Plug-in-Hybrid Kia Sportage im Test: SUV mit ordentlicher E-Reichweite

Der Kia Sportage ist ein zeitgemäßes, geräumiges und angenehm fahrendes SUV mit wenigen Schwächen, das wie die meisten Konkurrenten beim Verbrauch enttäuscht.

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Kia Sportage PHEV

(Bild: Florian Pillau)

Lesezeit: 10 Min.
Inhaltsverzeichnis

Es gibt unterschiedliche Arten, auf sich aufmerksam zu machen, und Kia hat sich beim Sportage eine besonders eindrückliche überlegt. Ähnlich einem Lastwagen piepst das SUV beim Rückwärtsfahren so laut, dass sich nicht nur Leute umdrehen, sondern mitunter auch fragen, ob der Fahrer nicht ohne dieses aufdringliche Geräusch einparken kann. Nein, kann er nicht, denn seit diesem Modelljahr ist die Park-Beschallung im Sportage nicht mehr abschaltbar.

Das normale, vorgeschriebene Geräusch beim Vorwärtsfahren ist dagegen leise und dezent. Solche Kleinigkeiten fallen auf in einem Auto, in dem das Bemühen des Herstellers deutlich sichtbar ist, grobe Schnitzer zu vermeiden. Ein Test des Sportage PHEV zeigt, dass Kia diesbezüglich ziemlich erfolgreich war. Etwas Luft nach oben haben sich die Koreaner in einigen Bereichen aber noch gelassen.

Dazu gehören die Assistenten. So bremst der Sportage hin und wieder, wenn ein Auto am Straßenrand geparkt ist, selbst wenn die Spur vor ihm frei ist. Nicht ganz so dramatisch wie in einigen Skoda-Modellen erlebt ist die Macke, nach ein paar Hundert Metern Geradeausfahrt den Fahrer aufzufordern, die Hände ans Lenkrad zu nehmen – obwohl diese das Steuer nicht losgelassen haben.

Das nervt auch deshalb, weil dieser Helfer nicht nur nach jedem Start wieder an ist, und sich nach dem Deaktivieren unterwegs manchmal von allein wieder einmischt. Vergleichsweise gut funktioniert die Erkennung von Verkehrsschildern, nur selten lässt sich die Anzeige verwirren. Gelungen ist auch die Einparkhilfe, die mit ihren zahlreichen Kameraperspektiven gerade in engen Parkplätzen das Rangieren enorm erleichtert.

In dieses Bild passt auch die Unterhaltungselektronik, von der sich manch ein Hersteller die intuitive Bedienung abschauen dürfte. Das System ragt weder bei Funktionsvielfalt noch Arbeitstempo heraus. Doch es kann fast alles, was man im Alltag wirklich braucht und ist mit seiner flachen Menüstruktur vergleichsweise einfach zu handhaben. Die Kartendarstellung wirkt liebevoller gezeichnet als in jedem BMW. Wenn Kia nun noch Android Auto und Apple CarPlay kabellos ermöglicht und eine Sprachsteuerung installiert, die öfter versteht, was man ihr zuruft, gibt es kaum noch etwas zu mäkeln.

Kia Sportage PHEV (6 Bilder)

Was einst vor unsanften Einparkern schützte, ist auch bei Kia längst Geschichte. Glänzender Kunststoff erfreut im Schadensfall Werkstätten und Smartrepair-Unternehmen. Hinten ist der Sportage eher konventionell gezeichnet, vorn ...
(Bild: Florian Pillau)

Auch Kia ist bemüht, möglichst wenig sichtbare Tasten am Armaturenbrett zu verteilen. Das Ergebnis ist zwangsläufig ein Kompromiss zwischen Optik und Funktion. Lösen soll das unter anderem eine Leiste mit umschaltbarer Funktionalität. Der linke Drehregler ist mal für die Temperatur, mal für die Lautstärke zuständig. Der Fahrer muss also hinschauen, welche Ebene gerade aktiv ist. Wohltuend ist dagegen, dass Kia auf Touchflächen am Lenkrad verzichtet und die Zahl der Tasten dort auf ein sinnvolles Maß beschränkt. Insgesamt erschließt sich die Bedienung weitgehend von selbst, und das ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Kia hat sich bemüht, ein Auto ohne Schrullen zu bauen, und war in dieser Hinsicht auch erfolgreich. Der aufmerksame Fahrer merkt das auch an Kleinigkeiten wie der ebenso wirksamen wie leisen Sitzkühlung. Im Gegensatz zum neuen Opel Astra ist sie im Sportage kaum zu hören.

