iX 12/2018
S. 142
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Physikalische Gesetze erkunden

Wechselspiele

Naturgesetze und -phänomene versteht man am besten, wenn man selbst experimentiert. Diverse Apps erlauben das gefahrlose Erforschen physikalischer Gesetze.

Die Physik beschäftigt sich mit Naturphänomenen, deren Gesetzmäßigkeiten sie erklären will. Dazu befasst sie sich mit Fragen der Materie und Energie sowie deren Wechselwirkungen mit Raum und Zeit. Sie unterteilt sich grob in Experimentalphysik und theoretische Physik.

Erstere versucht, über Experimente Gesetzmäßigkeiten zu entdecken und diese mit empirischen Modellen zu beschreiben. Die theoretische Physik soll diese empirischen Modelle mithilfe der Mathematik auf bekannte Theorien zurückführen oder Hypothesen für neue Theorien entwickeln, die wiederum experimentell überprüfbar sind. Neben diesen beiden Hauptbereichen der Physik findet man detailliertere Unterteilungen in Themenbereiche wie Mechanik, Elektro- und Thermodynamik und viele andere.

Studieren oder spielen

Für den Themenkreis Physik gibt es eine Reihe interessanter Apps. Manche eignen sich für Schule und Studium, andere sind im Alltag nützlich oder eher im Umfeld von Spielen angesiedelt. iX 4/2014 hat bereits Apps zum Thema Mathematik vorgestellt. Einige davon – vor allem die wissenschaftlichen Taschenrechner – lassen sich auch durchaus für physikalische Fragestellungen nutzen.

Android-Anwendern bietet „Pocket Physics“ einen guten Einstieg in das Thema. Die App erklärt die grundlegenden physikalischen Konzepte, allerdings nur auf Englisch. Sie unterscheidet Kategorien wie Vektoroperationen, Bewegung, elektromagnetische Felder und viele andere. In den einzelnen Bereichen von Pocket Physics findet man in der Regel eine kurze Erklärung des Themas mit Diagrammen und wichtigen relevanten Formeln.

Pocket Physics ist kostenlos, zeigt aber Werbung am unteren Rand des Bildschirms an. Möchte man diese entfernen, kann man das als In-App-Kauf zum Preis von 1,09 Euro tun. Als Nachschlagewerk erfüllt die App aber auch mit gelegentlicher Werbung ihren Zweck. Vom gleichen Anbieter gibt es mit „Pocket Mathematics“ eine App gleicher Machart zum Thema Mathematik.

iOS-Nutzer finden mit „Physik Formeln“ eine App für ähnliche Zwecke. Im Gegensatz zu Pocket Physics legt sie ihren Fokus auf Formeln und hat als Basis eine physikalische Formelsammlung. Ausführliche Erklärungen bietet Physik Formeln nicht. Dafür ist die App mehrsprachig und deutschsprachige Nutzer finden alle Formeln mit passenden Diagrammen auf Deutsch vor.

Die Inhalte von Physik Formeln sind in die üblichen physikalischen Kategorien unterteilt. Eine Besonderheit sind die Rechner im Werkzeugemenü. Hier kann der Nutzer direkt mit der jeweiligen Formel Berechnungen durchführen, allerdings sind nicht alle Inhalte der Formelsammlung mit Rechnern vertreten. Physik Formeln kostet angemessene 1,09 Euro. Die kostenlose, mit Werbung versehene Version gibt einen guten Einblick in das vorhandene Formel- und Rechnerangebot.

Um verschiedene praktische Aspekte der Physik zu erforschen, bietet es sich an, die Sensoren von Mobilgeräten zu erkunden. Eine gelungene Anwendung für Android ist „Physics Toolbox Sensor Suite“. Die kostenlose App stellt eine Vielzahl von Sensorinformationen bereit und bündelt diese in circa zwanzig einzelnen Experimenten und Messkategorien.

Experimente mit dem Rollercoaster

Heutzutage hat im Prinzip jedes Mobilgerät Beschleunigungs- und Lagesensoren, mit denen sich Messungen für Gravitation, Beschleunigung und Geschwindigkeit einfach und konsistent durchführen lassen. Zudem hat die App einen sogenannten Rollercoaster-Modus, in dem sich eine Kombination dieser Informationen messen lässt.

Neben der Gruppe von Bewegungssensoren unterstützt Physics Toolbox Sensor Suite generell Sensoren für atmosphärischen Druck, Feuchtigkeit und Temperatur. Abhängig von der Hardwareausstattung des Geräts werden die Messoptionen für diese Werte allerdings nicht alle angeboten. Darüber hinaus kann man Kompass- und GPS-Daten auswerten sowie verschiedene Experimente im Audiobereich durchführen.

