Fahrbericht: Mercedes GLA 220d 4Matic

Die zweite Generation des GLA zeigt im ersten Fahrbericht den Fortschritt gegenüber dem sehr erfolgreichen Vorgänger.

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Test Mercedes GLA

(Bild: Mercedes)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff
Inhaltsverzeichnis

Sie haben sich wirklich Mühe gegeben bei Daimler. Schon der bisherige GLA konnte im Gelände erstaunlich viel. Die erste Proberunde im damals noch getarnten, zweiten GLA über ein Parcours sollte zeigen, dass der Konzern in dieser Hinsicht nicht abrüsten will, wenngleich man sich bei Mercedes natürlich darüber bewusst ist, dass kaum ein Kunde diese Fähigkeiten je nutzen wird. Dennoch: „Wir wollten ihm mitgeben, dass er im Gelände wirklich etwas kann“, erläutert Jochen Eck, Baureihenleiter der Daimler-Frontantriebsplattform. Eine erste Ausfahrt zeigt, dass das nicht zulasten der onroad-Eigenschaften ging.

Mit 4,41 Metern ist der zweite GLA minimal kürzer als sein direkter Vorgänger und ähnlich lang wie beispielsweise BMW X1 oder Skoda Karoq (Test). Die Platzverhältnisse sind durch den auf 2,73 m gewachsenen Radstand minimal besser als zuvor. Es gibt etwas mehr Beinfreiheit als in der ähnlich langen Mercedes A-Klasse, gewaltig sind die Unterschiede aber nicht. Etwas mehr bieten Mercedes GLB und B-Klasse. Neu im GLA ist eine um 14 cm verschiebbare Rückbank, die allerdings 428 Euro Aufpreis kostet. Eine Sitzheizung gibt es für die hintere Reihe jedoch ebenso wenig wie eine eigene Zone der Klimaautomatik. Beides ist auf dieser Plattform nicht vorgesehen.

Das Armaturenbrett ist aus den anderen Modellen auf dieser Basis bekannt. Die Verarbeitung ist ordentlich, die Materialauswahl im Detail weniger hochwertig als in einer C-Klasse. Ersichtlich wird das beispielsweise bei den Lenksäulenhebeln, die im GLA regelrecht spillerig wirken. Unser Testwagen war üppig ausstaffiert, und einige Zutaten haben monetär in sich: Das große - und sehr gute - Infotainmentsystem kostet 3500 Euro Aufpreis, im Verbund mit dem empfehlenswerten Business-Paket sind es immer noch gut 2000 Euro. Doch ohne die große Ausbaustufe bleiben riesige, schwarze Ränder um kümmerliche Sieben-Zoll-Displays. Das wirkt dann so, als wolle Mercedes zahlungsunwillige Kunden jeden Tag die Sparsamkeit vor Augen führen. Dabei ist ein GLA schon ohne diese Extras nicht günstig, sondern einfach nur etwas weniger teuer.

Für den von uns bewegten GLA 220d 4Matic ruft Daimler 44.125 Euro auf, 2213 Euro davon entfallen auf den Allradantrieb. Serienmäßig sind Halogenscheinwerfer, Einzonen-Klimaautomatik, Lederlenkrad und Tempomat. Schon für Kleinigkeiten wie Sitzheizung, Digitalradio (DAB+) oder eine kleine Spule zum kabellosen Handyladen zahlt der GLA-Käufer drauf. Da liegt es nahe, beim Motor zu sparen – zwischen einem GLA 220d 4Matic mit 190 PS und einem GLA 200d mit Frontantrieb und 150 PS liegen schließlich immerhin 5343 Euro, für die sich in der Preisliste allerlei finden ließe.

Der kräftige Diesel passt jedoch gut zum GLA, wenngleich er gerade beim Kaltstart kein Ohrenschmeichler ist. In den größeren Modellen ist der intern OM654 genannte Selbstzünder aufwendiger gedämmt, doch auch im GLA ist nach ein paar Minuten nicht viel von ihm zu hören. Er ist kraftvoll und vehement im Anzug. Nach einem kleinen, aber spürbaren Turboloch liegt das maximale Drehmoment von 400 Nm bereits bei 1600 Touren an. Auf Tempo 100 schafft er es in 7,3 Sekunden, maximal sollen 219 km/h möglich sein. Bis Tempo 150 hat er immer genügend Kraft für einen flotten Zwischenspurt, darüber wird es zäher. Gut abgestimmt ist das achtstufige Doppelkupplungsgetriebe, das die Gänge angenehm unauffällig wechselt.

Fahrbericht Mercedes GLA 220d 4Matic (18 Bilder)

Bilder des zweiten GLA, die das SUV fernab des Einsatzprofils ...

Mercedes verspricht im WLTP 5,7 Liter, BMW nennt für den vergleichbaren X2 20d xDrive (Test) 5,6 bis 6,2 Liter, VW für den Tiguan 2.0 TDI SCR 4MOTION 140 kW 7-Gang-DSG 6,5 Liter. Alle Mercedes GLA erfüllen die Abgasnorm Euro 6d ISC-FCM, die ab Januar 2021 in der EU für alle Neuwagen Pflicht wird. Mercedes handelt in diesem Punkt also anders als andere Hersteller, die selbst Neuvorstellungen des Jahres 2020 bis zum Sommer mit der Abgasnorm Euro 6d-Temp ausliefern. Als Alternative zum alleinigen Verbrennen von Benzin oder Diesel ist ein Plug-in-Hybrid eingeplant. Diesen Antriebsstrang hatten wie im Februar als Mercedes B 250e hier in der Redaktion: Ein angenehmer Verbund, wenngleich nicht herausragend sparsam.

Die serienmäßige Fahrwerksabstimmung des GLA 220d 4matic ist ziemlich straff. Wer mehr Komfort liebt oder variabel unterwegs sein will, dem seien die Verstelldämpfung empfohlen, bei dem sich die Dämpfer ähnlich wie Lenkung, Motorelektronik und Getriebesteuerung am angewählten Fahrprogramm orientieren. Die Spreizung zwischen den Programmen Sport und Comfort spürbar größer geworden ist, der Aufpreis mit 1180 Euro weniger teuer als bisher. Die Lenkung arbeitet sehr leichtgängig, ist aber präzise.

Der neue Mercedes GLA ist komfortabler und etwas geräumiger als sein Vorgänger, den er insbesondere im Bereich Infotainment alt aussehen lässt – sofern der Kunde dafür kräftig zahlt. Der starke Selbstzünder passt gut zum Kompakt-SUV, doch für den gewaltigen Zuschlag der Bausteine „großer Diesel“ und „Allradantrieb“ in der langen Preisliste allerlei reizvolle Alternativen finden lassen. Vor die Wahl gestellt, würden wir es beim 150-PS-Diesel belassen und das Geld in die Ausstattung stecken.

Wer keinen Wert auf einen modischen Auftritt legt, könnte auch bei der größeren und etwas weniger teuren B-Klasse landen. Sie kommt im Gelände möglicherweise früher an Grenzen. Da die Einsatzprofile von GLA und B-Klasse vermutlich meistens deckungsgleich sein werden, dürfte das nüchtern betrachtet kaum eine Rolle spielen. Mercedes hat nur das Glück, vielfach nicht nüchtern gesehen zu werden – und kann so eine kleinere Hülle zu einem höheren Preis am Markt platzieren.

(mfz)