Angekommen

Zum Weihnachtsfest erreichten die Redaktion die endgültigen Versionen der amerikanischen Professional- und Advanced- Server-Version von Windows2000. Da zufälligerweise ausgewachsene Hardware im iX-Labor stand, waren die Festtage gerettet.

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Ralph Hülsenbusch
  • Wolfgang Möhle
  • Jürgen Seeger
Inhaltsverzeichnis

Leser der iX sinds gewohnt, dass die Redaktion klar kenntlich macht, wenn sich Erkenntnisse auf Beta-Releases stützen beziehungsweise ob bereits Verkaufsversionen zu Grunde lagen. Im vorliegenden Fall gelangten wir in den Besitz je einer Final-Version der Professional- und der Advanced-Server-Version von Windows 2000 weit vor dem offiziellen Verkaufsstart; unsere Nachforschungen haben die Echtheit bestätigt.

Auch wenn wir in der Kürze der Zeit naturgemäß keinen Test auf ‘Herz und Nieren’ vornehmen konnten, ist eine erste Beurteilung des lang erwarteten Betriebssystems möglich. Zur Erinnerung: Der Zusatz ‘Professional’ im Produktnamen bezeichnet die Workstation-Version, beim ‘Advanced Server’ handelt es sich um den Nachfolger der NT 4.0 Enterprise Edition.

Ob und inwieweit die Professional auf Grund neuer Eigenschaften im SOHO-Bereich Windows 98 ablösen wird, muss letztlich der Käufer entscheiden; die Marketing-strategischen Aussagen von Microsoft drehen sich hier alle paar Wochen um 180 Grad. Sicher scheint nur zu sein, dass es mit ‘Millennium’ noch einen DOS-Nachfolger geben wird.

Viel ist im Rahmen der Beta-Berichterstattung über die Plug&Play-Fähigkeit von Win2k berichtet worden. Auch auf Grund eigener Erfahrungen hat uns die glatte Installation der Final-Professional-Version auf einer Dual-Workstation und einem Notebook (siehe Kasten ‘Professional-Version’) nicht überrascht.

Alle CPUs waren nach der Plug&Play-Installation sofort verfügbar; hier unter Volllast beim iX-SQL-Bench (Abb. 1).

Dass aber ein Unisys-System mit acht Xeon-CPUs und 4 GByte RAM den Advanced Server ebenso klaglos geschluckt hat, war doch erstaunlich: außer der Partitionszuordnung für das Betriebssystem und der Lizenzbestätigung mit F8 war kein Handgriff notwendig. So richtig geglaubt haben wir es aber erst nach dem Aufruf des Task Managers (siehe Abbildung 1).

Der so installierte Unisys-Rechner war dann auch die Plattform, um erste Performance-Aussagen über den Win2k Advanced Server machen zu können, denn bei Beta-Versionen wäre man vor Verfälschungen durch Debug-Code nicht sicher. Die ersten Final-Ergebnisse sind im Kasten ‘Leistungswerte’ aufgeführt und interpretiert, wobei es nicht um die absoluten Werte, sondern vielmehr um erste relative Aussagen im Vergleich zu NT 4.0 ging.

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Leistungswerte

Schon allein um auf zukünftige Systemtests vorbereitet zu sein, bietet sich die Erprobung des Benchmarks SPEC CPU95 an. Hierbei geht es weniger um Performance-Messungen denn um Portabilität.

In sechs Disziplinen musste sich die 8-Prozessor-ES50850 von Unisys bewähren: unter Windows NT 4.0 SP5 und unter Windows 2000 mit den NT-Binaries sowie mit neuübersetztem Code in den Spielarten Single- und Multiprozessortest (SPECint_base95 und SPECint_rate_base95). Vergleichswerte liefern die Tests der 8-Way-Server von Fujitsu und Compaq mit der gleichen CPU (Pentium III Xeon, 550 MHz), zu finden unter [7].