Leider sind die Sitze auf langen Strecken nur durchschnittlich bequem, was auch daran liegt, dass die Lordosenstütze lediglich horizontal variabel ist. Das Platzangebot ist erwartungsgemäß großzügig geschnitten und in etwa mit dem zu vergleichen, was ein VW Tiguan auch zu bieten hat. Mit 540 Litern ist der Kofferraum des Sportage allerdings ein ordentliches Stück größer als im VW Tiguan e-Hybrid (Test). Auf der Wunschliste an Kia: Eine verschiebbare Rückbank fehlt ebenso wie die Option auf Matrix-Licht und Head-up-Display. Auch bei der Dämmung darf Kia gern noch nachlegen. Der Sportage ist zwar kein lautes Auto, doch es gibt in dieser Klasse Konkurrenten, die gerade auf der Autobahn leiser sind.

Dort erweist sich der von uns für diesen Test gewählte Plug-in-Hybrid als durchaus kräftige Antriebsquelle, wenngleich auch dieser PHEV die Erwartungen, die eine Systemleistung von 195 kW hier und da erwecken mag, nicht erfüllen kann. Sowohl bei den Werksangaben wie auch subjektiv bleibt der Kia etwas hinter dem Tiguan e-Hybrid zurück. Die Stellantis-PHEV-Modelle mit 220 kW Systemleistung fühlen sich deutlich dynamischer an. Um Missverständnissen vorzubeugen: Selbstverständlich ist der Sportage alles andere als langsam, bei Bedarf beschleunigt er weit mehr als nur ausreichend flott. Dazu dröhnt der Benziner nicht ganz so angestrengt wie der im Mercedes-PHEV mit dem 1,3-Liter-Motor, wie er beispielsweise im GLA eingebaut wird.

Bei den meisten, die sich einen Plug-in-Hybriden zulegen, dürften die möglichen Fahrleistungen aber nachrangig sein. Deshalb haben wir die 14 Tage im Sportage genutzt, um verschiedene Szenarien durchzuspielen und so ein umfassendes Bild vom Verbrauch zu bekommen. Wer ihn so nutzt, wie es PHEV-Fahrern gern mal unterstellt wird, also ohne externe Aufladung, muss bei geruhsamer Fahrweise mit rund 5,8 Litern/100 km aufwärts rechnen. Weniger war es im Test nie. Auf der Autobahn mit selbstgewähltem Tempolimit von 130 km/h waren es rund 1,5 Liter mehr, maximal sind wir auf 10 Liter gekommen.

Kia baut keine Stromverbrauchsanzeige ein, doch wir messen in unseren Tests ohnehin immer ab dem Stromzähler. Schließlich ist dieser Wert inklusive Ladeverlusten das, was der Fahrer schlussendlich auch bezahlen muss. Während des Tests herrschten Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad, also ziemlich ideale Bedingungen für einen geringen Stromverbrauch. Über das ganze Jahr gerechnet wird dieser also höher liegen als die folgenden Werte suggerieren. An einer Wallbox luden wir zwischen 13,6 und 14 kWh nach. Die Anzeige im Auto suggerierte einen Rest-Ladestand zwischen 12 und 16 Prozent, bevor der Benziner sich am Vortrieb wieder mit beteiligte.

