Weniger ist hübsch: Die Bilder der Woche KW20

Wenn man mit wenigen Elementen im Bild arbeitet, muss man noch bewusster entscheiden, wo diese am besten platziert werden.

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(Bild: Rudolf Wildgruber)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Tom Leon Zacharek

Minimalistische Fotos sind in der Theorie einfach. Wenige Elemente oder viel negativen Raum nutzen und schon ist die Fotografie nach Definition minimalistisch. Man muss aber bewusst entscheiden, was das Bild aussagen soll – etwa durch die Abwesenheit von Elementen und dadurch, dass das Bild sich auf etwas bestimmtes konzentriert. Aber auch wenn wenige Elemente vorhanden sind, muss das Bild nicht zwangsläufig minimalistisch sein.

c't Fotografie 3/24

The Eyes
Sony Alpha 7 III | 150 mm | ISO 640 | f/4.0 | 1/1000 s

(Bild: Ralph Derksen Fotografie)

Über seinem Bild The Eyes erzählt Ralph Derksen (Ralph Derksen Fotografie): "Ich habe im Februar dieses Jahres mir einen großen Punkt auf meiner Wunschliste erfüllt, nämlich eine Rundreise durch den nordwestlichen Teil Indiens. Die Tour ging in 21 Tagen über zehn Städte mit 3600 Kilometern. Neben der Geschichte und Bauwerken lagen für mich als People-Fotograf natürlich die Menschen im Fokus. Auf der Tour habe ich auch Jaipur besucht, wo mir diese junge Frau auf der Straße auffiel. Mein indischer Guide sprach sie an und es war okay, dass ich sie fotografierte, so entstand dieses Bild."

Das Gesicht der Frau füllt das gesamte Bild aus, so dass der Blick die ganze Aufmerksamkeit auf sich zieht. Auch das Lächeln der Frau ist deutlich zu erkennen, obwohl die untere Gesichtshälfte verdeckt ist. Die rot-schwarze Kleidung bildet einen schönen Rahmen für das Gesicht. Die Aufnahme erinnert an das berühmte Foto "Afghan Girl" von Steve McCurry aus dem Jahr 1984.

Sauberer Schnitt
Panasonic Lumix DMC-FZ200 | 8.8 mm | ISO 125 | f/4.0 | 1/400 s

(Bild: Rudolf Wildgruber)

"Im Garten hatten wir die Abschnitte unserer gefällten Robinie aufgestapelt. In der Morgensonne fiel mein Blick auf die dekorative Schnittfläche eines Nebenstammes, aus dem sich ein weiterer Ast verzweigt. Der Platz um diesen Teil des Stammes wurde durch die benachbarten Stammabschnitte verschattet. So entstand die Idee, die Schnittfläche komplett freizustellen und die markanten Jahresringe durch Verstärkung der Kontraste und Umwandlung in Schwarzweiß zu betonen", erzählt Rudolf Wildgruber darüber, wie sein Bild Sauberer Schnitt entstanden ist. Der Fotograf beschreibt alles, was es Wichtiges über das Bild zu wissen gibt. Eine kreative Idee, die perfekt umgesetzt wurde, um eine ungewohnte Perspektive auf einen Baum zu bekommen.

Aufwärts? Abwärts?
NIKON D90 | 50 mm | ISO 250 | f/4.5 | 1/4000 s

(Bild: TorRosSom)

Aufwärts? Abwärts? von TorRosSom zeigt zwei Gondeln einer Seilbahn, bei denen man sich auch aufgrund des Titels fragt, in welche Richtung sie denn unterwegs sind. Die gelbe Farbe kommt vor der dichten Wolkendecke hervorragend zur Geltung. Auch die Silhouetten der beiden Menschen in der linken Gondel stellen einen schönen Kontrast zu der anderen unbesetzten Kabine dar.

London in SW 6

(Bild: DiSe.fotografie)

London in SW 6 wurde von Dirk Selig (DiSe.fotografie) während einer Fotoreise im Britischen Museum aufgenommen. Das Bild entstand im Foyer des Museums. Schon im Moment der Aufnahme war mir bewusst, dass die Bildwirkung durch eine schwarz-weiße Umsetzung noch verstärkt wird", berichtet er.

Das Muster des Daches begeistert vor allem durch die geschwungenen Streben, die am runden Gebäudeteil in der Mitte zusammenkommen. Es bildet den Ausgangspunkt, von dem aus der Blick über die Komposition gleitet.

Networking
Canon EOS R6 | 45 mm | ISO 100 | f/8.0 | 1/200 s

(Bild: Ivan im Abstrakten)

Die High-Key Aufnahme Networking von Ivan im Abstrakten setzt stark auf Minimalismus. Die Technik erzeugt einen starken Kontrast zwischen dem Model und ihrer Kleidung. Durch die Überbelichtung wirkt die Haut weiß und hebt sich somit nur wenig vom Hintergrund ab, so kommen aber die Formen, die das Model mit ihrem Körper erzeugt stärker zur Geltung. Die Bewegung und der Gesichtsausdruck erwecken den Eindruck, als wolle sie sich aus dem metaphorischen Netz befreien, das sie umgibt.

Schattenspiel
Canon EOS RP| 16 mm | ISO 100 | f/9.1 | 1/ 664 s

(Bild: Wolfgang Görgen)

Der extreme Kontrast zwischen Licht und Schatten ist das, was das Bild Schattenspiel von Wolfgang Görgen ausmacht. "Meine Idee war, Schatten als Definition von Konturen, Strukturen und Formen in meine Fotos unterzubringen. Schatten können ein Motiv sein. Sie sind eine Möglichkeit, ein Objekt indirekt oder sogar abstrakt darzustellen. Um einen Schatten aus dem richtigen Blickwinkel einzufangen, muss man auch Geduld haben", sagt er selbst über sein Bild.

Das ist auf jeden Fall gelungen. Die diagonale Linie des Schattens und die sowohl horizontal als auch vertikal laufenden Linien der Fassade des Gebäudes ergeben ein Muster, das dem Bild zusätzliche Struktur gibt.

Ammonit

(Bild: Karsten Gieselmann)

Ammonit von Karsten Gieselmann zeigt ein weiteres Treppenhaus, das er auf faszinierende Weise fotografiert hat. Die Spiralform erinnert an die ausgestorbenen Ammoniten, welche in Form von Fossilien bekannt sind. Der Verlauf der Treppe bildet durch die gewählte Perspektive einen Fixpunkt am unteren Ende der Treppe und führt so durch die Komposition.

Alle Bilder dieser Woche finden Sie hier noch einmal in der Übersicht:

Die Bilder der Woche KW 20 (7 Bilder)

Samstag: The Eyes
(Bild: Ralph Derksen Fotografie)

(tho)