Mehr für wenige

Die Mechanismen der Marktwirtschaft greifen. Mit der Erholung der IT-Branche steigen die Gehälter. Davon profitieren insbesondere Experten und Manager der Softwarebranche. Ansonsten zeichnen die diversen Untersuchungen über Einkommen der IT-Profis das gewohnt uneinheitliche Bild.

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Von
  • Achim Born
Inhaltsverzeichnis

Die Erholung im Stellenmarkt hat Bestand, denn in den ersten drei Monaten dieses Jahres wurde rund ein Viertel mehr IT-Jobs ausgeschrieben als im Vorjahreszeitraum. Auf fast 6200 stieg die Zahl der einschlägigen Stellenangebote, die im Betrachtungszeitraum laut dem Personaldienstleister Adecco in 40 Tageszeitungen und der Computerwoche veröffentlicht wurden. Und wieder einmal waren es die Beratungs- und Softwarehäuser, die mit über 1700 Angeboten das Gros der Job-Offerten stellten. Zu mehr als zwei Dritteln waren hier Anwendungsentwickler gefragt.

Auf einem simplen Nenner gebracht: Es geht der IT-Branche besser und dies drückt sich in wachsenden Beschäftigtenzahlen aus.

In Folge der gewachsenen Nachfrage steigen die Einkommen der IT-Profis. Im Mittel dürften sich die Gehälter heuer zwischen 3,5 und 3,8 % zulegen, folgt man der Studie über Manager-Gehälter, die zum vierten Mal die Computerwoche in Zusammenarbeit mit der Vergütungsberatung Towers Perrin erstellte. Das höchste Salär streichen danach die Bereichsleiter in der Halbleiterindustrie mit einem jährlichen Grundgehalt von 111 000 € ein. Aber auch in den anderen Branchen liegen die Einkünfte der Manager sicher über der 100 000-€-Grenze.

Ein Blick auf die Zielvergütung offenbart zudem, dass der Topf für die leistungsbezogene Vergütung immer größer wird. Dies verhilft dann auch dem Bereichsleiter der Softwareindustrie mit jährlich 146 000 € zur Pole-Position, da seine Bezahlung mit Abstand den höchsten variablen Anteil enthält. Es folgen seine Kollegen aus der IT-Dienstleister- oder aus der Halbleiterbranche mit einem Zielgehalt von jeweils 136 000 €. Das Schlusslicht bilden wieder die Bereichsleiter der Anwenderunternehmen.

Die von Towers Perrin angeführte Entwicklung deckt sich mit den Ergebnissen der Mitte vergangenen Jahres veröffentlichten Vergütungsstudie „Führungs- und Fachkräfte in der Informationstechnologie 2005“ von Kienbaum. Nach Recherchen der Gummersbacher Managementberatung fielen im vergangenen Jahr die Gehaltssteigerungen mit 3,4 % für Führungskräfte und 3,0 % für Fachkräfte deutlich höher aus als 2004, wo das Plus nur 2,1 % beziehungsweise 2,0 % betrug. Eine IT-Führungskraft verdiente demnach 2005 durchschnittlich 96 000 €. Eine Fachkraft kam auf 56 000 €. Dabei enthielt das Gesamtgehalt bei 61 % der Führungskräfte einen variablen Anteil in Höhe von durchschnittlich 14 300 €. Deutlich geringer fiel dieser Zusatz bei den Fachkräften aus.

Einkommen der IT-Führungskräfte 2005
Telekom Halbleiter Software Hardware Dienst-
leistungen
Anwender
Bereichsleiter 103 - 118 111 - 136 109 - 146 100 - 120 101 - 136 100 - 115
Abteilungsleiter 85 - 97 89 - 102 81 - 100 80 - 93 85 - 104 74 - 86
Gruppenleiter 68 - 77 74 - 82 67 - 85 71 - 80 77 - 80 64 - 69
Projektleiter 72 - 79 73 - 75 68 - 75 75 - 78 75 - — 66 - 73
alle Angaben in Tausend Euro, erste Zahl Grundvergütung, zweite Zielvergütung
Quelle: Towers Perrin, 2006

Nach der Kienbaum-Untersuchung ist der Faktor, der das Gehalt neben der hierarchischen Stellung und Personalverantwortung maßgeblich beeinflusst, die Unternehmensgröße. Ein Leiter „Informationsverarbeitung und Organisation“, der durchschnittlich inklusive aller Zulagen auf 118 000 € jährlich kam, konnte in einem großen Unternehmen bis zu 50 % mehr verdienen als sein Kollege in einem kleineren.

