Ware Arbeit, wahrer Lohn

Welcher IT-Spezialist grübelte nicht über die Höhe seines Salärs? Schließlich sollte sich getreu des in unserer Wirtschaftsordnung vorherrschenden Gesetzes von Angebot und Nachfrage die Knappheit bei der Ressource ‘Personal’ in der Gehaltshöhe niederschlagen. Vereinzelt erscheinen in Statistiken Gehaltssprünge von 20 Prozent, das Gros muss sich aber mit erheblich weniger begnügen.

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Von
  • Achim Born
Inhaltsverzeichnis

Rund ein Drittel mehr Gehalt - die streikenden Piloten mit dem Champagnerglas in der Hand wecken zweifelsohne den Neid anderer Berufsgruppen. Von solchen Zuwächsen können selbst IT-ler nur träumen, obgleich sie händeringend gesucht werden. In ihrer aktuellen Erhebung zum Thema ‘Entgelt in der IT-Branche’ kommt die IG Metall zu dem Schluss, dass ‘Wachstum der Branche kein Garant für überproportionales Einkommenswachstum’ ist. Durchschnittlich sind nach Angaben von IG-Metaller Dieter Scheitor die untersuchten Gehälter in der IT-Branche um 3 % gestiegen.

Durchschnittliche Jahresgehälter

(Bild: dmmv)

Zudem weist die inzwischen dritte Erhebung der IG-Metall - die 35 Betriebe mit rund 20 000 Mitarbeitern erfasst - eine erhebliche Bandbreite in der Bezahlung aus. So betrug beispielsweise die Differenz zwischen Minimal- und Maximalgehalt eines erfahrenen Systemoperators circa 64 000 DM (Bandbreite: 39 321 DM bis 103 395 DM), und bei einem Rechenzentrumsleiter ermittelte die Studie sogar ein Unterschied von über 175 000 DM (44 930 DM bis 220 535 DM. [Anmerkung: Bei diesen und den folgenden Gehaltszahlen handelt es sich jeweils um Arbeitnehmerbruttobezüge.] Auch die übrigen 46 aufgeführten branchentypischen Tätigkeitsbilder wiesen zum Teil eklatante Unterschiede auf. Die in der eigenen Erhebung registrierte deutlich ausgeprägte Spreizung der Gehaltshöhe in einzelnen Jobs erklärt man bei der IG Metall ‘mit den unterschiedlich gelebten Gehaltssystemen in der Branche und dem ausgesprochen lebhaften Arbeitsmarkt im Erhebungszeitraum’ (4. Quartal 2000).

Ähnliches lässt sich auch in anderen, meist von einschlägigen Unternehmensberatungen durchgeführten Untersuchungen wiederfinden. Nach einer Umfrage bei 133 Hightech-Firmen und 5 Distributoren erwartet beispielsweise Interconsult in diesem Jahr für Systemadministatoren ein Salär zwischen 83 000 und 125 000 DM (im Vorjahr: 96 000 bis 121 000 DM), für Netzwerktechniker zwischen 75 000 und 98 000 DM (75 000 bis 92 000 DM), für den Leiter Netzwerkmanagement zwischen 102 000 und 146 000 DM (94 000 bis 139 000 DM) und für den EDV-Leiter zwischen 174 000 und 222 000 DM (168 000 bis 219 000 DM).

‘Die Bandbreite der Gehälter bei vergleichbaren Positionen wird maßgeblich von Branche und Region terminiert’ erläutert D. A. Graf von Reischach. Dabei beobachtet der Geschäftsführer von Interconsult ein deutliches Süd-Nord-Gefälle. Insbesondere die Hightech-Branche, auf die sich die genannten Bandbreiten beziehen, kommt zudem nicht umhin, für ihre ‘wertvollen’ Mitarbeiter Spitzengehälter zu zahlen. Steigerungen von an die 20 % in diesem Jahr sind da in Einzelfällen schon einmal drin, während man die Zunahme der Gehälter in der IT-Branche allgemein für das laufende Jahr mit 4,8 % veranschlagt.

