Forderungen nach umfassender Datenschutzreform werden massiver

Angesichts neuer Berichte über einen florierenden Handel mit persönlichen Informationen im Netz machen sich SPD und Oppositionsparteien für eine weitere Überarbeitung des Datenschutzrechts stark.

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Angesichts neuer Berichte über einen florierenden Handel mit persönlichen Informationen im Internet machen sich SPD und Oppositionsparteien für eine weitere Überarbeitung des Datenschutzrechts stark. "Es ist höchste Zeit zu handeln, denn das momentane Datenschutzrecht wie auch der Vollzug reichen nicht aus, wie die aktuellen Fälle erneut drastisch offenbaren", erklärte Monika Griefahn, Sprecherin der Arbeitsgruppe für Kultur und Medien der SPD-Bundestagsfraktion, am heutigen Donnerstag. Wer jetzt noch immer die Augen vor der "erschreckenden Missachtung des Grundrechts Datenschutz" verschließe, handele unverantwortlich. Trotz der zahlreichen vorangegangenen Fälle von Datenklau, scheine es auch bei vielen Unternehmen kein Umdenken zu geben.

Für unerlässlich erachtet Griefahn nun eine "umfassende Revision des Datenschutzrechtes", den Abbau von Defiziten im Vollzug und die Stärkung der Aufsicht. Auch die jüngste, vom Bundestag erst Anfang Juli beschlossene Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes helfe nur bedingt. An die Union appellierte die SPD-Sprecherin, "endlich ihre Blockade gegen eine umfassende Reform des Datenschutzrechtes aufzugeben", anstatt jede Woche "neue und weitergehende Forderungen zur Einschränkung der Bürger- und Freiheitsrechte im Internet und zum Einsatz der Bundeswehr im Inneren vorzulegen".

Zugleich warf die Sozialdemokratin der CDU/CSU-Fraktion vor, bei den jüngsten Verhandlungen zur Datenschutznovellierung gegen die Initiative von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine weitergehende Einschränkung des Handels mit personenbezogenen Daten verhindert zu haben. Die Netzbürger müssten aber sicher sein können, dass sie allein über ihre Daten bestimmen und diese nicht ohne ihr Wissen weiterverkauft und missbraucht werden.

Auch der Vorsitzende des Innenausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy, gab der Union die Schuld daran, dass der Gesetzgeber dem Handel mit personenbezogenen Informationen während der Arbeit am neuen Datenschutzgesetz keinen stärkeren Riegel vorschob. Zugleich zeigte er sich wenig verwundert über das Ausmaß der Datenschutzverletzungen. Seit dem vergangenen Jahr überrasche ihn in Sachen Datenhandel nichts mehr, sagte der SPD-Politiker dem Sender NDR Info, der den jüngsten Skandal aufdeckte. Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, wies die Kritik zurück. Das novellierte Bundesdatenschutzgesetz werde den Adresshandel vielleicht nicht komplett verhindern, räumte der CSU-Politiker ein. Er werde diesen aber voraussichtlich deutlich eindämmen.

Vom ursprünglich vorgesehenen Opt-in-Prinzip, also der erforderlichen expliziten Zustimmung von Verbrauchern, wenn persönliche Daten für Werbung, Markt- und Meinungsforschung weitergegeben werden sollen, ist bei dem Gesetzesvorhaben allerdings nicht viel übrig geblieben. Laut dem verabschiedeten Text dürfen listenmäßig erfasste Daten wie Name, Beruf, Adresse, Geburtsjahr oder Titel weiterhin auch ohne Zustimmung der Betroffenen an Dritte übermittelt werden. Zudem gelten für eine Vielzahl der neuen Regeln lange Übergangsfristen von bis zu drei Jahren, nachdem viele Wirtschaftsverbände gegen den Vorstoß rebelliert hatten.

In der Opposition gibt es daher ebenfalls Stimmen, die eine erneute und gründliche Überarbeitung der Datenschutzbestimmungen fordern. "Der Skandal ist neu, das Problem ist alt", betonte die Innenexpertin der Bundestagsfraktion der Linken, Petra Pau. CDU und CSU hätten sich der "Datenhandel-Lobby" unterworfen und seien nicht gewillt, "persönliche Daten wirklich zu schützen". Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, sprach sich vor allem für eine personelle Aufrüstung der Datenschutzbehörden aus.

"Das neue Bundesdatenschutzgesetz trägt stark den Charakter eines Formelkompromisses", stieß der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar gegenüber der Nachrichtenagentur AP ins gleiche Horn. Er bemängelte an dem neuen Gesetz, dass es nicht bei bereits erhobenen Daten greife. Außerdem seien die Möglichkeiten zur Bekämpfung des Datenhandels sehr begrenzt: "Wir haben überhaupt keine Personalkapazität, um Jagd auf Adresshändler zu machen." In der Hamburger Behörde könnten sich lediglich zwei Mitarbeiter halbtags mit der Prüfung der örtlichen Wirtschaftsunternehmen befassen.

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(Stefan Krempl) / (jk)