Kia Sportage PHEV (8 Bilder)

Armaturenbrett ganz im aktuellen Stil von Kia. EV6, Niro, Sportage sehen sich innen ziemlich ähnlich.
(Bild: Florian Pillau)

Die maximale Reichweite lag bei 65 km, also nahe dem, was Kia mit 70 km im WLTP verspricht. Umgerechnet auf die nachgeladene Strommenge bedeutet das einen minimalen Verbrauch von 20,9 bis 21,5 kWh/100 km – nochmals angemerkt: bei idealen Temperaturen. Im Winter wird dieser Wert deutlich höher ausfallen. Klar ist auch, dass es keine Kunst ist, die Batterie wesentlich zügiger zu leeren. Unter den Bedingungen des Testzeitraums habe es ich es hinbekommen, den Speicher innerhalb von 45 km zu entladen. Dann liegt der hochgerechnete Stromverbrauch bei 30,2 bis 31,1 kWh/100 km. Ziemlich sicher wird einigen Fahrern ein noch höherer Konsum gelingen.

Kia macht eine rein elektrische Fahrt etwas schwerer als die Konkurrenz. Denn auch im Elektromodus sprang im Testwagen der Benziner mitunter an, ohne dass die Lastanforderung dies nahegelegt hätte. Im Winter ist eine rein elektrische Fahrt auch im Sportage nur möglich, wenn der Fahrer jegliche Temperierung durch das Auto abstellt. Zwar gibt es auch in diesem Kia ein elektrisches Heizelement, doch das wirkt nur unterstützend. Seine Leistung liegt bei 600 Watt, wie uns Kia auf Nachfrage mitteilte. Selbst für eine Vorklimatisierung im Winter lässt es sich nicht nutzen. Bei der Ermittlung der oben genannten E-Reichweite war die Lüftungsanlage nicht runtergeregelt, sondern tatsächlich abgeschaltet. Für ein Update wünsche ich mir zweierlei: Erstens sollte im E-Modus der Verbrenner tatsächlich aus bleiben, zumindest so lang, bis ich – Wunsch zwei – einen Widerstand im Fahrpedal überwinde, der deutlich signalisiert, dass ich den E-Modus verlasse.

Geladen werden kann einphasig mit 7,2 kW, was gegenüber dem vor einem halben Jahr bewegten Kia Sorento PHEV ein deutlicher Fortschritt ist. Nutzen lässt er sich in der Regel aber nur an öffentlicher Ladeinfrastruktur. An der heimischen 11-kW-Wallbox ist mit dieser Auslegung bei 3,7 kW Schluss, denn sie verteilt ihre Ladeleistung auf drei Phasen.

Kia Sportage PHEV (9 Bilder)

Die Sitze sind leider nur durchschnittlich bequem. Kia könnte das verbessern, wenn sie ...
(Bild: Florian Pillau)

Der Sportage Plug-in-Hybrid ist immer ein Allradler. Kia verspricht mit gleich drei von insgesamt fünf Fahrmodi gewisse Fähigkeiten für Fahrten abseits befestigter Wege. Wirklich brauchen wird die vermutlich kaum ein Sportage-Steuermann. Abseits der Fahrmodi kann der Antrieb in drei weiteren Betriebsarten genutzt werden: "EV" verspricht die rein elektrische Fahrt, "Hybrid" hält den Ladestand bei ca. 90 Prozent, "Auto" überlässt der KI, wann in welchem Umfang Benziner und E-Motor aktiviert werden.

Kia bietet den Sportage PHEV derzeit in drei Ausstattungslinien an, und wie üblich ist schon das Basismodell (ab 45.290 Euro) üppig ausstaffiert. Leider auch typisch ist, dass sich die Grundausstattung kaum erweitern lässt. Wer mehr will, muss zu einer anderen Linie und dann erhältlichen Paketen greifen. Viel mehr als 55.000 Euro werden es auch dann nicht, wenn alles geordert wird, was ab Werk zu haben ist. Mit den aktuell noch gültigen Subventionen kostet der Plug-in-Hybrid etwas weniger als der Vollhybrid mit 169 kW. Die Option, elektrisch fahren zu können, gibt es also gewissermaßen ohne Aufpreis – der steuerfinanzierten Kaufprämie sei Dank. Hinzu kommen weitere finanzielle Vorteile, wenn der Sportage privat als Dienstwagen genutzt wird.