Branchenbezogen erweisen sich wiederum die Softwarehäuser mit einem Durchschnittsgehalt von 138 800 DM als lukrativste Arbeitgeber, wie eine im Sommer/Herbst vergangenen Jahres von der Computerwoche gemeinsam mit dem Saarbrücker Professor Christian Scholz organisierte Untersuchung ermittelte. Die IT-Spezialisten der Telcos sowie der Finanzdienstleister oder Industrie können sich demnach über ein Salär um die 122 000 DM freuen, während das Schlusslicht öffentlicher Dienst den Mitarbeitern nur 93 500 DM zugesteht. Im Übrigen gelten München und Frankfurt am Main als die Hochburgen der gutbezahlten Programmierer; Köln als Medienstadt holt hier auf.

‘Mit welchen Bezügen die Manager rechnen können, hängt von verschiedenen Faktoren ab: Neben der hierarchischen Stellung ist vor allem die Unternehmensgröße entscheidend’, macht Malte Brümmer von der Kienbaum Management Consultants GmbH auf eine weitere Ursache für die Differenzen in den Gehältern aufmerksam. Die Position eines Leiters IT in einer großen Gesellschaft könne doppelt so gut dotiert sein wie dieselbe Position in einer kleineren Gesellschaft.

Im Mittel geht man bei dem Beratungsunternehmen für einen IT-Leiter von einem Gehalt von 216 000 DM aus, wobei die Spanne zwischen 167 000 und 249 000 DM liegen kann. Für Systemprogrammierer lauten die Vergleichswerte 109 000 DM sowie 95 000 bis 124 000 DM. ‘Wir weisen üblicherweise Quartalswerte aus, nicht Minima & Maxima, da diese Zahlen anfällig für Ausreißer sind’, erläutert Berater Brümmer den Unterschied zu den Bandbreiten anderer Untersuchungen.

Die kürzlich vorgelegt Studie ‘Vergütung 2001 Führungs- und Fachkräfte in der Informationstechnologie’, die Daten von 6323 Mitarbeitern in 309 Unternehmen branchenübergreifend mit 35 Positionen und Funktionen im Bereich Informationstechnologie analysiert, weist des Weiteren bei den Grundgehältern von Führungskräften und bei Fachkräften mit im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich 5,5 % beziehungsweise rund 6,5 % einen höheren Anstieg als die IG Metall aus. Mit diesen Werten toppen die IT-Fachkräfte die Gehaltszuwächse in den anderen Unternehmensbereichen.

In ihrer um den Jahreswechsel vorgestellten Vergütungsstudie Informationstechnologie 2001/2002 weist die Hamburger R&P Management Consulting darauf hin, dass insbesondere Berufseinsteiger sich über kräftige Zulagen im zweistelligen Bereich freuen dürfen. Ein ‘neuer’ IT-Controller beginnt nun beispielsweise mit 60 200 DM und damit mit einem Zehntel mehr als im vergangenen Jahr. Die Profis kommen nach RPMC auf durchschnittlich 98 400 DM und die Top-Leute auf 134 000 DM.

Mitarbeiterbedarf gedeckt/nicht gedeckt

(Bild: dmmv)

Diese Steigerung der Einstiegsgehälter rührt nach Überzeugung der Verantwortlichen des Deutschen Multimedia Verbandes, der gemeinsam mit dem HighText-Verlag eine jährliche Gehaltsübersicht für die Internet- und Multimedia-Branche (dmmv-Gehaltsspiegel 2001) veröffentlicht, von dem nach wie vor existierenden Fachkräftemangel her. Auf sieben neu eingestellte Mitarbeiter im Multimedia-Bereich kommen demnach etwa drei Arbeitsplätze, die nicht besetzt werden konnten. Dies soll einer ‘Lücke’ von rund 8000 Spezialisten entsprechen.

