Test: Mercedes E 300 de

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Hauptsächlich zeigt die Messung, wie empfindlich der Antrieb auf Kurzstreckenbetrieb bei 6° C mit Märzregen reagiert: Die Heizung (ohne Wärmepumpe) muss nach typischen Stadt-Etappen von 5 bis 15 km jeweils komplett aus der Batterie durchheizen. Dazu kommen das zähere Öl, das in der Automatik und der Lamellenkupplung am Diesel für Widerstand sorgt, Winterreifen und der Innenwiderstand der Batterie. Das alles heißt aber: Dieses Auto fährt elektrisch die meiste Zeit des Jahres teurer als mit Diesel – im Winter wegen Heizung und Kälte, im Sommer wegen Hitze und Klimaanlage. Elektrisch fahren lohnt sich also finanziell nur, wenn der Strom kostenlos oder sehr billig ist. Das hört schon bei Haushaltsstrompreisen auf.

Hybrid

Im Hybrid-Modus schaut das Auto weit nach vorne, nach Navi (wenn eine Route eingestellt ist), Geschwindigkeits-Begrenzung (von Schildern oder aus dem Kartenmaterial gelesen) oder nach dem Fernbereichs-Radar. Verlässt der Fuß das Fahrpedal, stellt die ECU eine situativ passende Bremsleistung auf der elektrischen Bremse ein – wenn der Abstand zum Vordermann zu gering wird, wenn das Tempolimit überschritten wurde, an Gefällen oder wenn die Straßenführung nahelegt, dass demnächst eine Reduzierung der Geschwindigkeit fällig ist.

Das funktioniert so gut, dass ruhige Fahrer bis zum Stillstand praktisch nie auf die Scheibenbremsen angewiesen sind. Wohl sind sie aber gelegentlich auf das Bremspedal angewiesen, denn erst ein sanfter Druck darauf leitet in den meisten Fahrsituationen erst die maximale elektrische Bremsstärke ein. Wegen mir dürfte das System also noch stärker situativ rekuperieren – vor allem, weil man sie ja jederzeit mit dem Fahrpedal übergehen kann. Ein ganz so gutes intuitives Gefühl für die Rekuperation wie bei BEV-Einganggetrieben stellt sich jedoch nicht ein, weil der Fahrer ja nie genau weiß, wann die Getriebesteuerung die Übersetzung ändert.

Gut gelöst: Beim Ampelstart schleppt der E-Motor den Diesel an und stellt gleichzeitig über den Wandler Drehmoment zum Losfahren bereit. Sie können also anfahren, noch während der Verbrenner startet. Zum Thema Kaltstart auf der Autobahn gibt Mercedes Entwarnung: „Erst auf der Schnellstraße angeworfen werden, wo sie gleich 20 bis 30 kW leisten müssen, ist für diese modernen, effizienten Motoren gesünder, als im Stau zu stehen, wo sie nicht warm werden.“ Ungewohnt ist es zunächst trotzdem, weil die meisten von uns ja damit sozialisiert wurden, langsam steigend Temperatur in den Motor zu bringen.

All die Steuerungstechnik-Zauberei verhilft dem E-de leider nur zu geringen Vorteilen im Verbrauch. In der reinen Dieselmessung verbrauchte der Wagen im Betrieb „Stadt und bis 130 km/h überland“, wie er bei den meisten Pendlern vorkommt, 5,6 Liter auf 100 km. Mit zum Start voller Batterie und am Ende fast leerem Akku waren es 4,7 Liter . Auf der Langstrecke mit nie Vollgas, hauptsächlich Autobahn bis Volvomax 180 km/h und etwas Landstraße lag der Verbrauch bei 7,0 Litern.

Diese Verbräuche entsprechen ziemlich genau meinen des reinen Dieselantriebs (E 220) auf Sommerreifen. Der Verbrauchsvorteil gegenüber dem sparsamen Vierzylinder-Diesel ist also verschwindend gering. Mercedes weist auf die höhere Systemleistung hin: Der Kunde erhalte ja das Drehmoment eines wesentlich größeren Motors zum Verbrauch des Vierzylinders. Wo die laut Mercedes „20 bis 30 Prozent“ maximale Ersparnis gegenüber dem reinen Diesel herkommen sollen, ist mir unklar. Taxibetrieb könnte ich mir vorstellen: Motor nie kalt, hauptsächlich Stadtverkehr, geübte, ruhige Fahrer. Otto Normalpendler hat schon rein des typischen Streckenprofils wegen schlechte Karten. (cgl)