iX 11/2019
S. 49
Markt + Trends
Retrospektive

Vor 10 Jahren: Vernetzter Verkehr mit Car-to-X

Von den frühen Pilotprojekten mit vernetzten Autos ist nicht viel übrig geblieben.

2019: Das Auto als Fortbewegungsmittel mutiert zum Kommunikationsmittel im Netz der Datenströme. Berichte über das autonome Fahren füllen die Zeitungen. In der Dauerdiskussion um die Sicherheit der Radfahrer werden Abbiegeassistenten und smarte Ampelphasen gefordert. Doch neu ist das alles nicht, wie ein Blick in die iX 11/2009 zeigt: Unter dem Titel „Sichtweite erhöhen“ berichtete Barbara Lange von verschiedenen Projekten der „Car-to-X-Kommunikation“, die den Verkehr sicherer machen sollen.

Vor 10 Jahren brach Deutschland in die automobile Zukunft auf. Projekte wie simTD (Sichere intelligente Mobi­lität: Testfeld Deutschland) oder EVITA (E-Safety Vehicle In­trusion Protected Applications) zum vernetzten Fahren star­teten. In Hessen wurde im Mobilitätsprogramm „Stau­freies Hessen 2015“ ein Abschnitt am Frankfurter Kreuz mit WLAN ausgerüstet, in Dortmund in der europäischen SafeSpot-­Initiative die erste intelligente Kreuzung eingerichtet, die Fußgänger und Radfahrer per Laserscanner erkennt und abbiegende Autos via WLAN warnt. Alcatel-­Lucent stellte den „LTE Connected Car“ vor, die Deutsche Telekom und Continental zeigten ihr „Autolinq“-­System.

All diese Projekte starteten unter dem Begriff der „Car-to-X-Kommunikation“ und gingen über das bereits bekannte Konzept der Car-to-Car-Kommunika­tion hinaus, bei dem sich Autos gegenseitig informieren, wo etwa ein Stau beginnt. Ein herstellerunabhängiger, offener europäischer Industriestandard sollte nicht nur die Autos, sondern auch Ampeln und Verkehrsschilder vernetzen, die als „Road Side Units“ Informationen liefern oder weiterleiten sollten. Als Basis aller Kommunikation sollte WLAN 802.11p (DSRC) dienen, zusätzlich sollten Informationen über DVBT, Bluetooth oder UMTS laufen können.

Fragt man 10 Jahre später, was aus all den Projekten geworden ist, begibt man sich auf mühsame Spurensuche. Mit Ausnahme des europäischen Notrufsystems eCall hat keines der Projekte den Durchbruch geschafft. Die 120 (von geplanten 400) umgerüsteten Autos des simTD-Projekts sind größtenteils abgemeldet, das WLAN ist abgebaut. Die intelligente Kreuzung ist wieder dumm.

Als sichtbarstes Zeichen sind die Videokameras über den Standspuren hessischer Autobahnen übrig geblieben, die die Freigabe der Standspur als Fahrspur absichern. Eher unsichtbar sind die On-Board-Units in den Lkws, die zur Abrechnung der Lkw-Maut via DSRC mit den Autobahnmautbrücken und den blauen Messsäulen auf Landstraßen kommunizieren. Die intelligente Stauwarnung erfolgt hingegen ganz ohne Car-to-X über die Navis, wobei die Bewegungsdaten der Smartphones entlang der beabsichtigten Fahrt­strecke ausgewertet werden. Detlef Borchers (odi@ix.de)

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