Mac & i 2/2024
S. 3
Editorial

Überfällige Kurskorrektur

Leonhard Becker

Apples App Store war das Beste, was iPhone-Nutzern passieren konnte: Eine zentrale Anlaufstelle bietet geprüfte Apps, die sich bequem laden, kaufen und abonnieren lassen und die man jederzeit wieder loswird.

Jetzt grätscht ausgerechnet die EU in diese über 15-jährige Erfolgsgeschichte und hat mit dem Digital Markets Act eine weitreichende Öffnung von iOS erzwungen (siehe S. 110). Für uns iPhone-Nutzer bedeutet das:  „Bitte anschnallen!“ Vielleicht findet man manche Apps künftig nicht mehr im App Store, sondern muss sie vergleichsweise umständlich auf den Websites der Anbieter suchen. Womöglich klinken sich einzelne Banken bei Apple Pay aus, um lieber eigene Bezahl-Apps aufs iPhone zu bringen.

Statt aus diesen Gründen kurzerhand auf die EU zu schimpfen, sollten wir die eigentliche Ursache für das Regelwerk im Blick behalten: Apple hält nämlich nicht einfach nur die Hand auf und verdient an allen In-App-Käufen mit, sondern bremst die Konkurrenz konsequent technisch und durch ärgerliche Vorgaben aus. Dass Apps bislang etwa nicht auf günstigere Kauf- oder Abomöglichkeiten verlinken durften, schützt allein Apples Geldbeutel – und sicher nicht iPhone-Kunden, die für Abos in einer iOS-App mitunter sogar mehr bezahlen. All das wird spätestens inakzeptabel, wenn im Alltag kein Weg mehr an einem Smartphone vorbeiführt und es mit iOS und Android nur noch zwei relevante Plattformen gibt.

Apple hat es über Jahre ganz bewusst verschlafen, unter eigener Regie ein offeneres iPhone zu schaffen, das ähnlich flexibel und zuverlässig wie macOS ist. Statt jetzt die EU-Vorgaben zügig und für Nutzer möglichst schmerzfrei umzusetzen, bremst und blockiert Apple an jeder Ecke. Das vergrault auch so manche App-Anbieter, die schon lange schlecht auf Apple zu sprechen sind. Wie sehr mangelndes Entwicklerinteresse eine Plattform hemmt, lässt sich gut beim derzeit kargen Software-Angebot der Vision Pro beobachten (siehe S. 16). Das ist letztlich nicht nur schlecht für Apple, sondern auch für die Kunden.