iX 10/2020
S. 39
Markt + Trends
Retrospektive

Vor 10 Jahren: Geld in sozialen Netzwerken verdienen

Geld wird heutzutage in sozialen Netzwerken ganz anders verdient, als sich das Facebook und Co. vor 10 Jahren vorstellten.

Zum 50. Jahrestag der Mondlandung ließ die Firma Lego letztes Jahr 3000 Kinder zwischen 8 und 12 Jahren in den USA, Großbritannien und China nach ihrem Berufswunsch befragen. Vorgegeben waren Lehrer, Sportler, Musiker, Astronaut und Vlogger. Mit großer Mehrheit wollten die kleinen Chinesen Astronauten (beziehungsweise Taikonauten) werden, mit ebenso großer Mehrheit wurde in den USA und Großbritannien der Beruf des Vloggers oder der Vloggerin gewählt. Anders ausgedrückt: Die Kinder in den USA und im UK wollen im ­Internet Geld verdienen, auf YouTube, Facebook und Co. berühmt werden und mit schicken Videos zum Influencer aufsteigen.

Vor 10 Jahren beschäftigte sich in iX 10/2010 der Artikel „Künstlersozialkassen“ mit der Frage, wie man eigentlich Geld in sozialen Netzwerken verdienen könnte. Die euphorische Idee, als Blogger im Netz zu Ruhm und Reichtum zu kommen, war da gerade zu Grabe getragen worden: Für magere 46000 Euro konnte Robert Basic im Jahr 2009 das damals reichweitenstärkste deutsche Blog „Basic Thinking“ auktionieren.

Ein Hoffnungsschimmer war 2010, dass Facebook eine eigene Onlinewährung namens Facebook Credits einführte. Der iX-Artikel beschäftigte sich deshalb ausführlich mit den Möglichkeiten, mit solchen Credits gutes Geld zu verdienen. Autor Ramon Wartala kam zu dem Schluss, dass man mit dem Verkauf virtueller Güter in Social Games wie World of Warcraft seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Für Facebook wagte er die Prognose, dass Online­anzeigen bezahlt mit Credits das nächste große Ding sein werden.

Heute hat Facebook seine Credits längst wieder eingestellt, Anzeigen werden mit realen Währungen bezahlt. Das große Geschäft, das Einzelne bei Facebook, Instagram und YouTube machen können, liegt bei den Influencern, die sich und schöne Waren in schönen Umgebungen präsentieren und dafür bezahlt werden. Vloggerinnen wie Dagi Bee (bürgerlich: Dagmar Kazakov) und ­Bibis Beauty Palace mit Bianca Claßen verdienen damit viel Geld und haben ein Publikum, das in die Millionen geht. Damit nicht nur Klischees ver­breitet werden, sei auch der YouTube-Kanal MaiLab der Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim erwähnt. Ihr Video „Corona geht gerade erst los“ wurde über sechs Millionen Mal abgerufen und gewann mehrere Preise.

Auch bei den Social Games hat das Geldverdienen Formen entwickelt, an die vor 10 Jahren niemand dachte: Formate wie „Let’s Play Minecraft“, bei denen man Vloggern wie Paluten und Gronkh beim Spielen zusieht, sind bei deutschen Zuschauern sehr beliebt. Zwischen 2013 und 2016 war Gronkhs Form der kommentierten Spielanalyse der meistabonnierte YouTube-Kanal Deutschlands. Inzwischen betreibt Gronkh (bürgerlich: Erik Range) zwölf Kanäle. Aus dem ehemaligen Computerspielentwickler ist damit ein Webvideo-Unternehmer geworden, der eine Reihe von Firmen gründen konnte. Detlef Borchers (odi@ix.de)

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