zurück zum Artikel

Polituren und Kombiprodukte im Test: Scheinleistung

Martin Franz
Polituren und Kombiprodukte im Test

Kombiprodukte und Polituren zielen auf eine unterschiedliche Klientel. In der Politur von Petzold's wird ganz bewusst auf Inhaltsstoffe verzichtet, die das Anhaften von Lackschutz stören könnten.

(Bild: Franz)

KÜS und Autobild haben Mittel zur Lackpflege verglichen. Leider ist die Auswahl der Kandidaten gründlich misslungen.

Es scheint auf den ersten Blick ein nahezu unüberschaubares Angebot an Lackpflegemittelchen zu geben. Versiegelungen, Wachse, Polituren, Kombiprodukte – wer das passende Produkt will, muss sich mit der umfangreichen Thematik etwas tiefer beschäftigen. Eine professionelle Orientierung könnte helfen, sofern die Tester verstehen, was sie da eigentlich testen. Die Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger e. V. (KÜS) und die Kollegen der Autobild haben ins Regal gegriffen und verglichen. Das Ergebnis hilft allerdings nicht weiter, denn die Tester haben das Wesentliche übersehen.

Wachsen und polieren wird oft verwechselt. Eine Politur hat die Aufgabe, die Kanten von Kratzern so zu glätten, dass diese weniger oder gar nicht mehr zu sehen sind. Es ist diese oberflächliche Glätte, die den Hauptteil des Glanzes verursacht. Polituren gibt es in verschiedenen Abstufungen von sanft, meist als „Hochglanz-Politur“ oder irgendwas mit „Finish“ im Namen bezeichnet, bis hin zu Lackreinigern, die stark verwitterte Lacke wieder zum Glänzen bringen, indem sie die oberste Schicht an- oder gar abschleifen. Sie werden oft als „Lackreiniger“ bezeichnet, was genau genommen nicht ganz korrekt ist. Denn bevor Lack behandelt wird, ist eine gründliche Reinigung Pflicht. Für hartnäckige Verschmutzung kann ich Knete empfehlen.

Ein so aufbereiteter, also polierter Lack muss geschützt werden, sonst ist der schöne Schein rasch wieder dahin. Dafür kann ein Wachs oder eine Versiegelung wie das Sonax Polymer Netshield [1] verwendet werden. Ein Wachs ist meistens etwas einfacher zu verarbeiten und schützt nicht ganz so lange wie eine Versiegelung. Ausnahmen bestätigen auch hier die Regel, dass Fusso Coat 12M – ein Wachs – ist in der Anwendung ziemlich anspruchsvoll, hält jedoch länger als manche Versiegelung. Ein Update des im September 2019 begonnenen Tests [2] folgt demnächst.

Im Handel vor Ort sind häufig Kombiprodukte zu finden, die Politur und Lackschutz in einem Arbeitsgang versprechen. Das Ergebnis ist, so meine Erfahrung, nicht ganz so gut und nachhaltig wie bei zwei getrennten Arbeitsschritten. Wer keine hohen Ansprüche hat, macht damit nichts grundlegend falsch. Die Voraussetzung ist allerdings, dass der Lack zumindest halbwegs in Ordnung ist. Soweit zu den groben Grundlagen im Schnelldurchgang.

Wären diese beachtet worden, wäre die Zusammenstellung für den Test von KÜS und Autobild wohl weniger durcheinandergeraten. Herausgekommen ist dabei eine bunte Mischung von verschiedenen Mitteln, die für ganz unterschiedliche Anwendungen gedacht sind. Die Tester verglichen Kombiprodukte mit Polituren, die für verschiedene Grade der Lackverwitterung gedacht sind.

Im Test lag der Fokus auf der „Reinigungsleistung“. Dafür wurden Bereiche auf Testblechen definiert „verwittert“ und anschließend mit den Kandidaten behandelt. Warum auch die nicht zerkratzten, neuwertigen Bereiche auf den Testblechen mit einer Politur drangsaliert wurden, bleibt rätselhaft. Viel Mühe hat man sich gemacht, vergleichbare Bedingungen zu schaffen. Menge (5 Gramm) und Anpressdruck (1,5 Kilogramm) waren stets gleich. Die Politur wurde im Kreuzgang verarbeitet, fünfmal gingen die Tester dafür über das Blech. Anschließend wurde zehnmal, wieder im Kreuzgang, das Mittel mit einem weichen Tuch abgenommen.

