Digitale Lehre: "Unsere Vorlesungen sind keine Vorlesungen im klassischen Sinn"

Die Studierenden der GISMA University kommen aus der ganzen Welt – aktuelle Technik hilft, soziale & mediale Brüche zu überwinden, wenn auch nicht vollkommen.

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(Bild: Login/ Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Die Digitalisierung im Bildungswesen muss gestaltet werden, das hat nicht zuletzt die Coronavirus-Pandemie gezeigt. Die privat geführte und staatlich anerkannte GISMA University of Applied Sciences mit Sitz in Potsdam versucht unter ihrem Dach eine besonders heterogene und internationale Studierendenschaft zusammenzubringen und setzt sich deshalb offensiv mit Digitalisierung und unterstützenden Tools auseinander. Gründungspräsident und Professor Dr. Stefan Stein hat sich unter anderem während der diesjährigen Learntec neue Entwicklungen für Lehre und Lernen angesehen, war aber auch Jury-Mitglied des dort verliehenen Delina-Awards. Prof. Dr. Stein erklärte heise online, welche Techniken die GISMA University of Applied Sciences einsetzt und wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz und Virtual Reality an der Hochschule diskutiert wird und abläuft.


Hallo Herr Prof. Dr. Stein. Auf der Learntec haben wir uns leider verpasst, ich freue mich aber, dass wir jetzt miteinander sprechen können.

Ja, genau. Ich habe mich zwischen Vorträgen und Präsentationen bewegt und geschaut, welche Neuheiten es insbesondere in den Bereichen Artificial Intelligence und Virtual Reality gibt.

Prof. Dr. Stefan Stein

Prof. Dr. Stein ist Gründungspräsident der GISMA University of Applied Sciences in Potsdam. Nach dem Studium der Wirtschaftwissenschaft und Promotion an der Ruhr-Universität Bochum arbeitete er zunächst in der Finanzindustrie bei der Dresdner Bank sowie der WGZ-Bank bevor er in die Wissenschaft zurückkehrte als Geschäftsführer des Instituts für Kredit- und Finanzwirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Die GISMA University of Applied Sciences wurde im Jahr 1999 gegründet – sie hieß allerdings bis zum 05.07.2023 GISMA Business School. Ein weiterer Standort liegt in Berlin.

Womit beschäftigen Sie sich denn, wenn Sie nicht bei der Learntec sind? Was sind Ihre Interessens- oder Forschungsgebiete?

Ich bin Präsident der GISMA University of Applied Sciences. Für mich geht es um die Konzeptionierung unserer Lernangebote. Das ist mein Hauptthema – und das Ganze nicht nur strategisch zu konzipieren, sondern dann auch für unsere Studierenden erlebbar zu machen, sprich Theorie und Praxis zusammenzubringen, damit sie den besten Nutzen von ihrem Studium haben. Wir befinden uns in einer gewaltigen digitalen Transformation, der müssen wir natürlich auch in unseren Programmen Rechnung tragen.

Wie ist die GISMA momentan ausgestattet? Wie weit ist ihr Digitalisierungsprozess vorangeschritten?

Das ist ein fortlaufender Verbesserungsprozess. Ich glaube, wir sind schon sehr gut dabei. Inhaltlich sind das Bachelor- und Masterprogramm "Data Science, AI and Digital Business" sehr gut angekommen. Und wir konnten unsere staatliche Anerkennung auf Computer Science und Software Engineering ausweiten. Eine weitere Spezialisierung haben wir in Cyber Security. Das ist für uns Teil des konzeptionellen Prozesses und da sind wir natürlich auch in der Ausstattung "state-of-the-art".


Wie läuft denn ihr Unterricht ab und welche Digitalisierungsschritte sind dort zu sehen?


Unsere Vorlesungen sind keine Vorlesungen im klassischen Sinn, weil die Studierenden nicht nur vor Ort hier in Potsdam teilnehmen, sondern aus der ganzen Welt. Jede Unterrichtseinheit ist sozusagen eine Global Class. Dementsprechend läuft es fast wie bei einer Live-Produktion fürs Fernsehen ab. Bild und Ton werden simultan übertragen.

Wir haben insgesamt sechs Räume hier am Campus, die physische Microsoft Teams Rooms sind. Dort treffen sich die Studierenden virtuell und auch in Präsenz – alle loggen sich dort ein. In den Räumen werden spezielle Richtmikrofone eingesetzt, damit die online Studierenden ihre Kommilitonen vor Ort und die Dozierenden ganz klar verstehen, egal, wo sie sich gerade im physischen Raum befinden.

Hinzu kommen die Lehrmaterialien, die alle online verfügbar sind: Dazu gehören dann relativ kleine, aber viele Lern-Nuggets, Videos, Flashcards, Quizzes. Verzahnt ist das mit einer rein elektronischen Bibliothek – eine physische haben wir nicht. Alle Studierenden überall auf der Welt müssen auf unsere Literatur zugreifen können, und das geht eben nur digital.

Für dieses Angebot haben wir uns mit einem Edutech-Unternehmen zusammengetan, bei dem alle Studierenden der GISMA eine Lizenz bekommen. Die Bücher können sie dann behalten, solange sie mit uns studieren. In den digitalen Büchern können Markierungen vorgenommen werden. Innerhalb der Modulhandbücher gibt es dann auch direkte Verlinkungen bis auf einzelne Kapitel oder Grafiken.


Wie stellen Sie sicher, dass alle Studierenden mit dieser Form des Lernens und den Lernmitteln klarkommen?

Bisher haben wir sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Die jungen Menschen sind ja mittlerweile schon vor ihrem Studium so versiert im Umgang mit Digitaltechniken, dass es für sie wohl eher seltsam wäre, wieder ein analoges, klassisches Buch in die Hände zu nehmen. Zu Beginn des Studiums gibt es eine ausführliche Einführung, die auch den Umgang mit den Online-Materialien beinhaltet. Wichtig für uns ist – und das zeigt uns die Erfahrung mit den Materialien – bewusst die Interaktion anzuregen, damit das Lernergebnis am Ende besser ist.


Haben Sie eine Lehrsprache, die international ist, also zum Beispiel Englisch?

Ja, genau so ist das bei uns. Wir unterrichten in Englisch. Und auch die Mitarbeitenden sprechen in Englisch miteinander. Wir haben ein sehr internationales Profil. Die Kollegen kommen auch aus verschiedensten Ländern und deswegen ist unsere Tagessprache auch in der Verwaltung immer Englisch.

Ich schätze, dass 95 Prozent unserer Studierenden aus dem Ausland kommen und mindestens 85 Prozent von diesen kommen von jenseits der EU-Grenzen.