iX 1/2022
S. 41
Markt + Trends
Retrospektive

Vor 10 Jahren: Die Rückkehr der Untoten

Internetsperren helfen nicht gegen Kindesmissbrauch, Rechtsradikale oder Urheberrechtsverletzungen – steigen aber immer wieder aus ihren Gräbern.

„Manche Ideen entwickeln anscheinend eine frappierende Ähnlichkeit mit den Untoten aus Splatter-Filmen. Je toter sie erscheinen, desto wahrscheinlicher ist ihre Auferstehung.“ Das schrieb Chefredakteur Jürgen Seeger in der iX 1/2012 im Editorial über die „Rückkehr der Untoten“. Gemeint war damals das Zugangserschwerungsgesetz, auch Gesetz für Internetsperren genannt. Es war im Familienministerium unter Ursula von der Leyen auf den Weg gebracht worden und erwies sich als wenig tauglich, kinderpornografische Inhalte zu bekämpfen. Der eine oder die andere wird sich an die Kampagne „Löschen statt Sperren“ und das symbolische Stoppschild erinnern.

Anfang Dezember 2011 wurde das Gesetz mit den Stimmen aller (!) im Bundestag vertretenen Parteien ersatzlos gestrichen. So weit, so gut, doch Jürgen Seeger warnte: Die Untoten kommen wieder. Es dauerte nicht einmal drei Wochen, da flammte die Sache wieder auf, diesmal auf Initiative des Bundesinnenministeriums, das rechtsradikale Angebote im Internet sperren wollte. Der Kampf gegen den Rechtsradikalismus ist damals wie heute ein ehrenwertes Vorhaben, doch das einfache Sperren von Webseiten, die bei obskuren Anbietern im Ausland liegen, wo Nazisymbole nicht verboten sind, ist schlicht zu einfach gedacht.

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