iX 8/2019
S. 6
Leserbriefe
August 2019

Leserbriefe August 2019

Naive Vorstellungen, unbrauchbare Technik

(Digitalisierung: Meta-Digitalisierung – das große Zerreden ohne Tun; Special 2019, S. 118)

Ist dieser Artikel nicht ein wenig naiv? Mal ehrlich. Das liest sich, als ob hier alles planvoll und positiv laufen würde. Wir haben Leaks bis hinauf in die höchsten Strukturen und stehen Angriffen auf öffentliche Strukturen vollkommen wehrlos gegenüber. Die Prosperität von genannten Firmen lässt sich tragischerweise mit dem unstrittigen Verkauf von Nutzerdaten erklären, also dem Verlust von Privatsphäre. Die Abhängigkeit von Dritten ist sowohl beruflich als auch privat mehr als eine Überlegung wert und lässt sich offensichtlich nur über die Gruppe der völlig Ahnungslosen oder deren Hang zur Bequemlichkeit transportieren.

Die gelobte E-Mail ist heute als ­geschäftliches Kommunikationsmittel schlicht unbrauchbar. Die allgemeine Qualität der neueren Produkte hat sich mit dem Verfahren Design Thinking trostlos verschlechtert, weil teure Ingenieure bewusst umgangen werden. Automatisierung sorgt für eine völlige Aushöhlung des Arbeitsmarktes und massenhaft prekäre Beschäftigungsverhältnisse ohne Zukunftsperspektive, gerade bei den Hipstern. Wertschöpfungsprozesse in der Produktion verschieben sich zugunsten einer handvoll Händler, die natürlich sonstwo leben und keine Steuern zahlen. Ökobilanz der Waren im Zeitalter des ­Bestellmentalität ist schlechter denn je und die Menschen sind gerade dabei zu erkennen, um was es geht.

Das wollte ich dem Business Angel und Speaker doch mal gesagt haben.

Thomas Ebner, via E-Mail

Konkrete Schritte, auch im Kleinen

(Digitalisierung: Meta-Digitalisierung – das große Zerreden ohne Tun; Special 2019, S. 118)

Ich bin selbst Innovation Manager in einem größeren mittelständischen Unternehmen und für das Thema Innovation Management verantwortlich. Der Artikel spricht mir aus dem Herzen, vieles davon würde ich direkt unterschreiben.

Was mich am Ende des Artikels allerdings etwas ratlos zurücklässt: Was kann ich, der für das Thema verantwortlich ist, aber nicht in der GL sitzt, nun konkret tun, um die „Dinge“ in die richtige Richtung zu bewegen und „wirkliche“ Innovation voranzubringen, abseits der Buzzwords in PowerPoint-Folien, kleinerer Leuchtturmprojekte und der klassischen Arbeitskultur? Was sind die konkreten Empfehlungen, um das Thema „richtig“ anzugehen, wenn auch im Kleinen?

Ich halte es für ausgeschlossen, dass ich mit Forderungen durchkomme, zwei bis drei Prozent der Belegschaft ins Silicon Valley zu schicken oder mit einer Million Euro an der Börse zu spekulieren. Trotzdem möchte ich das Thema irgendwie weiterbringen.

Marco Braun, via E-Mail

Unausgegoren

(Digitalisierung: Meta-Digitalisierung – das große Zerreden ohne Tun; Special 2019, S. 118)

Als ich mitbekam, dass Milliarden für Schulen bereitgestellt werden sollen und diese lediglich in dumme Hardware investiert werden, bin ich unendlich wütend geworden. Wo ist eigentlich das Konzept, digital zu bilden? Wo werden die Daten gespeichert, mit denen Schüler arbeiten sollen? Wer stellt die Daten für Hausaufgaben, Prüfungen, Bewertungen bereit?

Föderalismus in der Bildung wird eine bessere Ausrichtung in der Digitalisierung sowieso verhindern. Niemand denkt hier Big. Generell hätten wir seit Jahren schon Möglichkeiten aufbauen können, um zentrale Daten und Strukturen für alle Schulen, deren Verwaltung und zentrale Lehrmaterialien bereitzustellen, ich meine hiermit Rechenzentren, Cloud Computing etc. Alleine damit würde Schulbildung länderübergreifend durchlässiger, Studien einfacher, Prüfungen einheitlicher usw. Ich habe einige Schulverwaltungen kennengelernt und alleine die Diskussionen darum, wie WLAN sicher bereitgestellt werden soll, die Firewall-Absicherungen nach unseren Gesetzen führten zur Verzweiflung, brauchten ewig Zeit, letzt­endlich gefrickelt, weil kein Geld dafür eingeplant wurde. Und was ist jetzt? Smartphones können eh alles, auch für Kleinkinder, und hebeln sicheres Surfen, sowieso aus. Wozu dann die ganze Mühe?

Wir müssten in der Bildung somit ganz andere Dinge lehren, damit gelernt wird, wie damit umgegangen werden soll, wie Talente Digitalisierung nutzen können, wie Talente weiter gefördert werden können und wir nicht nur digitale Berufe wie Influencing groß werden lassen, sondern berufliche Perspektiven schon in den Schulen bieten, die ein späteres Auskommen sichern können. Das ist doch die Aufgabe und es muss soweit wie möglich nach vorne gedacht werden?

Immer schon bewegte mich der Gedanke um Talent, Neigung, vernetztes Denkvermögen, und im Laufe meines Berufs­lebens bin ich immer wieder auf Begrenzungen im Denken und Tun gestoßen. Es wurde nicht gelehrt, unsere Bildung scheint mir zu einseitig, oft ausgerichtet auf geplante Karrierewege, ungeachtet der eigenen Talente und Neigungen.

