iX 4/2019
S. 138
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Mobiltelefone als Überwachungskameras

Ein Auge drauf

Wer sein Haus rund um die Uhr im Auge behalten möchte, benötigt keinen Sicherheitsexperten mehr. Zwei Mobiltelefone und die richtige App genügen.

Moderne Mobilgeräte verfügen über Funktionen zur Aufnahme von Audio und Video, die man in dieser Qualität vor einigen Jahren nur in professionellen TV- und Videoproduktionsgeräten fand. Diese technischen Möglichkeiten lassen sich vielfältig nutzen.

Mobiltelefone ersetzen heute oft Kompaktkameras oder Diktiergeräte. Kamera-Apps lassen sich gut zur automatisierten Überwachung einsetzen – etwa mit Apps, die als Baby- oder Haustiermonitor dienen können. Idealerweise handelt es sich dabei um eine bidirektionale Videoverbindung, mit der man das Baby im Nebenraum oder die Katze daheim während des Ausflugs über das Wochenende beobachten kann. Andere Apps versuchen, Bewegung zu erkennen, und schicken Benachrichtigungen mit einem Foto oder einem Link zu einer Videoaufnahme an definierte Telefonnummern oder E-Mail-Adressen. Apps können als Einbruchalarm dienen oder einfach nur dabei helfen, den Katzenfutterdieb aus der Nachbarschaft zu enttarnen.

Für all diese Zwecke bieten sich Apps an, die auch auf einem älteren Zweitgerät funktionieren. Ob sich die Kamera-Apps dafür wirklich eignen, sollte ein kleiner Test prüfen. Zum Einsatz kamen dafür ein iPhone 5S und ein Google Pixel 1. Im Fokus der Beobachtung standen die Katzen im eigenen Garten.

Der rechtliche Rahmen

Mit der Nutzung einer Aufnahme-App kann man sich schnell auf rechtlich heikles Gebiet begeben. Das gilt aus offensichtlichen Gründen im Büro- und Unternehmensumfeld, aber auch im privaten Bereich. Daher sollte man sich mit der gültigen Rechtslage zur offenen oder gegebenenfalls sogar versteckten Aufnahme vertraut machen. Darüber hinaus stellen sich bei einer Speicherung oder Übermittlung des aufgenommenen Materials Fragen hinsichtlich DSGVO- und EU-GDPR-Konformität. Die meisten dieser Apps speichern Daten in Cloud-Systemen wie AWS oder Google Cloud und sind daher grundsätzlich als problematisch anzusehen.

Prinzipiell verfügen alle getesteten Anwendungen über einen ähnlichen Funktionsumfang. Die Kamera eines älteren Smartphones wird zur Überwachungskamera umfunktioniert, Bewegungen (beziehungsweise Veränderungen im Bild) oder Geräusche lösen das Speichern dieses Ereignisses aus, Benachrichtigungen werden an ein anderes mobiles Gerät oder via E-Mail geschickt, und der Nutzer kann über Mikrofon und Sprachausgabe mit Personen oder Haustieren vor der Kamera kommunizieren. Die Unterschiede der verschiedenen Apps liegen im Detail oder darin, was im potenziellen Abo-Umfang enthalten ist.

Eine intuitiv zu bedienende Anwendung ist „Alfred“. Schnell hat man das Telefon als Kamera definiert und sich in ein zweites Gerät eingeloggt, um darüber die Aufnahmen zu steuern. Der Anwender findet sich in der Benutzeroberfläche gut zurecht und kann auch ohne Anleitung aus der Ferne beobachten, was vor der Kamera gerade passiert.

Alfred verfügt über eine kleine Besonderheit, die nicht alle Anbieter bereitstellen: Man kann aus räumlicher Distanz zwischen Front- und Rückkamera wechseln. Wer sein altes Smartphone also geschickt positioniert, kann sich zumindest zeitweilig einen Rundumeindruck der Umgebung verschaffen. Zusätzlich ist es möglich, die im Mobiltelefon integrierte Taschenlampe einzuschalten, sollte der sogenannte Low Light Mode, der ebenfalls per Klick aus der Ferne aktiviert werden kann, nicht ausreichen, um Details in einem dunklen Raum zu erkennen.

Die Basisfunktion von Alfred steht zum kostenlosen Download zur Verfügung, allerdings nimmt Werbung eine große Fläche des Bildschirms ein. Für einmalig 18,99 Euro kann man sie jedoch ausschalten, was die Nutzung wesentlich übersichtlicher gestaltet. Wer ein Alfred-Abo abschließt (4,49 Euro pro Monat oder 33,99 Euro bei jährlicher Abbuchung), bekommt die Werbefreiheit als Teil eines Gesamtpakets. Dieses enthält unter anderem HD-Aufnahmen, verbesserte Zoomfähigkeiten, Aufnahmen von bis zu 120 Sekunden Länge (statt 30 Sekunden in der kostenlosen Version) und Speicherung von 30 Tagen.