Nach der Anwendung wurde die Glanzsteigerung zweimal bewertet – einmal vor, einmal nach einer Entfettung mit Isopropanol. Damit wolle man, so die Tester, den Einfluss von „eventuell enthaltenem“ Wachs und Silikon auf den Glanzgrad beurteilen. Ein Besuch auf den Webseiten der Hersteller hätte diesbezüglich schon weiterhelfen können, denn zumindest einige erklären sehr deutlich, wofür genau diese Produkte gedacht sind und ob eine Konservierung mit enthalten ist. Petzoldt's etwa lässt in seiner Politur alle fettigen/öligen Inhaltsstoffe wie Silikon ganz bewusst weg, um ideale Bedingungen für den anschließenden Lackschutz zu schaffen.

„Meguiar’s Ultimate Compound“ ist eine grobe Politur für „mittlere bis stärkere Lackschäden“. Das Produkt habe den Nachteil, so ein Tester, auf neuem Lack Schleifspuren zu hinterlassen – eine richtige Beobachtung, nur bleibt unbeantwortet, warum man mit einem groben Lackreiniger auf einen neuen Lack losgehen sollte. Nigrin empfiehlt sein „Black Label Lackreinigungs-Set“ ausdrücklich für stumpfe, stark verwitterte Lacke. Beide sind für Lackschäden, die dieser Testaufbau simuliert, schlicht nicht gedacht. Für ein perfektes Ergebnis werden Enthusiasten mit einer feinen Politur nochmals über den Lack gehen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Preisvergleich (heise Preisvergleich) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (heise Preisvergleich) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung [3].

Sie müssen zudem, wie auch „Petzoldt's Premium Reinigungspolitur“, anschließend mit einem Wachs oder einer Versiegelung in einem zweiten Arbeitsgang nachbehandelt werden. Das gilt auch für „Swissvax Cleaner Fluid Medium“, das vom Hersteller für „leicht verwitterte Lacke oder Lacke mit leichten bis mittleren Gebrauchsspuren (Microkratzer)“ vorgesehen ist. Die unterschiedliche Anzahl an Schleifkörpern in den getesteten Polituren erklärt dann auch spielend die divergierenden Ergebnisse in diesem Testversuch.

Verglichen wurden sie mit Mitteln, die Politur und Lackschutz in einem Arbeitsschritt vereinen sollen. „A1 ULTIMA Show & Shine Polish“ wirbt mit der Beseitigung von Feinkratzern und einer Grundversiegelung. Auch die Hochglanz-Politur von Koch Chemie ist eher für den letzten Schliff und einen Basisschutz gedacht, gleiches gilt auch für das Acryshield S mit Mikroabrasiva. Das „Sonax Premium Class Saphir Power Polish“ soll für alle Lackzustände richtig sein. Im Ergebnis wird das ein Mittel der Mitte sein, in anderen Produktlinien differenziert Sonax feiner.

Der Sieger dieses ungleichen Vergleichs ist der, der dem im Testaufbau simulierten Lackdefekt per Zieldefinition am nächsten kommt. Das Ergebnis hilft bei der Auswahl des richtigen Produkts nur bedingt weiter. Je nach Lackzustand gibt es bei vielen Anbietern nicht ohne Grund ein fein aufgefächertes Sortiment. Für ein gutes Ergebnis lohnt es sich, den Lack vorab zu begutachten und das Produkt entsprechend auszuwählen.

Polituren im Test

Im Testfeld finden sich Polituren für stark verwitterte Oberflächen und für den letzten Schliff.

(Bild: KÜS)

Zur Beseitigung von Hologrammen oder sonstigen, feinen Kratzern braucht es keine grobe Schleifpolitur, die auch erst einmal verarbeiten sein will. Für Spuren, wie sie beispielsweise schlechte Waschanlage hinterlassen, reicht meist eine sanfte Politur für den letzten Schliff. Auf einem stark vernachlässigten Lack dagegen macht man sich damit vor allem eines: Sehr viel fruchtlose Arbeit. Es hilft also nichts, einen Alleskönner anzupreisen. Den gibt es nicht. Mit dem Mittel, was zur Ausgangslage passt, lässt sich allerdings der Aufwand, der hinter einem gepflegten Lack steckt [4], massiv reduzieren.

(mfz [5])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-4690907

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Versiegelung-im-Langzeittest-Sonax-Polymer-Netshield-3859625.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Langzeittest-Wachs-Fusso-Coat-von-Soft99-4532662.html
[3] https://www.heise.de/Datenschutzerklaerung-der-Heise-Medien-GmbH-Co-KG-4860.html
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Tipps-zur-Autopflege-per-Hand-4051174.html
[5] mailto:mfz@heise.de