet 1,04 Euro.

Einer der Editoren mit Lesbarkeitsanalyse ist „Textkraft Professional“ für iOS, eine gut durchdachte App zum Schreiben und Planen von Schreibprojekten sowie zum Vorhalten von Notizen, zusätzlichen Dokumenten oder Vorlagen. Zu den Features zählen umfangreiche Statistiken zum jeweils gegenwärtig bearbeiteten Dokument. Darin findet man unter anderem den Flesch-Reading-Ease-Index.

Hilfe in vielen Sprachen

Die Professional-Version kostet stolze 8,99 Euro, bietet allerdings auch angemessene Funktionen wie Wörterbücher in vielen Sprachen, Zugriff auf Cloud-Dienste und den Im- und Export für verschiedene Formate – unter anderem für EPUB. Vom gleichen Hersteller gibt es für 2,99 Euro „Textkraft Lite“ mit eingeschränkten Features und „Textkraft Deutsch“ für 6,99 Euro. Letzteres zielt auf Autoren, die ausschließlich auf Deutsch schreiben.

Blogger, die hauptsächlich auf Englisch publizieren, sollten sich „Hemingway Editor“ ansehen. Der Editor konzentriert sich auf die Basisfunktion des Schreibens, und die Funktionen zur Textauszeichnung lassen sich an den Fingern abzählen. Bei Hemingway geht es stattdessen um den Inhalt. Im Schreibmodus ist die App ein schlichter Desktop-Editor, im Editiermodus hingegen analysiert sie den Text und berechnet fortlaufend einen Lesbarkeitsindex. Als problematisch eingestufte Textstellen hebt die App farbig hervor. Zu komplizierte Sätze etwa sind gelb hinterlegt, in schweren Fällen sogar rot markiert. Hemingway merkt Passiva an und moniert eine für die Länge des Textes zu häufige Verwendung von Adverbien.

Ohne die Analysefunktionen erweist sich Hemingway Editor auch für Schreiber in anderen Sprachen als nützlich. Die App kann verschiedene Dateiformate erzeugen und eignet sich hervorragend für die Arbeit mit dem Markdown-Format. Speziell für Blogger ist die Möglichkeit interessant, direkt aus Hemingway Editor heraus in WordPress-Blogs oder Medium zu publizieren. Die App ist zum Preis von 19,99 US-Dollar für macOS und Windows erhältlich. (ka@ix.de)