Mac & i 1/2024
S. 3
Editorial

Apples nächster iPhone-Moment?

Ben Schwan

Zum Schluss ging es dann ganz schnell: Schon zum 2. Februar kommt die Vision Pro auf den US-Markt, verkündete Apple per simpler Pressemitteilung. Es ist Apples erste komplett neue Produktkategorie seit der Apple Watch von 2015, sieht man einmal von Peripheriegeräten wie AirPods und HomePod ab.

Eingepackt in ein ganzes visionOS-Ökosystem soll das Spatial-Computing-Headset ein neues Segment für den Konzern erobern. Die Spannung ist riesig, aber natürlich muss Apple erst unter Beweis stellen, dass das klappt.

Für einen Erfolg der Vision Pro spricht einiges. Dazu gehört die laut ersten Hands-on-Berichten magisch anmutende Bedienung, die dank besonders ausgefeiltem Augen- und Hand-Tracking alles schlägt, was man von VR-Headsets bislang kennt. Hinzu kommen die wohl hervorragenden 4K-Mikro-OLED-Screens, die man hoffentlich über Stunden nutzen kann, ohne dass die Augen ermüden. Die Möglichkeit, einen Mac in die Vision-Pro-Oberfläche einzubinden, sieht ebenfalls interessant aus. Dann wäre da noch die Tatsache, dass man unzählige iPhone- und iPad-Apps vom Start weg nutzen kann – und es steht zu erwarten, dass diverse spannende Apps nur für die Vision Pro hinzukommen werden.

Doch es gibt auch eine Negativseite. Ganz vorn dabei ist der Preis: 3500 US-Dollar plus Steuer dürften bei der kargen Speicherausstattung erst der Einstieg sein. Dann werden wir es anfangs mit geringen Stückzahlen zu tun haben, sind sich Analysten sicher. Angeblich sollen es nur 80.000 Einheiten sein, die Apple zum Verkaufsstart produzieren lassen konnte, im ganzen Jahr 2024 dann zwischen 500.000 und 800.000 Stück. Das dürfte für Europa lange Monate des Wartens bedeuten. Und schließlich wäre da die große Frage nach dem Warum. Seit Jahren versuchen VR-Firmen, Headsets in den Massenmarkt zu drücken – mit mäßigem Erfolg. Ob Apple das allein mit guter Hardware und räumlichen Apps schafft? Bislang fehlen echte Killer-Anwendungen für die Vision Pro.

Ich selbst tippe darauf, dass einmal mehr Apples klassische Geduldstaktik zum Zuge kommt. Das heißt: Man bringt teilweise unfertige, aber grundlegend hochinteressante Hardware auf den Markt, verbessert und verbilligt sie über die Jahre konsequent und schafft einen Massenmarkt. Sie erinnern sich sicher: Das erste iPhone hatte weder 3G noch App Store, selbst Grundfunktionen wie Kopieren und Einfügen fehlten. Und es wurde ebenfalls als überteuert belächelt.

Ben Schwan