Dank der hohen Speicherausstattung mit 4 GByte legt der Enterprise Server von Unisys die Messlatte recht hoch: 19,3 SPECint_base95 und 1330 SPECint_rate_base95. Ältere Binaries eines Pentium-II-Rechners von Dell liefen ohne Komplikationen durch, führten aber zu einem rund 4 Prozent niedrigeren Ergebnis, was sich schon allein aus der fehlenden Xeon-Optimierung ableiten lässt. Neuübersetzt ermitteln die Benchmarkprogramme fast die gleiche Rechenleistung wie unter NT 4.0. Die geringfügigen Abweichungen von 1,6 Prozent im Single-CPU- und 0,5 Prozent im SMP-Test liegen in der Messtoleranz und sind kaum als Leistungsunterschied zu interpretieren.

Windows 2000 stellt demnach bei derselben Plattform Anwendungen mindestens die gleiche Rechenleistung wie unter NT zur Verfügung. Selbst wenn unter Win2k eine große Zahl von Tasks aktiv sind, geht die Rechenleistung im SMP nur auf 1326 SPECint_rate_base95 zurück. Bei feinerer Optimierung und mit zu erwartenden weiteren Service Packs zu Microsofts Visual C++ 6.0 oder neueren Versionen dürfte aber mehr herauszuholen sein. Eine Neuübersetzung lohnt, wo möglich, auf jeden Fall.

Ergebnisse der SPEC CPU95
SPECint_ NT 4.0 SP5 Windows 2000
base95 19,3 19,6
rate_base95 1330 1337

Für den Administrator, aber auch für den Desktop-Anwender beginnen mit der Einführung von Win2k erlebnisreiche erste Wochen der Systemverwaltung. Die Suche nach den erwarteten Admin-Tools wird wohl in der Regel bei einem ‘Snap In’ der mmc.exeenden; es ist alles noch da, nur halt eben woanders als vermutet. Man kann davon ausgehen, dass die Möglichkeiten der NT-4.0-Verwaltung eine Teilmenge der unter Win2k zur Verfügung gestellten Systembeeinflussung sind.

Musste das sein? Eine heimliche Remote-Überwachung, die der Administrator einfach einschalten kann (Abb. 2).

Das Security-Management ist unter [1] und [2] beschrieben, hierunter fällt beispielsweise auch die Benutzer-Verwaltung. An dieser Stelle kann der Administrator auch einstellen, ob - bei installiertem Terminalserver - der Benutzer über diesen Mechanismus Zugang hat. Der Terminalserver, im Prinzip schon unter NT 4.0 verfügbar, leistet eine Ein- und Ausgabeumleitung (ähnlich dem X11) und macht damit NT beziehungsweise Windows 2000 multisessionfähig. Dass der Anwender ohne sein Wissen durch Duplizierung des Terminals remote vollständig kontrollierbar ist, kann der Systemverwalter ebenfalls auf dieser Karteikarte einstellen (siehe Abbildung 2).

In Amerika mag das wenig Aufsehen erregen, in Europa und speziell in Deutschland sind derartige Überwachungsmechanismen in Betrieben wohl zumindest mitbestimmungspflichtig. Wenn diese Form der Überwachung - auch nur als Möglichkeit - in der deutschen Version enthalten bleibt, könnte sich eine vielleicht unerwartete Barriere bei der Einführung von Win2k ergeben.

Der Advanced Server enthält auch die für einen Cluster benötigten Erweiterungen. Unverständlich ist aber, dass der Terminalserver nicht gleichzeitig auch im Cluster laufen kann. Auf den neuen Terminalserver und auf die Win2k-Cluster-Installation wird iX in einer der nächsten Ausgaben noch gesondert eingehen. Zur Sicherheit trägt sicher bei, dass zentrale Systemdateien niemand mehr löschen oder überschreiben kann; auch der Administrator nicht, und bei der Treiberinstallation verlangt das System einen zertifizierten Treiber; Letzteres ist aber abschaltbar. Ob die Zertifizierung mittelfristig die Qualität der Treiber verbessert, bleibt abzuwarten.

Eine Scripting-Umgebung zur Steuerung von Anwendungen und Administrationstools wird automatisch integriert, COM+Komponentendienste sind nun Standard; erste Annäherung, wie man beides in den Griff bekommt, findet der interessierte Leser in dieser Ausgabe [3], wobei die Grundlage hier noch Release Candidate 2 war.

