Elektrischer Opel Rocks-e im Fahrbericht: Spartanischer Stadtflitzer

Leichtkraftwagen spielen ihre Vorteile fast nur in der Innenstadt aus. Doch gerade dort benötigt man Autos am wenigsten. Wir fuhren den Opel Rocks-e.

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Opel Rocks-e

Schneller als mit dem Rad, langsamer als der Autoverkehr. Ob das reicht, um den Rocks-e zu einem Massenmodell zu machen? Zweifel sind erlaubt.

(Bild: Opel)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
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Opel umschreibt die eigenen Hoffnungen so: "Mit diesem Fahrzeug führen wir junge Menschen an die Marke heran", so umreißt es der Produktmanager Keanu Eftekhari. Ein ambitioniertes Vorhaben. Denn wie man es auch dreht und wendet: Der neueste Opel wird wohl eher kein Massenmodell. Das liegt nicht etwa an den grundsätzlichen Eigenschaften des Rocks-e, sondern am kaum vorhandenen Interesse der Zielgruppe. Fahrzeuge der Klassen L6e und L7e spielen in der Gesamtstatistik gewissermaßen keine Rolle, die Zahl der Neuzulassungen ist äußerst gering. Wie sich der Opel Rocks-e im Alltag fährt, konnten wir kurz ausprobieren.

Selbstverständlich soll auch der Rocks-e den Verkehr in der Großstadt revolutionieren. Er ist weitgehend baugleich mit dem Citroën Ami, der das bislang nicht zu leisten vermochte. Beide sollen keine Konkurrenz zu anderen Autos sein, sondern vielmehr den Roller-Interessenten überzeugen. Ob die Zielgruppe "junge Leute" sich mit dem Argument "wetterfest" massenhaft einfangen lässt? Die Zeit wird es zeigen, doch Zweifel sind erlaubt.

Vom Ami unterscheidet sich der Rocks-e durch ein paar Plastik-Applikationen und Farbtupfer. Größere Veränderungen hätten Geld gekostet, und das ist in diesem Segment noch knapper als anderswo. Dementsprechend ist die Ausstattung mit "spartanisch" geradezu euphemistisch umschrieben. Der Rocks-e ist in jeglicher Hinsicht auf das reduziert, was es zu Fahren unbedingt braucht.

Die Seitenfenster lassen sich nicht runterkurbeln, sondern aufklappen. Es gibt keine Innenraumheizung, was Opel damit begründet, dass eine solche Reichweite kosten und das Gewicht erhöhen würde. Immerhin gibt es ein Gebläse, der Trabant 601 hatte so etwas nie. Im Rocks-e schafft die elektrisch mild beheizte Gebläseluft zum Entfrosten der Windschutzscheibe ein Plus von bis zu sechs Grad im Vergleich zur Außentemperatur.

Eine Filterung der Fahrbahnunebenheiten gelingt dem Fahrwerk nur rudimentär. Federung und Dämpfung sind natürlich vorhanden, dienen aber fast nur dem Ziel, alle vier Räder auch bei Unebenheiten in Bodenkontakt zu halten. Auffällig ist auch die sparsame Dämmung: Im Rocks-e bekommt man vom Stadtverkehr akustisch mehr mit als in anderen Fahrzeugen.

Genug gemeckert, denn der Opel hat ja durchaus seine guten Seiten. Die LED-Scheinwerfer leuchten die Straße erstaunlich gut aus. Mit 2,41 m Länge und ein Wendekreis von 7,2 m ist der Rocks-e für sein Zielgebiet bestens gerüstet. Die Rundumsicht ist besser als in praktisch allen Testwagen, die wir in den vergangenen Jahren in der Redaktion hatten. Auf den gut besuchten Straßen Frankfurts, wo wir den Rocks-e fahren durften, reicht die Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h meistens locker aus.

Opel Rocks-e (16 Bilder)

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Die Dauerantriebsleistung des E-Motors liegt beim für diese Klasse gesetzlich festgelegten Maximum von 6 kW. Beim Beschleunigen können kurzfristig bis zu 9 kW abgerufen werden. Für das Gewusel durch die Stadt genügt das vollkommen, was nicht zuletzt daran liegt, dass der Rocks-e nur 471 kg wiegt. Mit seiner 5,5 kWh fassenden Batterie kommt der Rocks-e im WLTP bis zu 75 Kilometer weit. Auch das ein urban völlig ausreichender Wert, selbst wenn es unter ungünstigen Bedingungen etwa bei Kälte und hohem Schnellfahr-Anteil (etwa mal ohne Stau über die großen Verkehrsachsen) auch mal knapp zweistellig weniger wird.

Zum Laden der Akkus an der vielzitierten 230-Volt-Steckdose hat der Opel ein Kabel in der Beifahrertür. Nervig ist die billige Umsetzung dieser an sich brillanten Idee, da sich das Kabel nicht wie bei einem guten Staubsauger selbst einzieht, sondern händisch in den Stauraum gewickelt werden muss. Im Sommer mit ein bisschen Übung kein großer Akt, im Winter, bei Minusgraden und entsprechend steifem Kabel aber kein Spaß. Per Adapter kann man die Leitung auch an einer Wallbox einstecken, was aber auf die Ladegeschwindigkeit keinen Einfluss hat. Eine leere Batterie wird innerhalb von 3,5 Stunden gefüllt.

Als Infotainment- und Navigationsgerät dient das Smartphone, für das immerhin ein USB-Anschluss für die Stromversorgung vorhanden ist. In den beiden besser ausgestatteten Modelle TeKno und Klub kann man das Auto auch mit einer Rocks-e genannten App verknüpfen. Ab Mitte November ist der Rocks-e zum Einstieg als TeKno-Version für 8790 Euro erhältlich, im März 2022 folgen die anderen beiden Ausstattungsvarianten. Opel bietet statt Leasing nur eine 48 Monate laufende Finanzierung an. Zu Beginn zahlt man beispielsweise beim 7990 Euro teuren Basismodell 2595 Euro an, danach 49 Euro pro Monat und eine Schlussrate von 3753 Euro.

(fpi)