Elektroauto Toyota bZ4x im ersten Fahrbericht

Toyota hat sich Zeit gelassen mit dem Einstieg in die E-Mobilität. Nun kommt das erste E-Auto der Marke zu den Händlern. Wie fährt sich der Toyota bZ4x?

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Toyota bZ4x

(Bild: Hersteller)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Joaquim Oliveira
Inhaltsverzeichnis

Viele Jahre hat Toyota auf sein bewährtes Hybridkonzept gesetzt. Nicht zuletzt die Verbindung von geringen Realverbräuchen und dem Verzicht auf zahlreiche teure und anfällige Bauteile wie Anlasser, Lichtmaschine, Kupplung und Turbolader hat den Antrieb global erfolgreich gemacht. Gegenüber konventionellen Verbrennern konnte Toyota damit glänzen, im Vergleich zu batterieelektrischen Autos ist der Hybridantrieb im Energiebedarf bilanziell aber chancenlos. Das ist auch Toyota vollumfänglich bewusst. Deshalb will man bis 2030 eine ganze Reihe von Elektroautos auf den Markt bringen. Das SUV bZ4x ist dabei nur der Anfang. Wir konnten bereits eine erste Probefahrt unternehmen.

Der bZ4x ist ein 4,69 m langes SUV, hat also etwa das Format eines BMW X3 oder Mercedes GLC. Hyundai Ioniq 5 und VW ID.4 als direkte Konkurrenten sind minimal kürzer. Mit 2,85 m ist der Radstand vergleichsweise üppig, was im Innenraum auch zu bemerken ist: Die Bewegungsfreiheit ist auf allen Plätzen reichlich bemessen. Nur der Kofferraum ist mit 452 Litern etwas knapper als bei den genannten Konkurrenten. Typisch Toyota: Alles ist ordentlich verarbeitet, bei der Materialauswahl gibt sich die Marke eher pragmatisch als nobel. Einige Kunststoffe wirken angesichts der Tatsache, in einem rund 50.000 Euro teuren Auto zu sitzen, etwas arg schlicht.

Ungewöhnlich bei Toyota ist das Konzept, das Kombiinstrument oberhalb des Lenkrads zu platzieren – ganz so, wie es Peugeot schon seit vielen Jahren macht. Wie dort passt das leider nicht für jede Fahrer-Statur. Alle wichtigen Funktionen, mit denen man im Alltag zu tun hat, erschließen sich intuitiv und sind ohne Gefummel durch Untermenüs zu erreichen. Die Grundausstattung mit kleinem Hauptbildschirm in der Mitte samt riesiger Umrandung wirkt derart trist, dass sie wohl schon aus optischen Gründen kaum jemand akzeptieren wird. Mit dem 3900 Euro teuren Comfort-Paket zieht ein 12,3-Zoll-Display ein, was das Armaturenbrett drastisch aufwertet.

Toyota bZ4x innen (7 Bilder)

Typisch Toyota: Alles ist ordentlich verarbeitet, aber ein bisschen schmucklos ausgekleidet.

Wichtiger aber erscheint, dass Toyota in diesem Bereich bei Menüführung, Ausstattungsumfang und Arbeitstempo gegenüber den jüngsten Testwagen, die wir von dieser Marke in der Redaktion hatten, deutlich zugelegt hat. Angesichts der dort präsentierten Grundlage war das zu erwarten, was es nicht weniger erfreulich macht. Kritik bekommt das große Glasdach. Es ist an sich eine feine Idee, doch für immerhin 1110 Euro Aufpreis hätte Toyota ihm eine Öffnungsfunktion spendieren dürfen.

Toyota bietet das SUV mit zwei verschiedenen Antrieben an, die sich grundlegend unterscheiden. Im Modell mit Frontantrieb ist an der Vorderachse ein 150-kW-Motor verbaut, in der Allradversion vorn und hinten je ein 80-kW-Motor. Die Systemleistung liegt demnach nah beieinander, die Fahrleistungen auch. Mit 6,9 ist der Allradler 0,6 Sekunden schneller im Standardsprint, Schluss ist in jedem Fall bei 160 km/h. Angesichts der geringen Unterschiede erscheint ein Aufpreis von rund 3000 Euro tapfer. Wer den bZ4x häufig bei schlechten Straßenverhältnissen bewegen will oder die fahrdynamischen Vorteile des mit vier angetriebenen Rädern möglichen Torque Vectoring schätzt, wird das wohl hinnehmen, die Mehrheit dürfte mit dem Frontantrieb gut versorgt sein.