Noch deutlichere Abstände weist die Untersuchung von Towers Perrin aus. Hier erhält der Chef eines mittelständischen Unternehmens rund 143 000 € Grundgehalt, während sein Kollege aus einem Konzern (über einer Milliarde Euro Umsatz) ein Salär von durchschnittlich 260 000 € einsteckt. Der Unterschied vergrößert sich noch, wenn man die variablen Anteile hinzurechnet. Denn sie machen im Mittelstand nur rund 40 % aus, während Konzerne einen Aufschlag von 70 % zum Grundgehalt zahlen.

Eine aktuelle Gehaltsstudie der Personalberatung Interconsult bestätigt diese Entwicklung. Danach durfte sich ein CIO 2005 über ein Jahreseinkommen zwischen 153 000 und 206 000 € freuen, während sich im Vorjahr die Gehaltsspanne zwischen 148 000 und 198 000 € bewegte. Seine untergebenen IT-Leiter kamen noch auf 95 000 bis 111 000 € (bei bis zu vier Jahren Berufserfahrung) beziehungsweise auf 106 000 bis 137 000 € (bei mehr als sechs Jahren Berufserfahrung).

Spanne der Jahresgehälter
Funktion Firmendurchschnitt Durchschnittsgehalt
minimal maximal (gewichteter Mittelwert)
2005 2005 2005 2004
Juniorberater 31 62 46 43
Berater 38 89 56 56
Seniorberater 48 145 74 68
Chefberater 53 147 108 74
Manager 56 226 111 95
Hrw-Junior-Entwickler 18 43 42 34
Hrw-Entwickler 34 57 48 55
Hrw-Senior-Entwickler 48 98 57 60
Gruppenleiter Entwicklung 53 105 71 74
Leiter Entwicklung 61 139 74 88
Sfw-Junior-Entwickler 24 56 44 39
Sfw-Entwickler 30 77 58 52
Sfw-Senior-Entwickler 45 94 65 59
Projektleiter 58 151 83 82
VB 48 148 80 64
Vertriebsleiter 61 262 125 97
alle Angaben auf 35-Std.-Basis umgerechnet und auf Tausend Euro gerundet
Quelle: IG Metall, 2006

Deutlich niedriger fielen hingegen die Gehälter der „gewöhnlichen“ IT-Experten aus. Sie mussten sogar vereinzelt Gehaltseinbußen hinnehmen, obgleich die Einkommen der Mitarbeiter in der Hightech-Industrie (unter anderem die Branchen der IT-, Kommunikations- und Elektrotechnik) insgesamt im vergangenen Jahr durchschnittlich um 3 % zulegten. Ein einfacher Programmierer (unter drei Jahren Berufserfahrung) musste sich bei einem Softwarehaus mit einem Jahressalär zwischen 39 000 € und 51 000 € bescheiden. In der Vorjahresuntersuchung betrug die Verdienstspanne noch zwischen 41 000 und 56 000 €. Ebenso musste sein erfahrener Programmierkollege, dessen Einkommen sich zwischen 52 000 und 69 000 € bewegt, im Vergleich zu 2004 Abstriche im einstelligen Prozentbereich hinnehmen.

Dass bei aller Tendenz nach oben die Gehaltsentwicklung für die einzelnen Tätigkeitsfelder im ITK-Sektor keinesfalls einheitlich verläuft, dokumentiert auch die jüngste Entgeltanalyse der IG Metall. Die Ergebnisse der im März veröffentlichten Untersuchung, für die man rund 30 000 Daten des Jahres 2005 aus 53 Betrieben ausgewertet hat, spiegelt nach Ansicht der Autoren deutlich die Situation auf dem ITK-Arbeitsmarkt wider. Vor allem im Bereich Beratung/Consulting setzte sich nach Einschätzung der Gewerkschaftler der positive Einkommenstrend des Vorjahres über alle Tätigkeiten hinweg weiter fort. Ebenfalls deutlich legten die Gehälter in Rechenzentren zu - bei einigen Berufsfeldern sogar um nahezu 20 %. Weniger stark entwickelten sich die Entgelte im Bereich Service Technik. In der Hardwareentwicklung verbesserten sich hingegen die Einkommen nur auf den untersten Rängen (Junior), bei den übrigen Gruppen stagnierten sie oder fielen zurück.