Dabei wirkte sich dieser Mangel im vergangenen Jahr nach Recherche des dmmv bei 92 Unternehmen mit einem Plus von 8 % in den Einstiegsgehältern verhältnismäßig deutlich aus. Am Stärksten stieg das Einstiegsgehalt einer Marketing-/Vertriebsführungskraft von durchschnittlich 64 000 DM auf immerhin 104 000 DM. Große Gehaltssprünge sind aber auch bei Führungskräften der übrigen Arbeitsbereiche zu beobachten. Bezogen auf die Gehaltsentwicklung insgesamt machte der Interessenverband hingegen eine eher moderate Erhöhung der Gehälter um durchschnittlich 3 % aus.

Immer weniger setzt sich das Gehalt aus festen Bestandteilen zusammen. Variable, erfolgsbezogene Gehaltsfaktoren wie Provisionen und Prämien gewannen stattdessen in den letzten Jahren an Gewicht. In nahezu zwei von drei Fällen (62 %) der in diesem Jahr befragten Firmen werden solche finanziellen Leistungen gezahlt, heißt es beim dmmv. Im Jahre 1999 hatten erst rund 40 % der Unternehmen eine solche Provisionsregelung vermerkt. Kienbaum weist darauf hin, dass je nach Unternehmenserfolg bei Führungskräften zwischen 13 und 19 % der Vergütung auf variabler Basis erfolgt.

Zusätzlich zum Festgehalt in diesem Jahr können sich so 76 % der Manager unterhalb des Vorstandes an durchschnittlich 32 000 DM aus ‘variablen’ Vertragsbestandteilen erfreuen. Insgesamt erhalten 63 % der Führungs- sowie 33 % der Fachkräfte ergänzende variable Zulagen in Form von Prämien, Tantiemen et cetera zum Grundgehalt, die sich zu durchschnittlichen 23 000 DM für Führende und 7000 DM für Fachkräfte summieren.

Neben den erfolgsabhängigen monetären Leistungen und dem Grundgehalt gehört auch eine Vielzahl betrieblicher Zusatzleistungen als fester Bestandteil zum üblichen Vergütungspaket. Beliebt hierbei ist beispielsweise der Dienstwagen, der privat meist unbegrenzt zur Verfügung steht. ‘Zu den heute typischen Zusatzleistungen gehören unter anderem Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall und Tod über das gesetzliche Mindestmaß hinaus, 30 Tage Jahresurlaub, betriebliche Altersversorgung/Direktversicherung, 24-Stunden-Unfallversicherung, verbilliges Kantinenessen/Essensgeld und Parkmöglichkeiten, vermögenswirksame Leistungen’ listet Kienbaums Brümmer auf. Dieser Umfang sei heutzutage marktüblich, wobei die einzelnen Regelungen in Firmen deutlich voneinander abweichen könnten.

Wie die anderen registriert auch D. A. Graf von Reischach einen deutlichen Anstieg des erfolgsabhängigen Anteils in der Hightech-Branche. Geiz an der falschen Stelle - etwa bei der Dienstwagenklasse - hätte hier schon manchen Absprung unter den potenziellen Kandidaten für eine Stelle bewirkt. ‘Freiwillige Sozialleistungen wie Zuschüsse zum Kantinenessen oder Ähnliches sind für IT-ler aber nicht mehr zeitgemäß. Statt dieser in der Verwaltung viel zu aufwendigen Wohltaten alter Prägung wird ein um einige hundert Mark erhöhtes Gehalt bevorzugt’, steht für den Berater außerdem fest.

Im Gegensatz zu der jüngsten Vergangenheit würden die Mitarbeiter sich aber nicht mehr durch ‘Aktienoptionen statt Gehalt’ abspeisen lassen, sondern pochen auf das tatsächliche Gehalt. Und junge Unternehmen müssen hier ordentlich aufstocken, wollen sie Mitarbeiter von renommierten Unternehmen abwerben. Der Interconsult-Chef meint: ‘Optionen werden nur noch als additive Zugabe angesehen, die sich vielleicht später einmal auszahlen kann, aber nicht muss.’ Selbst in der jungen Multimedia-Branche spielen Stock-Options laut dmmv eine vergleichsweise geringe Rolle, da zum einen nur etwa 12 % der befragten Unternehmen als AG firmierten und zum anderen Optionen auf Grund der aktuellen Börsenentwicklung etwas aus der Mode gekommen sind.

