iX Special 2021
S. 14
Quantencomputing
Einordnung

Die Frage der Quantenüberlegenheit

Ansichtssache

Bernd Schöne

Quantencomputer werden klassische Rechner nicht ablösen, sondern sie höchstens ergänzen. Doch auch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Gehört hat es jeder schon einmal: Der Quantencomputer schlägt jeden klassischen Rechner „mit links“. Was bislang Jahrtausende dauerte, wird nun in Sekunden erledigt. Mit der Verbreitung solcher Glaubenssätze hat die Marketingabteilung von Google ganze Arbeit geleistet. Seit die Firma im Oktober 2019 den Nachweis der „Supremacy“ – der Quantenüberlegenheit – ihres Sycamore-Chips mit 54 Qubits über alle Medien spielte, sind Quantencomputer im Bewusstsein der Gesellschaft angekommen – auch wenn man sie nicht kaufen kann und sie noch keine einzige Aufgabe mit prak­ti­schem Nutzen gelöst haben.

53 der 54 Qubits, so Google, seien funktionsfähig gewesen und hätten alle übrigen Rechner übertrumpft – zumindest in ihrem Spezialgebiet. „Wir haben gezeigt, dass unser neuester Quantenprozessor Sycamore mit 53 Qubits binnen Sekunden eine Berechnung ausführen kann, für die selbst die stärksten Supercomputer unserer Zeit Tausende von Jahren benötigen würden“, erklärte Google-Chef Sundar Pichai im unternehmenseigenen Videoblog. Doch ganz so überlegen sind Quantenrechner noch nicht. Die vorgeführte Anwendung – die Permanente einer unitären Matrix, also die Summe ihrer Diagonalprodukte – war unstrittig höchst akademisch und weit entfernt von praktischen Anforderungen, dafür aber wie ein Maßanzug zugeschnitten für einen Quantencomputer.

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