Zweimal klicken, und der Druckerserver für Unix-Systeme ist fertig (Abb. 3).

Endlich hat es Microsoft geschafft, Platten-Quotas zu realisieren, jeder Benutzer kann nicht mehr Plattenplatz als vorgesehen belegen. Eine benutzerbezogene Echtzeitverschlüsselung ist ein weiteres Merkmal des NTFS5. Neu auch der Printer-Server für Unix (Abbildung 3) und der Telnet-Server: All das funktionierte klaglos; bis auf die Einschränkung, dass unter Telnet der benutzerbezogene PATH (der Suchpfad für ausführbare Programme) nicht weitergereicht wird.

Eine Selbstverständlichkeit zum Schluss: die jeweiligen Netzeinbindungen als Arbeitsgruppensysteme innerhalb einer (Unix-)DNS-Domain klappten in allen Fällen erwartungsgemäß reibungslos. Für eine Passwort-Verträglichkeit mit Samba bestehen ab der Version 2 bekanntlich keine grundsätzlichen Probleme mehr, wer eine ältere Samba-Version hat, muss bei Win2k unter [HKEY_LOCAL_MACHINE\SYSTEM\CurrentControlSet\Services\LanmanWorkStation\Parameters] den Eintrag "EnablePlainTextPassword"=dword:00000001 vornehmen.

Active Directory Service (ADS) - der LDAP-basierte universale Verzeichnisdienst - konnte nicht mehr getestet werden: hier sei auf einen iX-Artikel verwiesen, der allerdings noch auf der Beta basierte [4]; Grundlagen sind unter [5] nachzulesen.

Der jetzt integrierte Terminalserver verdient sicher eine nähere Betrachtung, vielleicht auch ein Performance-Vergleich der alten und der neuen Lösung. Aus Entwicklersicht ist Microsofts Management Console insofern interessant, da er hier Snapins selbst erstellen und anbieten kann.

Als eine der elementaren Voraussetzungen für das begehrte Windows-2000-Logo auf den Softwarekartons verlangt Microsoft die konforme Installation mit dem Windows Installer Service (WIS), eine Erweiterung, die eine ‘lebenslange’ Softwarepflege ermöglichen soll: Es bleiben also noch eine Reihe spannender Artikel nachzureichen.

[1] Thomas Dapper; Win2k-Security; Differenzierter Zutritt; Sicherheits-Features in Windows 2000 - Teil 1: Benutzerverwaltung; iX 12/99; S. 142

[2] Thomas Dapper; Win2k-Security; Geschützte Objekte; Sicherheits-Features in Windows 2000 - Teil 2: implementierte Standards; iX 1/2000; S. 134

[3] Holger Schwichtenberg; Win2k und COM+; Mit MTS zu COM+; Komponentendienste in NT 4 und Windows 2000; iX 2/2000, S. 124

[4] Michael Beigl, Christian Segor; Domain-Strukturen; Fingerhakeln; Kooperation von Windows-2000- und Unix-Domains; iX 9/99, S. 110

[5] Michael Beigl, Christian Segor; Netzweite Systemdienste; Unter einem Hut; Microsoft Active Directory Service; iX 8/97, S. 122

[6] Michael Beigl, Christian Segor; NT-Netze; Baumschule; Microsofts Distributed File System; iX 6/98, S. 118

[7] Ralf Draeger; SMP-Server; Oktarines Rack; Compaqs 8way unter UnixWare und Linux; iX 12/99, S. 78

Mehr Infos

iX-TRACT

  • Windows 2000 ist fertig und wird bereits produziert.
  • Plug&Play-Mechanismen, die Hardware vom Notebook bis zum Superserver abdecken, sorgen für eine stressfreie Installation.
  • Durch integriertes Power-Management von Haus aus auch für Notebooks geeignet, erschließt DirectX nun der Workstation die Spiele-Welt.
  • Erste Performance-Messungen auf einem 8-CPU-Server ergaben für Windows 2000 geringfügige Verbesserungen gegenüber der NT-4.0-Version.