iX 9/2018
S. 96
Report
Supercomputing
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Cloud-Infrastruktur für High-Performance Computing

Gesteigerte Leistung

Cloud-Computing hat sich mittlerweile in vielen Unternehmensbereichen fest etabliert. Nun entdeckt auch das High-Performance Computing diese Technik für sich.

Neben dem Finanz- und Versicherungssektor kommt High-Performance Computing (HPC) traditionell im Bereich des Computer-aided Engineering (CAE) zum Einsatz. Ingenieure und Konstrukteure führen Berechnungen und Analysen durch, die hohe Anforderungen an einen speziell dafür ausgerichteten Compute-Cluster stellen. Über rechenintensive Methoden wie finite Elemente (FEM) oder Computational Fluid Dynamics (CFD) ermitteln Automobilkonzerne beispielsweise die Aerodynamik ihrer Fahrzeuge oder simulieren Crashtests. Schon 2016 prognostizierte Gartner einen grundlegenden Umbruch der Entwicklungsprozesse, bei dem die Cloud zum zentralen Baustein aller CAE-relevanten Bereiche aufsteigt: Innerhalb von zwei bis fünf Jahren solle das Cloud-basierte CAE demnach sein „Plateau of Productivity“ erreicht haben.

HPC profitiert – richtig umgesetzt – auf vielen Ebenen vom Cloud-Computing. Neben dem hohen Automatisierungsgrad und der Möglichkeit, die Cluster potenziell unbegrenzt zu skalieren, bilden sich unter Umständen Kostenvorteile heraus, denn Workloads lassen sich bedarfsgerecht abbilden und optimieren.

Warum hat es so lange gedauert, bis Cloud- und High-Performance Computing endlich zusammenfinden? Zum Teil liegt das an den unterschiedlichen Lizenzmodellen der eingesetzten Software. Noch nicht alle Engineering-Software-Lizenzen sind auf die Nutzung in der Cloud zugeschnitten. So gibt es etwa regionale Restriktionen oder der Vertrag untersagt den Betrieb in einer virtualisierten Umgebung gänzlich.

Grundsätzlich herrschen im CAE-Umfeld zwei Lizenzmodelle vor: Eine Einzelplatzlizenz ist anhand spezifischer Hardwaremerkmale wie der MAC-Adresse oder der Festplatten-ID an einen bestimmten Rechner gekoppelt und darf nur von diesem aus genutzt werden. Im Gegensatz dazu stehen sogenannte Floating-Lizenzen, die für die Nutzung auf mehreren Rechnern zugelassen sind. Sie werden meist auf einem dedizierten Lizenzserver gehostet und sind von verschiedenen Personen verwendbar – zumindest bis das gesamte Kontingent aufgebraucht ist. Beendet ein Nutzer seine Session, steht diese Lizenz wieder für andere Nutzer zur Verfügung.

Durch das wachsende Interesse an Cloud-basierten HPC-Umgebungen überarbeiten die Softwarehersteller ihre Lizenzen und passen sie den neuen Gegebenheiten besser an. Derzeit etablieren sich beispielsweise volumenbasierte Lizenzen, die so lange gültig sind, bis der darin festgelegte Leistungsumfang aufgebraucht ist. Eine solche Lizenz umfasst ein bestimmtes Kontingent an Credit Points. Dabei entspricht ein Credit Point zum Beispiel einer Berechnungsstunde pro CPU. Während nach traditionellen Abrechnungsmodellen die Jobs sequenziell abgearbeitet werden müssen, erlaubt dieses Lizenzmodell die parallele Berechnung beliebig vieler Jobs. In einer horizontal skalierbaren Cloud-Umgebung ist dies ein Mehrwert.

Neben der Lizenzierung stand das CAE-Umfeld der Cloud wegen der Informationssicherheit und des Datenschutzes verhalten gegenüber. Bei den Entwicklungsdaten handelt es sich um unternehmenskritische Daten. Die Provider verweisen daher häufig auf die Einhaltung gängiger Compliance-Vorgaben und warten mit den entsprechenden Zertifizierungen auf. Nichtsdestotrotz gilt hier das Paradigma der „Shared Responsibility“: Sowohl der Cloud-Provider als auch der Kunde tragen ihren Teil zur Informationssicherheit bei und stehen in der Verantwortung.