Erste Ausfahrt im E-Auto Citroën ë-C4: Eigenwillige Hülle für bekannten Kern

Halbwegs kompakte SUV mit E-Antrieb: Der staatlich subventionierte Erfolg scheint garantiert. Der nächste Setzling auf bekannter Plattform ist der Citroën ë-C4.

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Citroën ë-C4

Hat PSA mit dem Citroën ë-C4 den nächsten Publikumsmagneten im Sortiment? Möglich erscheint das durchaus.

(Bild: PSA)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Wolfgang Gomoll
Inhaltsverzeichnis

Volkswagen ist mit seiner seit vielen Jahren angewandten Plattform-Strategie ziemlich weit gekommen. Kein Wunder also, dass die Konkurrenz einen ähnlichen Ansatz verfolgt. Man nehme einen bekannten Technik-Baukasten und stülpe eine frische Hülle drüber. In Zeiten zunehmender Elektrifizierung der Antriebe werden wir das immer öfter sehen. Sofern die Hülle dann noch wenigstens ein bisschen irgendwie nach SUV ausschaut und nicht allzu groß ist, scheint ein Erfolg nur schwerlich zu vermeiden. Darauf hofft man auch bei Citroën mit dem neuen ë-C4.

Der Antrieb wird bei PSA bereits breit und ziemlich erfolgreich verteilt: Peugeot, Opel, DS und eben auch Citroën nutzen ihn bereits in mindestens einem Modell. Der E-Motor leistet 100 kW, die Batterie bietet 50 kWh brutto und 46 kWh netto. Geladen werden kann mit 11 kW dreiphasig an Wechselstrom und mit bis zu 100 kW an Gleichstrom. Der Dreiphasen-Lader ist hier ebenso serienmäßig wie die Wärmepumpe. Im WLTP nennt PSA für das Paket ë-C4 bis zu 350 km Reichweite am Stück. Von null auf 80 Prozent vergehen am Schnelllader 30 Minuten. Bei unserer Ausfahrt zeigte der Bordcomputer eine Reichweite von 284 Kilometer und einen Verbrauch von 20,1 kWh/100 km an, Citroën verspricht im WLTP 16,6 kWh. Für Messwerte war diese erste Probefahrt zu kurz, ein Test wird folgen.

Nur im Sport-Fahrprogramm ist die maximale Leistung abrufbar, 9,7 Sekunden aus dem Stand auf die 100 km/h sollen möglich sein. Die Höchstgeschwindigkeit ist bei 150 km/h elektronisch begrenzt. Im Normal-Modus stehen 80 kW und 220 Nm bereit, im Eco-Programm 60 kW und 180 Nm. Schon mit letzterem ist man in der Stadt gut bedient, trotz eines Leergewichts von mehr als 1,6 Tonnen. Das sind rund 260 Kilogramm mehr als der 96-kW-Benziner mit Automatik auf die Waage bringt.

Wir waren bei unserer Ausfahrt, die uns meistens durch urbanes Gebiet führte, fast immer in der Normal- oder Eco-Einstellung unterwegs und konnten entspannt im Verkehr mitschwimmen. Zum Überholen auf Landstraßen empfiehlt sich der Dynamik-Modus. Wir haben außerdem die maximale Rekuperation aktiviert, aber das Fahren nur mit dem Fahrpedal ist nicht möglich, man muss schon öfter auf die Bremse treten.

Mit E-Antrieb entfällt ein Großteil der Geräusche, ein Umstand, an den man sich schnell gewöhnt. Gerade das Gleiten durch die Stadt macht deutlich, wie angenehm ein batterieelektrisches Auto in diesem Umfeld im Vergleich mit einem Verbrenner ist. Hinzu kommt eine eindeutig komfortorientierte Abstimmung des Fahrwerks. Ein Dynamik-Held wird man damit zwar nicht, doch die klare Ausrichtung passt zum Auto. Klar neigt sich die Karosserie ein wenig mehr in den Kurven als mancher Konkurrent, aber der Komfortgewinn macht diesen Malus wett.

Citroën ë-C4 (15 Bilder)

Der Citroën ë-C4 nutzt die Plattform EMP2 von PSA. Er wird als Elektroauto (ë-C4) und mit Verbrennungsmotoren (C4) angeboten.

