Fahrbericht Mercedes GLC 400e: Plug-in-Hybrid für alle, die nicht sparen müssen

Mercedes bietet den GLC künftig auch mit drei Plug-in-Hybriden an. Das SUV ist im Antriebsbereich teilweise ungewöhnlich dimensioniert. Eine erste Ausfahrt.

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Mercedes GLC 2022

(Bild: press-inform)

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Mercedes hat vorgesorgt für die Zeit, in der der Kauf eines Plug-in-Hybriden nicht mehr steuerlich großzügig subventioniert wird. Für eine Zeit also, in der sich dieser Antrieb wieder selbst auf dem Markt behaupten muss. Die Batterie ist mit 31,2 kWh vergleichsweise groß, zudem lässt sie sich optional mit bis zu 60 kW an einer DC-Säule aufladen. Das sind gute Zutaten für eine möglichst bequeme elektrische Nutzung im Alltag. Eine erste Ausfahrt mit dem Topmodell GLC 400e.

Alle drei PHEV-Antriebsstränge sind aus der C-Klasse bereits bekannt. Der Kunde hat beim Plug-in-Hybriden auf der Verbrennerseite die Wahl zwischen einem Diesel und zwei Benzinern. Der E-Motor ist mit 100 kW und 440 Nm stets identisch, die Systemleistung wird über die Verbrenner skaliert. Im Falle des Testwagens steuert der Zweiliter-Vierzylinder-Benziner 185 kW bei, die gemeinsame Leistung ist hier tatsächlich fast die Summe beider Antriebe. Der Fahrer kann auf bis zu 280 kW und 650 Nm zurückgreifen, was trotz eines Leergewichts von 2355 kg für lebhafte Fahrleistungen ausreicht. Das Werk nennt 5,6 Sekunden für den Sprint auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit soll bei 237 km/h liegen.

Im Alltag steht somit mehr Kraft zur Verfügung, als sich in den allermeisten Fällen nutzen lässt. Der GLC 400e ist überaus souverän motorisiert. Hinter der dicken Dämmung verschwindet ein Großteil der Antriebsgeräusche. Mercedes ist es gelungen, auch in dieser Hinsicht den Wechsel vom reinen Elektrobetrieb zum Hybrid-Modus zu kaschieren. Mit 100 kW, die im elektrischen Modus jederzeit spontan abgerufen werden können, ist der Fahrer bereits gut bedient. Im Zusammenspiel mit dem Verbrenner geht es auch oberhalb der Richtgeschwindigkeit zügig voran.

Mercedes GLC 2022 (5 Bilder)

Keine Frage: Der Mercedes GLC ...

Im täglichen Umgang gefällt aber vielmehr, mit welchem Tempo sich das Laden vollzieht. Schon an der AC-Säule sind beim Wocheneinkauf nebenbei einige Kilometer E-Reichweite eingesammelt. Serienmäßig ist ein dreiphasiges Ladegerät mit 11 kW. Wer die Kosten an der DC-Säule nicht scheut, braucht kaum mehr als 30 Minuten, um eine leere Batterie komplett zu füllen. Das sind für Fahrer von Elektroautos keine sensationellen Werte, verglichen mit der PHEV-Konkurrenz ist das geradezu rasant.

Mercedes nennt 0,6 bis 0,8 Liter im WLTP, doch damit sollte keiner rechnen. Entscheidend für den Realverbrauch ist, wie fleißig nachgeladen wird. Wer das unterlässt, muss in der Praxis mit Werten ab 8 Litern aufwärts rechnen. Rein elektrisch betrieben sind inklusive Ladeverlusten über das gesamte Jahr mindestens 30 kWh/100 km einzuplanen. Wer also auf einen niedrigen Primärenergiebedarf setzt, sitzt nicht nur vom Format her im falschen Auto. Die Rechnung dürfte finanziell vor allem dann aufgehen, wenn man mindestens einen Energieträger kostengünstig beziehen kann – beispielsweise von der eigenen Solaranlage oder einer Ladekarte, deren Abrechnung der Chef übernimmt.

Erstaunlich weit kommt der GLC abseits befestigter Straßen, was vermutlich kaum ein Eigner je bis an die Grenzen ausloten wird. Die setzen vor allem die Reifen, denn maximaler Grip und die Tauglichkeit für schnelle Autobahnetappen stehen sich nun mal diametral gegenüber. Ein interessantes Extra ist die "transparente Motorhaube". Kameras unter dem Auto liefern ein Bild auf den Monitor in der Mitte des Armaturenbretts, was im Gelände durchaus hilfreich sein kann.

Mercedes GLC 2022 (7 Bilder)

Gegen Aufpreis bietet Mercedes allerlei ...

Der Fahrkomfort ist exzellent, insbesondere mit der optionalen Luftfederung. Sie filtert sorgsam, ohne dabei komplett zu entkoppeln. Übrig bleibt ein angenehmes Maß an Rückmeldung. Die Sitze dürften bei kaum jemanden Rückschmerzen verursachen. Sie sind ausreichend straff, vor allem aber für Groß und Klein vorbildlich weit einzustellen. Das Platzangebot ist vorn wie hinten großzügig. Der Kofferraum fasst zwischen 470 Liter und damit 150 Liter weniger als in dem konventionell angetriebenen GLC. Wie schon in der C-Klasse fallen auch im GLC-Interieur zum Teil bemerkenswerte schlichte Materialien auf. Tiefpunkt sind die hinteren Verkleidungen der Kopfstützen, deren Anmutung nur marginal über einem Abflussrohr liegt.

Die hintere Verkleidung der Kopfstütze wirkt geradezu erstaunlich schlicht. Angesichts der Preise, die Mercedes aufruft, ist das eine tapfere Ansage.

Das lässt sich nur schwerlich mit dem in Einklang bringen, was Mercedes als Wunschvorstellung in die Preislisten diktiert. Zum Redaktionsschluss gab es noch keine Preise für die Plug-in-Hybride, doch der Zuschlag dürfte ähnlich wie bei der C-Klasse ausfallen. Dort liegen zwischen einem C 200 4Matic und einem C 400e 4Matic rund 15.000 Euro. Sollte sich das beim GLC fortsetzen, käme der von uns gefahrene GLC 400e auf 72.000 Euro – ohne jegliche Sonderausstattung, versteht sich. Für einen GLC 300e wären, bei geringerer Serienausstattung, rund 63.000 Euro einzuplanen. Die gute Nachricht: Wer das SUV ohnehin hauptsächlich elektrisch fahren will, kann sich das Aufgeld sparen. Denn im E-Modus trennt die beiden PHEV nichts, was die zu erwartenden Preise nochmals mutiger erscheinen lässt.

(mfz)