Ford S-Max FHEV im Fahrbericht: Hybrid-Van ohne Zielgruppe

Der Hybrid ist neu im Ford S-Max, und er macht seine Sache gar nicht schlecht. Kaufen wird ihn trotzdem kaum einer. Ein Fahrbericht

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Ford S-Max Hybrid

Ford bewarb den S-Max einst mit dem Attribut sportlich. In der aktuellen Fassung ist der Van komfortabel abgestimmt.

(Bild: Ford)

Lesezeit: 7 Min.
Inhaltsverzeichnis

Keine Frage, das Van-Segment ist in der Zulassungsstatistik nur noch ein Schatten seiner glanzvollen Vergangenheit. Die meisten Hersteller haben sich schon verabschiedet, die wenigen, die das Feld noch bearbeiten, werden dies vermutlich nicht mehr lange tun. Pragmatiker werden das bedauern, zumal an ihre Stelle in der Gunst der Kunden SUVs gerückt sind – nicht gerade das Format, das diese Klientel begeistern wird. Ford hat mit Galaxy und S-Max sogar noch zwei große Vans im Angebot, die nun auch mit einem Hybridantrieb zu haben sind. Eine erste Ausfahrt mit dem Ford S-Max Hybrid sollte klären, ob die neue Kombination eine gute Wahl ist.

Ford ist mit der Elektrifizierung von Antrieben vergleichsweise spät dran. Im Flottenverbrauch muss etwas passieren, denn die Strafen bei Nichteinhaltung spielen in einer Größenordnung, die auch große Hersteller nicht einfach achselzuckend hinnehmen. Der Hybridantrieb in den beiden Vans wird Ford aber in keinem Punkt wesentlich weiterbringen. Der Verbrauch im WLTP liegt deutlich über den beiden verbliebenen Dieselmotoren.

Erschwerend kommt hinzu, dass Ford wie schon im Mondeo (Test) auf ein altes Toyota-Patent zurückgreift. Es handelt sich um einen leistungsverzweigten Hybridantrieb. Technisch ist das eine spannende, kluge Ausführung. Doch das Prinzip wird nicht subventioniert, es gibt also keinerlei Zuschüsse vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Anders als bei Plug-in-Hybriden, die damit überreichlich versehen werden und sich auch deshalb einer so großen Nachfrage erfreuen, gehen die beiden Hybrid-Vans von Ford komplett leer aus.

Hybridantriebe im Pkw

Das ist ungerecht, denn Toyota hat schon unter Beweis gestellt, wie sparsam ein Auto damit in der Praxis sein kann. Im Corolla kamen wir über Land auf unter 4 Liter/100 km. Davon ist der S-Max Hybrid natürlich weit entfernt. Im WLTP ist er mit 6,4 Litern angegeben. Im Alltag lässt sich mit weniger als 7 Litern auskommen, sofern man das Prinzip verstanden hat und nicht dagegen anfährt.

Ford kombiniert im Grunde vier Bausteine: Verbrennungsmotor, E-Motor, stufenloses Getriebe (CVT) und eine kleine Batterie. Der 110 kW leistende Vierzylinder-Benziner ist mit 2,5 Litern Hubraum ungewöhnlich groß dimensioniert. Er hat keine Aufladung und arbeitet im Atkinson-Zyklus. Die Einlassventile schließen dabei später als gewöhnlich, was den Wirkungsgrad erhöht, gleichzeitig aber das Drehmoment im unteren Drehzahlbereich beschneidet.

Ford S-Max Hybrid (10 Bilder)

Inzwischen selten: Vans wie der Ford S-Max sind kaum noch gefragt, viele Konkurrenten hat er nicht mehr.

Um diesen Mangel an Drehkraft auszugleichen, bietet sich der Elektromotor geradezu ideal an. In diesem Antriebsstrang leistet er maximal 98 kW, die Dauerleistung benennt Ford mit 30 kW. Verbrenner und E-Maschine erreichen zusammen ein maximales Drehmoment von 200 Nm bei 4500/min. Der E-Motor ist gewissermaßen Bestandteil des stufenlosen Getriebes. Damit können die Anteile, die Verbrenner und Stromer zuliefern, in gewissen Grenzen frei skaliert werden. Die Last kann so verschoben werden, dass die Motoren möglichst häufig im Bereich ihres besten Wirkungsgrades arbeiten können. Wie gut das funktioniert, demonstriert Toyota seit Jahrzehnten mit beeindruckenden Praxisverbräuchen.