Sieht man einmal von einem klappbaren Tablet-Halter auf der Beifahrerseite ab, hat Citroën den C4-Innenraum ansprechend, aber konventionell eingerichtet. Die Materialauswahl setzt keine neuen Maßstäbe, dafür war die Verarbeitung fast überall recht ordentlich. Ausnahme war im Testwagen ein ziemlich welliger Dachhimmel rund um die Einfassung des Schiebedachs. Das ist übrigens kein festes Glasdach, sondern lässt sich öffnen – gut so. Leider ist es nur für die teuerste Ausstattungslinie zu haben.

Das Infotainmentsystem ist hier so verschachtelt wie bei anderen Modellen auf dieser Basis. Das bekommen einige Konkurrenten intuitiver hin. Im C4 wird die Bedienung gegenüber anderen Konzern-Ablegern auf dieser Plattform noch dadurch verschärft, dass es keine Tasten für grundlegende Menüpunkte gibt. Man kann das alles fraglos schon so machen, muss dann aber dafür in Kauf nehmen, dass nicht jeder ein derart knopfarmes Armaturenbrett im täglichen Umgang als Fortschritt empfinden wird. Zumal die Sprachsteuerung zwar besser geworden ist, mit dem, was Mercedes oder auch BMW für sehr viel mehr Geld in diesem Bereich zeigen, aber nicht mithalten kann.

Mit 4,36 Metern ist der C4 rund 10 cm länger als ein VW ID.3 (Test). Das Platzangebot ist insgesamt nicht ganz so gut wie dort, doch vier nicht allzu große Menschen reisen bequem. Nur die Kopffreiheit hinten ist ziemlich begrenzt. Die Verstellung der Lenkradsäule in der Längsrichtung könnte eine etwas größere Distanz überbrücken. Der Kofferraum fasst 380 Liter, wer die Rückbank umklappt, kann 1250 Liter einladen.

Der ë-C4 steht zusammen mit den konventionell angetriebenen C4-Modellen ab Januar 2021 bei den Händlern. Das Basismodell "Feel" des elektrischen C4 wird dann 34.460 Euro kosten, von denen die aktuellen Subventionen in Höhe von insgesamt 9570 Euro noch abgezogen werden können. Die umfangreicher ausgestatteten "Feel Pack" und "Shine" sollen 35.940 und 37.340 Euro kosten. Schon in der Grundausstattung des E-Autos sind eine Zweizonen-Klimaautomatik, LED-Scheinwerfer, 18-Zoll-Alufelgen und ein Infotainmentsystem mit Android Auto und Apple Carplay inklusive.

Die Verbrenner, alle 96 kW kräftig, sind im Detail minimal schlechter ausgestattet. Der Benziner mit Automatik soll laut Preisliste 25.940 Euro kosten, der Diesel, den es nur mit Automatik gibt, ist erst ab "Feel Pack" zu haben und steht mit 29.840 Euro in der Liste. Ein Zuschlag von mehr als 2000 Euro gegenüber dem vergleichbaren Benziner erscheint mutig in diesen Zeiten und deutet gleichzeitig darauf hin, dass PSA selbst eher nicht mit hohen Stückzahlen beim Selbstzünder rechnet. Doch auch für den Benziner ist die Ausgangslage nicht ganz einfach. Denn im täglichen Umgang ist der Dank Subventionen günstigere ë-C4 das angenehmer motorisierte C4-Modell. Wer sich für einen der Verbrenner interessiert, darf vermutlich mit ordentlichen Nachlässen rechnen.

Bleibt die Frage, welche Chancen der ë-C4 im Markt haben könnte. Das wird sich zeigen, doch einen ersten Hinweis gibt es bereits: Der ähnlich teure Opel Mokka-e erfreut sich einer derart regen Nachfrage, dass Kunden reichlich Geduld aufbringen müssen, bis sie ihren Neuwagen starten können. Einige Quellen berichten, dass die Jahresproduktion 2021 bereits ausverkauft ist. Sollte das eigenwillige Design des C4 wider meines Erwartens mehrheitsfähig sein, könnte PSA den nächsten Verkaufsschlager im Sortiment haben.

(mfz)