Kia Sportage PHEV (3 Bilder)

Der Kia Sportage PHEV kann einphasig mit bis zu 7,2 kW laden. Mit einer Wallbox daheim dürfte meist bei 3,7 kW Schluss sein.
(Bild: Florian Pillau)

Der Kia Sportage leistet sich nur wenige Schwächen, zu denen ausgerechnet aber sein Antrieb gehört. Dass er nicht herausragend dynamisch oder leise ist, sei ihm dabei verziehen. Doch der Verbrauch insgesamt sollte niedriger sein, und das er im E-Modus nicht bedingungslos elektrisch fährt, ist mehr als nur ein lästiger Bug.

Abseits davon fährt das SUV angenehm und ohne größere Nervfaktoren. Es bietet ausreichend Platz, ist ordentlich verarbeitet und ohne viel Einarbeitung zu bedienen. Das gilt selbst für die Unterhaltungselektronik, was nun wahrlich nicht mehr selbstverständlich ist. All das kann der Kunde auch erwarten, denn Kia übertreibt es zwar bei den Preisen nicht, doch nüchtern betrachtet kostet der Sportage eben doch eine ganze Menge Geld. Doch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist insgesamt in Ordnung. So sehr, dass Kia hoffentlich demnächst wieder darauf verzichtet, bei Rückwärtsfahren die ganze Nachbarschaft auf den Sportage hinzuweisen.

Kosten für die Überführung hat Kia übernommen, jene für Fahrenergie die Redaktion.

Hersteller Kia
Modell Sportage PHEV
Motor und Antrieb
Motorart Plug-in-Hybrid, Benziner
Zylinder 4
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 1598
Leistung in kW (PS) 132 (180)
bei U/min 5500
Drehmoment in Nm 265
bei U/min 1500 bis 4500
Leistung in kW E-Motor vorn 67
Drehmoment in Nm E-Motor vorn 304
Leistung in kW E-Motor hinten -
Drehmoment in kW E-Motor hinten -
Systemleistung in kW (PS) 195 (265)
Systemdrehmoment in Nm 350
Antrieb Allrad
Getriebe Automatik
Gänge 6
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1615
Spurweite hinten in mm 1622
Wendekreis 10,92
Reifengröße 235/50 R19
Maße und Gewichte
Länge in mm 4515
Breite in mm 1865
Höhe in mm 1650
Radstand in mm 2680
Kofferraumvolumen in Litern 540
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1905 bis 1997
Zuladung in kg 510
Dachlast in kg 100
Tankinhalt in Litern 42
Batterie in kWh 13,8
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 8,2
Höchstgeschwindigkeit in km/h 191
Verbrauch
Verbrauch WLTP in Litern/100 km 1,1
CO2-Emission WLTP in g/km 26
Ladeleistung an AC in kW 7,2
Ladeleistung an DC in kW -
E-Reichweite WLTP in km 70
E-Reichweite im Test 65
Testverbrauch ohne Aufladung 5,8 bis 10,5
Daten Stand Juli 2022
Modell Kia Sportage PHEV
Ausstattungslinie GT-Line
Preis für diese Ausstattungslinie 51.280
Preis für Basismodell 45.290
Infotainment
USB-Anschluss Serie
Soundsystem 590
Navigationssystem Serie
Verkehrsdaten in Echtzeit Serie
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display -
Android Auto/Apple CarPlay Serie
kabelloses Laden von Handys Serie
Assistenz
Abstandstempomat Serie
Einparksensoren vorn Serie
Einparksensoren hinten Serie
Einparkassistent Serie
Rückfahrkamera Serie
Müdigkeitserkennung Serie
Spurhalteassistent Serie
Matrix-Licht -
Nachtsicht-Assistent -
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe Serie
Alarmanlage -
schlüsselloser Zugang Serie
Fahrwerksoption -
Komfort
Sitzheizung Serie
Sitzbelüftung Serie
Massage -
Ledersitze -
beheizbares Lenkrad Serie
Lederlenkrad Serie
Klimaautomatik Serie
Schiebedach 990
Akustikverglasung Serie
Sonstiges
Metalliclack 620
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand Juni 2022

(mfz)