Auch „Smartfrog“ kann ein älteres Smartphone in eine Überwachungskamera oder einen Babymonitor verwandeln. Ein besonders nützliches Feature dieser App ist Geofencing. Verlässt man sein Haus, schaltet sich automatisch die Kamera ein und erfasst Bewegungen und Geräusche. Kommt man wieder heim, stellt die Kamera ihren Betrieb wieder ein.

Unsichtbare schwarze Katzen

Leider hatte Smartfrog im Test Schwierigkeiten, schwarze Katzen zu erkennen. Die Kamera zeichnet im Gegensatz zu anderen getesteten Anwendungen kontinuierlich auf, sodass man anhand der Aufnahmen sehen konnte, dass sich tatsächlich eine schwarze Katze mehrfach durch den Garten bewegt hatte. Jedoch hat Smartfrog deren Bewegungsmuster nicht als solches erkannt und daher weder eine Benachrichtigung verschickt noch den entsprechenden Bereich der Aufnahme als Event markiert. Allzu oft hat die App jedoch ein Refokussieren der Kamera als Bewegung gedeutet und Benachrichtigungen versendet. Lediglich wenn die schwarze Katze sich unmittelbar vor der Kameralinse befand und andere Bereiche des Gartens nahezu komplett überdeckte, wurde die Bewegung erkannt. Weiterer Nachteil von Smartfrog: Sprachausgaben kamen im Test durchgängig mit etwa 10 Sekunden Verzögerung an.

Smartfrogs Kostenmodell ist ein wenig anders gestaltet als das von Alfred. Während Alfred zusätzliche Optionen und Funktionen via Abo bereitstellt, bestimmt bei Smartfrog die Länge der Verfügbarkeit der Videoaufnahmen den Preis. Der kostenlose Download der App speichert Videoclips lediglich vier Stunden lang. Allerdings kann der Nutzer die Daten während dieses Zeitraums herunterladen und lokal speichern. Möchte man die Verfügbarkeit verlängern, kann man dies über ein monatlich kündbares Abo tun. Der Preis beträgt 2,95 Euro pro Monat für 24 Stunden Videospeicherung, 5,95 Euro für sieben und 14,95 Euro für 30 Tage. Alle Pakete lassen sich aus der App heraus buchen.

Über Twitter vernetzen

Die Bedienoberfläche von „Presence“ ist im Vergleich zu Alfred und Smartfrog etwas unübersichtlich. Viele Links, auf die man nicht unbedingt häufig zugreifen muss, befinden sich im Hauptmenü, beispielsweise das Menü zum Einrichten der Benachrichtigungen, ein Link zur Pro-Version oder sehr allgemein gehaltene FAQs.

Im Gegensatz zu den anderen getesteten Apps kann man Presence jedoch mit einem Twitter-Konto verbinden und automatisch Aufnahmen posten. Wer sich mit den Nachbarn koordiniert, kann bei Bedarf auch ein größeres Netzwerk von Gartenkameras aufbauen.

Zu den kostenlosen Features gehören 50 MByte Speicherplatz, Geofencing und das Einrichten zusätzlicher Empfängeradressen für Benachrichtigungen – etwa von Freunden und Familie. Zusätzlich kann man Regeln für Sonderfälle definieren, in denen man eine Benachrichtigung erhalten möchte. Wer mehr Speicherplatz (5 GByte) oder längere Aufnahmen in höherer Auflösung wünscht oder die Möglichkeit haben möchte, aus der Ferne einen Alarmton auszulösen, muss ein Abo abschließen – entweder für 2,29 Euro pro Woche oder für 4,99 Euro monatlich. Lässt man jährlich abbuchen, kostet das 4,17 Euro pro Monat. Anwender, die die Aufnahme sofort beim Starten der Kamera oder direkt nach der Beendigung einer vorherigen Aufnahme beginnen wollen, benötigen dieses Abo ebenfalls.

Presence bietet zusätzlich ein Hardwaresortiment an, das von Bewegungsmeldern über Temperatur- und Luftfeuchtigkeitssensoren bis hin zu kompletten Sicherheitspaketen reicht und sich nach Herstellerangaben nahtlos integrieren lässt. Dieses hat der Test nicht berücksichtigt.

Ebenfalls erwähnenswert ist das „AtHome“-System. Hierbei sind Kamera und Video Streamer zwei getrennte Apps. Die eine wandelt ein altes Smartphone in eine Kamera um, auf die man mit der anderen zugreift. Auch hier gilt: Die kostenlose Version ist voll mit Werbung, die sich für 2,29 Euro dauerhaft abschalten lässt. Für HD-Aufnahmen und längere Speicherzeiten braucht man in diesem Fall ebenfalls ein Abo, das mit 8,99 Euro zu Buche schlägt. Wer sich über einen längeren Zeitraum (3, 6 oder 12 Monate) bindet, bekommt entsprechenden Rabatt.

Zum Ausprobieren der Apps eignen sich die kostenfreien Downloads in allen Fällen sehr gut. Will man den persönlichen Favoriten jedoch langfristig nutzen, empfiehlt sich ein Abo, um das Bestmögliche aus der Anwendung herauszuholen. (ka@ix.de)