So strich ein Manager (erste Führungsebene) im Consulting-Bereich bei einem durchschnittlichen Jahreseinkommen von 111 000 € im Vergleich zum Vorjahr rund 16 000 € mehr ein. Bei einem Chef-Berater (Jahresgehalt: 108 000) betrug diese Differenz sogar circa 34 000 €. Dagegen wies das durchschnittliche Salär eines einfachen Beraters gar keine Steigerung auf.

Allerdings offenbart ein Blick auf die Entwicklung der firmenbezogenen Durchschnittsgrößen eine im Vergleich zum Vorjahr deutlich größere Spreizung. Auffällig ist nach Angaben der IGM, dass etliche Unternehmen die variable Vergütung in engen Grenzen hielten, während andere den variablen Gehaltsanteilen eine enorm hohe Bedeutung einräumten. Im Bereich Beratung etwa lagen die variablen Entgeltanteile bei Managern zwischen 2300 und 112 000 €, und bei Projektleitern in der Software-Entwicklung konnte dieser Anteil bis zu 58 000 € betragen.

Geforderte Stundensätze
Position 1.02.03 1.08.03 1.02.04 1.08.04 1.02.05 1.08.05 1.02.06
Softwareentwickler 67 64 62 60 60 60 61
Berater 75 72 70 68 69 69 70
Trainer 65 62 60 60 60 60 61
Projektleiter 77 75 71 69 71 71 73
Administrator 59 57 54 52 53 52 52
Qualitätssicherung 64 62 60 58 58 59 60
alle Angaben in Euro
Quelle: Gulp, 2006

Die IG Metall kann für ihre Erhebung mit dem Pfund einer vergleichsweise stabilen Datenbasis wuchern. 78 % der beteiligten Unternehmen hatten bereits in den Vorjahren teilgenommen. Andere Gehaltsanalysen funktionieren dagegen eher nach Treu und Glauben, da an den einschlägigen Online-Umfragen wie der unserer Schwesterzeitschrift c’t (Heft 6/2006, S. 130) jeder Interessierte ohne gesonderte Kontrolle teilnehmen kann.

Die c’t-Analyse weist, bezogen auf alle knapp 3200 Teilnehmer aus Deutschland, eine kleine Steigerung des Durchschnittsbruttoeinkommens um 2 % auf knapp unter 48 000 € aus.

In den Postleitzahl-Regionen „6“und „8“ wird statistisch ammeisten verdient, was man durchdie Ballungsgebiete Frankfurt und München erklären kann. Ebenso wenig verwundert, dass in den ostdeutschen Postleitzahl-Regionen „0“ und „1“ die Gehälter am geringsten ausfallen.

Um die 1000 € mehr als im Vorjahr bekamen 2005 unter anderem Projektleiter in der Softwareentwicklung und Anwendungsentwickler. In anderen Tätigkeitsfeldern - beispielsweise als Datenbankarchitekt (+7 %) - wurde im vergangenen Jahr zum Teil deutlich mehr verdient. In den meisten Fällen bewegten sich die Gehälter aber auf Vorjahresniveau. Im Grunde verbietet sich jedoch ein konkreter Vergleich zum Vorjahr, da die Umfrage nicht repräsentativ ist. Sie vermittelt allerdings einen recht soliden Eindruck über die relative Einkommenssituation.

Weitaus deutlicher als das persönliche Wissen beeinflussen indes Standort (s. Grafik: „IT-Gehälter nach Regionen“) und Position im Unternehmen die Bezahlung. Wie bei Jobpilot nehmen auch bei c’t die Durchschnittseinkommen in den ostdeutschen Bundesländern weiterhin die hinteren Plätze ein.

An dieser Situation änderten die überdurchschnittlichen Wachstumsraten wenig, die etwa in Sachsen-Anhalt bei +9,2 % oder Sachsen bei +8,5 % liegen. Der Abstand zu Einkommen in Hessen (+4,5 %) oder Bayern (+3,3 %) ist weiterhin riesig. Und dass durch den Rückgang der Durchschnittsgehälter die Schlusslichter der westdeutschen Länder - Schleswig-Holstein (-5 %) und Saarland (-5,6 %) - in Sichtweite rücken, kann keinen wirklich erfreuen.