Agilität, New Work ist in aller Munde, viele wissen darum, dass wir etwas tun müssen, weil sich Arbeit in Zukunft, ausgerichtet nach der sich rasant entwickelnden Technik, verändern wird. Aber was ist? Solange Arbeit in fest definiertem Rahmen beschrieben wird, eingestuft in Titel und Pöstchen, nach denen sich die Gehälter bemessen, wird sich nichts verändern oder agil werden können. Die wenigsten werden Verantwortung für Aufgaben übernehmen, zu denen sie vielleicht fähig wären, wenn Lohn und Gehaltsstrukturen sich nicht ebenfalls an den Skills ausgerichtet verändern. Warum sollte ich eine Aufgabe übernehmen, für die andere bezahlt werden, oder Verantwortung dafür tragen?

Immer wieder stoße ich auf Sätze wie „Dafür bin ich nicht zuständig“, „Mache dir doch keine Gedanken darüber, das ist nicht deine Aufgabe, dafür wirst du eh nicht bezahlt“ usw. Wir müssen darüber nachdenken, welche Rahmen (und nicht nur das Tun und Handeln) wir schaffen müssen, damit die Angst jedes Einzelnen um die Gefahr seines Auskommens zu reduzieren und die Blockaden eingeschränkten Denkens aufzuhebeln. WOL und andere Formate helfen sicherlich, aber auch nur denjenigen, die sowieso schon offen sind bzw. Bereitschaft für Veränderungen zeigen. Was ist mit allen Anderen auf Pöstchen, die resistent jeglicher Änderungen im Beruf aber auch privat gegenüber sind?

Hier komme ich wieder zur Bildung zurück, grundlegend muss es hier Veränderungen geben, damit wir die Zukunft mit KI auch schaffen können. Mich hat die Initiative „lebenslanges Lernen“ getragen, die Herausforderungen, die sich mit der IT stellen sowieso, denn eingeschränkt Denken geht hier gar nicht.

Andrea Hauch, via E-Mail

Nicht durchdacht

(VoIP-Sicherheit: Ver- und Entschlüsselung in VoIP-Netzen mit SIP-TLS und SRTP, 6/2019, S. 98)

Inwieweit ist eine solche Verschlüsselung im Firmenumfeld sinnvoll? Dabei gehe ich von einer dezidierten Leitung vom Kunden zum Provider für den VoIP-Traffic aus – also die Verbindung von ESBC zu SBC.

Eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist in der Regel nicht möglich, da ich am einen Ende ja keinen Einfluss auf die Gegenstelle habe. Das könnte ja theoretisch ein analoges Telefon am anderen Ende der Welt sein. Die Verschlüsselung gilt also immer nur für Teilstrecken, in diesem Fall also zum Beispiel im LAN vom Telefon bis zum ESBC und – erneut – vom ESBC (beim Kunden) zum SBC beim Provider.

Wenn aber der Provider die TLS-Session (zwangsweise) terminiert, hat er natürlich auch die dafür benötigten Schlüssel. Das gleiche gilt für das Personal beim Kunden, das den ESBC betreut

Das heißt, die (meisten der) Leute, die einen Mitschnitt des Datenverkehrs anfertigen könnten, haben auch Zugriff auf die benötigten Schlüssel, um diesen zu dekodieren. Was macht also die Verschlüsselung in diesem Fall für einen Sinn?

In der Praxis raten fast alle Provider, die SIP-Trunks anbieten, von einer Verschlüsselung ab, da diese mehr Probleme als Nutzen bringt. Leider fehlt im Artikel der Aspekt, dass die Verschlüsselung hier immer nur für Teilstrecken gilt und nicht Ende-zu-Ende.

Karl Fischer, via E-Mail

Ergänzungen und Berichtigungen

(Softwareentwicklung: Inner Source: Open-Source-Prinzipien im Unternehmen anwenden, 7/2019, S. 128)

Der Co-Autor des Artikels heißt Maximilian Capraro, nicht Caparo.

Die iX-Redaktion behält sich Kürzungen und auszugsweise Wiedergabe der Leserbriefe vor. Die abgedruckten Zuschriften geben ausschließlich die Meinung des Einsenders wieder, nicht die der Redaktion.

Der direkte Draht zu

Direktwahl zur Redaktion: 0511 5352-387

Redaktion iX | Postfach 61 04 07
30604 Hannover | Fax: 0511 5352-361
E-Mail: post@ix.de | Web: www.ix.de

Für E-Mail-Anfragen zu Artikeln, technischen Problemen, Produkten et cetera steht die Redaktion gern zur Verfügung.

post@ix.de
Redaktion allgemein
akl@ix.de
Alexandra Kleijn
ane@ix.de
Alexander Neumann
avr@ix.de
André von Raison
cle@ix.de
Carmen Lehmann
csc@ix.de
Carina Schipper
fo@ix.de
Moritz Förster
jd@ix.de
Jürgen Diercks
jvo@ix.de
Jonas Volkert
map@ix.de
Matthias Parbel
mdo@ix.de
Madeleine Domogalla
mfe@ix.de
Markus Feilner
mm@ix.de
Michael Mentzel
nb@ix.de
Nicole Bechtel
odi@ix.de
Dr. Oliver Diedrich
rme@ix.de
Rainald Menge-Sonnentag
sih@ix.de
Silke Hahn
sun@ix.de
Susanne Nolte
un@ix.de
Bert Ungerer
ur@ix.de
Ute Roos

Listing-Service:
Sämtliche in iX seit 1990 veröffentlichten Listings sind über den iX-FTP-Server erhältlich: ftp.heise.de/pub/ix/