Ausschlaggebend für eine bessere Bezahlung kann nach wie vor ein formal höheres Ausbildungsniveau sein. Kienbaum nennt hier durchschnittlich 113 000 DM für promovierte IT-Fachkräfte, 106 000 DM für Leute mit Uni-Abschluss und 103 000 DM für solche mit FH-Zertifikat. Die IG Metall beobachtet allgemein, dass der Unterschied zwischen Hoch- und Fachhochschulabschluss mitunter 500 DM Unterschied pro Monat ausmachen kann. Außerdem erweist sich nach der CW-Untersuchung ein Betriebswirtschaftsabschluss im Vergleich zum Informatik-Studium als ‘wertvoller’, und dieses ist wiederum lukrativer als ein Abschluss in Wirtschaftsinformatik. Das ein MBA-Zertifikat (Master of Business Administration) mit 160 000 DM im Durchschnitt das höchste Jahreseinkommen sichert, liegt wohl in der Natur dieser managementorientierten Ausbildung begründet. Promovierte müssen sich da mit knapp 20 000 DM weniger begnügen.

Die jeweiligen durchschnittlichen Einstiegsgehälter weisen nach Gewerkschaftsstatistik dann mit circa 57 290 bis 57 850 DM kaum Unterschiede auf. Allenfalls der Fachinformatiker mit 53 843 DM fällt an dieser Stelle ein wenig aus der Reihe.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Gemengelage aus Grundgehalt, festen und variablen Bestandsteilen auf der einen Seite und divergierenden Tätigkeitsbeschreibungen auf der anderen Seite es schwierig machen, den Überblick bezüglich des ‘verdienten’ Gehaltes zu gewinnen. Die hier erwähnten Gehaltsuntersuchungen helfen nur bedingt weiter. Man muss schon sehr genau hinterfragen, was eigentlich gemeint ist. Schon der Vergleich der Untersuchungen untereinander fällt schwer. Teilt beispielsweise r&p die Teilnehmer weitgehend aufgrund der Berufserfahrung in Einsteiger, Professional und Top-Fachkräfte ein und listet in ihrer 398 DM teuren Untersuchung 60 Fachfunktionen auf, ließ die Computerwoche-Untersuchung die Teilnehmer sich nach Junior, Senior und Leiter unterscheiden. Bei der IG Metall wiederum muss man in die gebildeten Tätigkeitscluster schauen, um genauer zu wissen, was und wer gemeint ist. Hinzu kommt, dass die Anhänger der 35-Stunden-Woche die Arbeitswochen der Teilnehmer, die bis zu 42 Stunden (ohne Mehrarbeit) betragen konnten, ‘für den direkten Vergleich’ auf eine Basisarbeitszeit von 35 Arbeitsstunden pro Woche umgerechnet haben.

Hilfreicher für die persönliche Einschätzung mögen da die - allerdings nicht kostenfreien - Angebote einiger Beratungen sein, einen persönlichen Gehaltscheck durchzuführen. Einen solchen Service bieten unter anderem die Prisma von Prof. Scholz, r&p oder personalmarkt.de.

Mehr Infos

iX-TRACT

  • Die IT-Gehaltsstruktur zeichnet sich durch eine sehr große Bandbreite aus.
  • Bei gleicher Tätigkeit kann sich das Gehalt um den Faktor zwei - im Extremfall sogar um den Faktor drei - unterscheiden.
  • Ursache für diese Bandbreite können Firmengröße, Region aber auch formale Ausbildungsabschlüsse sein.
  • Gehälter unterscheiden sich zunehmend in fixe und variable (erfolgsorientierte) Bestandteile.
  • Größere Zuwächse sind bei den Einstiegsgehältern zu beobachten, hier schlägt der Arbeitskräftemangel zu.