iX 7/2021
S. 3
Editorial
Juli 2021

Alte Zöpfe abschneiden

Der in Verruf geratene Internet Explorer wird eingestampft – und das ist gut so. Schließlich haben die meisten Nutzer ihn nur noch verwendet, um einen anderen Browser wie Chrome, Firefox oder Safari zu installieren. Im August dieses Jahres endet der Support, im Juni 2022 legt Microsoft ihn ad acta.

Der IE ist ein Überbleibsel aus einer Zeit, die Internetnutzer unter 20 Jahren wahrscheinlich nicht mehr kennen. Einzig durch die Kopplung mit Windows war er jahrelang Marktführer unter den Browsern. Bill Gates behauptete einst, dass der Internet Explorer nicht vom Betriebssystem abgetrennt werden könne – eine dreiste Falschaussage, wie sich herausstellte. Dann versuchte man, eigene Standards wie ActiveX, VBScript und JavaScript-Erweiterungen zu etablieren und unabhängige W3C-Standards über viele Jahre hinweg zu ignorieren. Dass der IE deshalb einige Webseiten nicht richtig darstellen konnte oder während des Surfens einfach einfror, war für alle Nutzer ärgerlich.

Inzwischen musste auch Microsoft einsehen, dass mit dem IE kein Browserkrieg mehr zu gewinnen ist und es viel bessere Alternativen gibt. Er ist veraltet, hat diverse Sicherheitslücken, es fehlen grundlegende Schnittstellen wie Authentication API, Permission API, Credential Management API und die Sicherheitsrichtlinie Upgrade Insecure Requests. Kein Wunder also, dass Microsoft sein einstiges Steckenpferd im Jahr 2018 mit einem Windows-Update klammheimlich von Abermillionen Desktops gelöscht hat.

Webentwicklern war der Microsoft-Browser sowieso schon immer ein Dorn im Auge: Wer in Foren nach IE-Informationen sucht, stößt unweigerlich auf frustrierte Kommentare darüber, wie mühselig es ist, Websites in zwei Varianten zu programmieren. Während die Arbeit für Chrome, Firefox und Safari aufgrund gemeinsamer Standards verhältnismäßig einfach war, mussten Webentwickler anschließend sehr viel Zeit für eine akzeptable Darstellung im IE investieren.

Und trotzdem gibt es auch 2021 noch viele Unternehmen, die den IE für ihre internen webgestützten Anwendungen nutzen. Grund dafür ist, dass manche Firmen schon vor vielen Jahren ihre Programme und Webseiten einzig für ihn optimiert haben. Das Umprogrammieren wäre heute mühsam und zeitaufwendig, vielleicht fehlen auch die finanziellen Mittel oder die Motivation zur Veränderung. Doch ganz ehrlich: Wer beim Internet Explorer bleibt, häuft immer weitere technische Altlasten an. Sie weiterhin mit sich herumzuschleppen, ist auf Dauer teurer als eine Umstellung, die schon seit langer Zeit erforderlich gewesen wäre.

Wer noch immer nicht migrieren möchte, kann immerhin bis 2029 auf Microsoft Edge ausweichen. Er bietet einen IE-Modus, der alte Webanwendungen in IE-Manier darstellt.

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