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Digitalisierung
Wir müssen digitalisieren. Unbedingt. Was, warum, wofür und für wen, ist egal. Hauptsache, erst einmal anfangen, wir sind ja agil und irgendwie wird es dann schon. Und vor allem sollen die anderen uns nicht wegdigitalisieren, weil: globaler Wettbewerb! Das klingt nicht nur naiv, das ist es oft auch. Das kapitalistische Wachstumsmantra, das die Digitalisierung ja wesentlich vorantreibt, zeigt zunehmend quasireligiöse Züge. Wer hier nicht ausreichend mitzieht, wird als digitaler Verweigerer gebrandmarkt, gilt fortan als aussätzig und ist somit dem Untergang geweiht. Allerlei Schlangenölverkäufer treiben in diesem Umfeld ihr Unwesen, denn hier riecht es nach großem Reichtum, also müssen digitale Claims rechtzeitig abgesteckt werden.
Ein gutes Beispiel einer fast predigerhaften Begeisterung für alles Digitale liefert der Professor und Berater Dennis Lotter in seinem Buch „Digital Transformation Design“. Der „Andersdenker“ (Autorenvorstellung) stellt 33 Prinzipien vor, die Organisationen ins „intelligente“ Zeitalter führen. Bisher war die Menschheit offenbar ziemlich blöd. Okay, da könnte sogar was dran sein. Ob es mit Digitalisierung hier große Fortschritte geben kann, ist nun die große Frage. Der Autor schreibt jedenfalls, als ginge es um alles oder nichts. Da wimmelt es von Superlativen, schiefen Bildern, Redundanzen und martialischer Rhetorik vorwiegend maritimer Prägung. Lotter versteht sein Buch als „Navigationshilfe auf den Weltmeeren der Digitalisierung“ und feuert den Leser an, forsch die Segel zu setzen, denn „Neptun liebt die Mutigen, nicht die Zögerlichen“.