iX 6/2018
S. 74
Review
Rugged Server
Aufmacherbild

PowerEdge XR2 im Außeneinsatz

Staubsauger

Für den Einsatz von 15 Grad unter dem Gefrierpunkt bis 55 Grad in sengender Hitze preist Dell seinen Rugged Server PowerEdge XR2 an. Aber was leistet das System wirklich unter widrigen Bedingungen?

Nur wenige Systeme können sich im hart umkämpften x86-Server-Markt mit technischen Alleinstellungsmerkmalen von der Masse absetzen. Das liegt vor allem an Intels dominanter Stellung, denn der Xeon-Prozessor beherrscht den Markt. AMDs codekompatible Alternative erfindet sich gerade erst neu und Ryzen muss sich als Serverchip noch beweisen. Für Intel sprechen die Skalierbarkeit und das einfache Interface-Design – reicht es doch scheinbar aus, Speicher- und PCIe-Steckplätze so nah zur CPU wie möglich auf dem Mainboard zu platzieren.

Dell-EMC sucht nun mit dem PowerEdge XR2 – intern E48S oder R440 genannt – Kunden abseits klimatisierter Rechenzentren. Die Bilder des Verkaufsprospekts bewerben den Server mit einem Jeep in der Wüste, einem U-Boot der US Navy, einem Lkw auf der Straße und einem Forschungsschiff in der Arktis: Passend propagiert eine Grafik stolz einen Temperaturbereich von -15 °C bis +55 °C.

Und eigentlich scheint damit alles gesagt: Der XR2 ist ein Rack-Einschubserver einfacher Höhe, dem Staub, Erschütterungen und tiefe wie hohe Temperaturen nichts anhaben können. Was ist daran ungewöhnlich? Schließlich erwartet jeder Autofahrer, dass sein vom Computer kontrollierter Motor bei tiefen Minusgraden ohne Mucken anspringt, und über das, was der Sommer einem Smartphone zumutet, macht sich kein Nutzer Gedanken. Doch kein Administrator würde seine Racks in einen Carport stellen – es bleibt beim „Server benötigt Serverraum“.

Frost und Wind

Schon beim Eintreffen konfrontierte der frühe Februar die Testmaschine mit Frostnächten. Nach dem reibungslosen Installieren von Debian GNU/Linux 9.3 (Stretch) ging es raus mit der Maschine in den Geräteschuppen – arktisch kalter Wind trieb feinen Schnee durch die Ritzen der Bretterbude, ideale Testbedingungen also. Der Server bootete bei -12 °C anstandslos, und um die CPUs etwas zu wärmen, kamen die SPEC-CPU2017-Benchmarks zum Einsatz. Dank des integrierten Remote Access Controllers (iDRAC) lassen sich die Lufteinlass- und -auslasstemperaturen sowie die Lüfterdrehzahlen bequem vom warmen Schreibtisch aus kontrollieren.

Wer nun erwartet, dass der XR2 bei Minusgraden seine Lüfterdrehzahl deutlich absenkt, irrt: Sie drehen vielmehr voll auf. Ein scharfer Blick auf das Produktdatenblatt erklärt warum: Die eigentliche Betriebstemperatur reicht von 5 °C bis 45 °C, in Ausnahmen bis 55 °C. Einen Kaltstart sieht Dell bis -15 °C vor, allerdings erwartet die Lüftersteuerung hierbei eine vorgewärmte Umgebungsluft und treibt ein Maximum davon durch die Maschine, um, so schnell es geht, auf Betriebstemperatur zu kommen. Dieses Szenario soll eine Spezifikation der US Navy vorschreiben.

Hitzewarnung: Bei 49 °C regelt der iDRAC die CPU-Leistung herunter (Abb. 1).

Ein Hitzetest gestaltete sich schwieriger. Erst nach dem Einsperren der laufenden Maschine in ihre Pappverpackung stieg die Lufttemperatur schnell auf fast 50 °C – woraufhin das System die CPU-Leistung halbierte. Nach dem Öffnen des Kartons sank die Hitze und der Server hob die Leistung wieder an. Ebenso klaglos überstand die Maschine Tests direkt neben einer Tischkreissäge, die beim Zuschnitt von MDF-Platten reichlich Staub aufwirbelte – der Luftfilter des XR2 ließ keine Partikel eindringen.

Im Gegensatz zu Dells anderen 1-HE-Rack-Servern nimmt der XR2 mit 52,5 cm Tiefe relativ wenig Platz ein. Fest im Rack eingebaut verwindet sich das stabile Metallgehäuse kaum; um die geforderte Schockresistenz von 40 G und einen Einsatz in bis zu 4500 Metern Höhe zu erreichen, verzichten die Entwickler mit Ausnahme der Lüfter vollständig auf sich bewegende Komponenten. Wer aber allzu exotische Hardware erwartet, den enttäuscht Dell: Der Hersteller verlässt sich auf eine typische Anordnung von Standardbauteilen, jedoch wackelt nichts und jede Steckverbindung ist so gesichert, dass auch starke Stöße sie nicht lockern würden.