Toyota bZ4x Technik (3 Bilder)

Zwei Antriebskonfigurationen bietet Toyota an: Mit Frontantrieb sind es 150 kW, mit Allradantrieb zweimal 80 kW.

Was ebenfalls für den Frontgetriebenen spricht: Beide greifen auf die gleiche Speicherausstattung zurück, doch ohne die elektrifizierte Hinterachse liegt der Verbrauch sicher nicht nur im WLTP etwas niedriger. Toyota nennt im WLTP 14,4 bis 16,7 kWh/100 km (Frontantrieb) und 18 kWh/100 km. Die Batterie fasst 71,4 kWh, als Reichweite werden im Zyklus je nach Räderausstattung 442 bis 513 km für den Fronttriebler genannt, im Allradmodell sind es mit serienmäßigen 20-Zoll-Felgen 415 km.

Einen vorübergehenden Sonderweg beschreitet Toyota beim Thema Laden, und er verdient besondere Beachtung. Denn die ersten Exemplare bekommen ein einphasiges AC-Ladegerät mit auf den Weg, das maximal 6,6 kW zulässt. Die lassen sich in der Regel nur an öffentlichen Ladestationen komplett ausschöpfen, an einer der geförderten Wallboxen für die Garage ist bei 3,7 kW Schluss. Toyota hat angekündigt, dieses Ladegerät Ende des Jahres durch ein dreiphasiges zu ersetzen, mit dem sich die 11 kW daheim vollständig abrufen lassen. Die ersten bZ4x werden also einen höheren Wertverlust haben.

An der Gleichstrom-Ladesäule ändert sich nichts. Hier werden bis zu 150 kW möglich sein. Ungewöhnlich ist die Batteriegarantie, mit der Toyota um Vertrauen in die E-Mobilität wirbt: Zehn Jahre oder eine Million Kilometer bei einer Mindestkapazität von 70 Prozent – das ist eine starke Ansage, die noch dazu keinen Aufpreis kostet.

Mit Spannung haben sicher nicht nur wir darauf gewartet, wie sich der erste E-Antrieb von Toyota in der Praxis schlägt. Die Kurzfassung: Wie erwartet vollkommen unspektakulär. Das SUV ist leise, Kraft ist jederzeit so reichlich abrufbar, dass es im Alltag kaum je nötig sein wird, auf die üppigen Reserven vollständig zurückzugreifen. Auf der Autobahn ist bei 160 km/h Schluss, die rasch erreicht sind. Lenkung und Fahrwerk laden nicht dazu ein, den Grenzbereich auszutesten, sodass sich rasch ein eher entspannter Fahrstil einstellt, der gut zum Format passt.

Toyota bZ4x außen (4 Bilder)

Die graue Farbe dieses Modells kaschiert ein wenig ...

Das bereits recht umfangreich ausgestattete Basismodell kostet 47.490 Euro. Abgesehen von der Farbe werden jegliche Extra-Wünsche nur über Pakete erfüllt, die aufeinander aufbauen. Das Comfort-Paket kostet 3900 Euro und bringt unter anderem den großen Bildschirm, beheizbare, elektrische verstellbare Sitze, Regensensor und Einparkhilfe mit. Darauf baut das Technik-Paket für 3700 Euro auf, das dann Matrix-Licht, 20-Zoll-Felgen, Soundsystem, belüftete Sitze und ein paar Kleinigkeiten enthält. Erst dann eröffnen sich die Chancen auf das Glasdach und den Allradantrieb. Wie so oft bei Toyota gilt also: Bestimmte Wünsche wie beispielsweise der nach einem Soundsystem machen das Auto auf einen Schlag erheblich teurer.

(mfz)