Für die sogenannte Lastpunktverschiebung muss die Batterie nicht besonders groß sein. Hier beträgt der Energiegehalt gerade einmal 1,1 kWh. Liegt die Lastanforderung des Benziners leicht unterhalb des idealen Wirkungsgrades, wird diese etwas angehoben und die Batterie aufgeladen – und umgedreht. Eine rein elektrische Fortbewegung ist nicht das Ziel, allerdings auf einer extrem kurzen Strecke unter bestimmten Bedingungen trotzdem durchaus möglich.

Trotz einer Systemleistung von immerhin 140 kW ist der Antrieb vor allem dann in seinem Element, wenn es vergleichsweise langsam und wechselhaft zugeht. Dann ergänzen sich die beiden Motoren leise, unauffällig und im Sinne einer hohen Effizienz. Ebenso klar ist aber auch: Wer ständig hohes Tempo anstrebt – womöglich auch noch über große Distanzen – schubst das System aus dem Profil, für das es geschaffen wurde. Soll der S-Max also vor allem auf der Autobahn eingesetzt werden, ist einer der beiden Diesel vermutlich die geschicktere Wahl. Ford verspricht 9,8 Sekunden im Sprint auf Tempo 100, maximal sollen 182 km/h möglich sein. Mit einem Leergewicht von 1,9 Tonnen ist der S-Max mit Hybridantrieb übrigens so schwer wie die Diesel-Modelle.

Solange also nicht gerade Fahrdynamik im Vordergrund steht, ist der Hybridantrieb im Van auf den ersten Blick durchaus keine schlechte Wahl. Schließlich ist genau dieses Attribut in einem Auto dieses Formats nun wirklich nebensächlich. Die Motoren-Kombination treibt den S-Max nicht sonderlich engagiert, im Grunde aber ausreichend flott voran. Auch der Geräuschkomfort gefällt, zumal Ford versucht hat, dem Gummiband-Gefühl – Beschleunigen bei konstant hoher Drehzahl – mit künstlich gesetzten Schaltpunkten entgegenzuwirken.

Auf der anderen Seite spricht trotz dieser Qualitäten nicht viel dafür, dass der Hybridantrieb in S-Max und Galaxy ein Renner wird. Die Kraftstoffkosten sind höher als bei den Dieselmotoren. Der Selbstzünder mit 140 kW bietet mehr Reserven und Durchzugskraft, der schwächere mit 110 kW unterbietet ihn beim Kaufpreis selbst mit der Achtgang-Automatik um 2000 Euro. In Verbindung mit einem Schaltgetriebe sind es nochmals 2500 Euro weniger.


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Käufer, die einen kräftigen Antrieb in einem der beiden Vans suchen, werden sich mehrheitlich wohl eher den starken Diesel aussuchen, der mit 42.100 Euro keinen Cent mehr kostet als der neue Hybrid. Wer mit spitzem Stift rechnet, greift zum absolut ausreichend flotten 110-kW-Diesel und schaltet selbst. Der an sich durchaus sympathische Hybridantrieb dagegen soll eine Nische füllen, die es nicht im Prinzip nicht gibt. Zielgruppe sind die paar verbliebenen Van-Interessenten, die noch dazu bereit sein sollen, für schlechtere Fahrleistungen bei höheren Kraftstoffkosten den gleichen Kaufpreis zu entrichten. Waidmannsheil an alle, die das argumentativ vor Ort an Frau und Mann bringen sollen.

Deren Aufgabe wird nicht unbedingt dadurch erleichtert, dass den Vans anzumerken ist, dass sie schon einige Jahre im Handel sind. Deutlich wird das am mittlerweile veralteten Infotainmentsystem. Die Sprachsteuerung hinkt hinter dem, was andere Hersteller inzwischen anbieten, arg zurück. Das Tempo der Routenberechnung ist eher beschaulich, die Auflösung des Bildschirms grob. Daran wird sich auch nichts mehr ändern, Ford steckt in diese Baureihe kein Geld mehr rein.

Die Vorzüge blieben des Konzepts bleiben aber auch: Das Fahrwerk ist geschickt abgestimmt und komfortabel. Die Verarbeitung ist passabel, die Sitze bequem. An das Platzangebot, das der S-Max auf knapp 4,8 Metern unterbringt, reicht kaum ein vergleichbarer Pkw heran. Wer mag, kann ihn auch mit sieben Sitzen ordern. Einige gute Gründe also, dass beschlossene Van-Ende gerade in diesem Fall zu bedauern, und das ganz unabhängig vom Hybridantrieb, der in diesem Format ein Exot ist und bleiben wird.

(mfz)