Die App hat außerdem diverse Generatoren für Töne und Licht. Physics Toolbox Sensor Suite unterstützt verschiedene Maßeinheiten und kann die Sensordaten entweder als Graphen oder in Form einer Digitalanzeige darstellen. Als besonderes Feature kann die App gemessene Daten als .csv-Dateien exportieren. Diese speichert sie entweder lokal auf dem Gerät oder in den üblichen Cloud-Diensten. Das erlaubt das problemlose Weiterverarbeiten mit anderen Werkzeugen wie Excel oder R auf einem Heim-, Schul- oder Universitätscomputer.

Freunden spielerischer Herausforderungen bietet Physics Toolbox Sensor Suite ebenfalls einiges. Der Nutzer muss bestimmte Aufgaben lösen und mit Sensormessungen passende Daten zusammentragen.

Eine Alternative sowohl für iOS als auch für Android ist die von der RWTH Aachen entwickelte „phyphox“. Diese App bietet experimentierfreudigen Anwendern ebenfalls Aufgaben zum Auslesen der Sensordaten und zum Arbeiten mit ihnen. Die ausführlichen Erklärungen der Experimente findet man in einem externen Wiki.

Die Übungen in Physics Toolbox Sensor Suite und phyphox unterscheiden sich in Details voneinander, sodass es sich lohnt, bei Interesse beide Apps zu installieren. Die Android-Version der App lässt sich auch über den Open-Source-App-Store F-Droid installieren, da die App und die von ihr angebotenen Experimente unter der GPL (GNU General Public License) verfügbar sind. Der Quellcode der iOS-Version wurde noch nicht unter der GPL veröffentlicht, die App ist jedoch trotzdem kostenlos.

Ein virtuelles Labor ohne Nutzung von Sensorinformationen stellt die kostenlose Android-App „Physic virtual lab“ dar. Sie simuliert physikalische Vorgänge, die der Nutzer je nach Experiment an diversen Stellen beeinflussen kann. Im Bereich der Optik kann er beispielsweise verschiedene konvexe oder konkave Linsen nutzen und sich deren Lichtbrechungsverhalten mit unterschiedlichen Brennpunkten anschauen. Nicht alle der virtuellen Experimente in Physic virtual lab sind perfekt, aber das ist ein Manko, das man in einer kostenlosen App verschmerzen kann. Am unteren Bildschirmrand erscheint relativ unauffällige Werbung, die sich leider nicht abschalten lässt.

Im spielerischen Umfeld findet sich in den App Stores zudem eine Vielzahl von physikrelevanten Puzzles. Das sind in der Regel Spiele, in denen ein Körper oder mehrere – etwa Kugeln oder Würfel – mithilfe von Konstruktionen im virtuellen Raum an eine vorgegebene Stelle bewegt werden müssen. Dabei unterliegen die Bewegungen physikalischen Gesetzmäßigkeiten wie der Gravitation oder Bewegungen im Raum und auf Ebenen.

Eines der besseren Spiele dieser Art in Googles Play Store ist „Physics Draw Puzzle“. Das Ziel der einzelnen Levels ist es, zwei Kugeln durch Zeichnen einer Linie zusammenzubringen. Die Spielstufen stellen interessante Herausforderungen dar und man benötigt in vielen Fällen einige Versuche, um die gewünschten Bewegungseffekte zu erzielen.

Mit richtigem Schnippeln schnell zum Ziel

Physics Draw Puzzle ist kostenlos und zeigt – ein Wermutstropfen – Werbung an. Der Play Store listet zwar In-App-Käufe auf, allerdings lassen die sich innerhalb der App nicht finden. Daher kann man die Werbung, die regelmäßig im Vollbild zwischen den einzelnen Spielstufen erscheint, nicht durch einen Kauf entfernen.

Nutzer von iOS sollten sich das Spiel „Ultra Sharp“ anschauen. Auch hier geht es um Bewegungen. Der Benutzer bekommt die Aufgabe, geometrische Figuren zu zerschneiden. Die abgeschnittenen Teile verhalten sich dann gemäß den physikalischen Gesetzen der vorgegebenen Welt und fallen oder rutschen über schiefe Ebenen in andere Positionen.

Ziel des Spiels ist es, mit möglichst wenigen Schnitten alle im Spielfeld verteilten Sterne zu erreichen. Wer das mit einem einzigen Schnitt schafft, wird mit der Höchstwertung von drei Kronen belohnt, man kann jedoch auch mehrere Schnitte nutzen. Ultra Sharp ist kostenlos. Die angezeigte Werbung kann man für 3,49 Euro entfernen. Für Fans von Physik-Puzzles sollte das eine Überlegung wert sein. Das Spiel hat über 300 Levels und bietet eine gute Langzeitmotivation, sodass dieser Preis mehr als gerechtfertigt ist. (ka@ix.de)