iX 12/2018
S. 74
Report
Bürokommunikation
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Office-Pakete als Cloud-Dienste

Schreibstube ade

Immer mehr Programme laufen in der Cloud und im Browser, auch die klassischen Office-Suiten. Platzhirsch ist Office 365, aber es lohnt sich auch der Blick auf andere Pakete.

Auf so gut wie jedem Bürorechner der Welt laufen Office-Programme. Lange galt Microsofts Paket als verlässliche Gelddruckmaschine – jeder kaufte die Software, erneuerte alle paar Jahre seine Lizenz, zwang seine Mitmenschen aufgrund der proprietären Dateiformate zu denselben Programmen und ignorierte dabei die kommerzielle oder freie Konkurrenz. Doch 2006 erblickte ein Mitbewerber das Licht der Welt, der einiges anders und richtig macht: Google Docs.

Für den Erfolg der Applikation war nicht entscheidend, dass sie ein großer Konzern entwickelte. Auch IBM, Sun und Corel versuchten lange ihr Glück und trotz einiger Innovationen kamen sie nie gegen den Riesen aus Redmond an. Googles Ass im Ärmel ist, dass das Programm auf seinen eigenen Servern läuft und der Anwender es im Browser nutzt. Weder muss er es installieren noch sich um Updates kümmern. Heute gehört solche Software as a Service (SaaS) zum Standardrepertoire eines IT-Anbieters, doch Docs stellte für viele Nutzer einen ersten Einstieg in das Konzept dar.

Sprung in die Cloud

Microsoft erkannte jedoch schon früh das Potenzial von SaaS-Anwendungen: Bereits 2008 kündigte der Konzern sein eigenes Cloud-Pendant an, 2010 konnten Nutzer es erstmals starten. Zunächst erhielt das Paket den Namen Windows Live Office, 2014 wechselte es zur Bezeichnung Office Online und nun geht es in der umfangreicheren Cloud-Suite Office 365 auf. Letztere brachte Microsoft 2011 auf den Markt und kann inzwischen viele Millionen Nutzer und Kunden vorweisen.

Wie so oft geht Apple seinen eigenen Weg. iWork machte eher eine Evolution denn eine Revolution für das Cloud-Zeitalter durch. So gibt es die Programme seit vielen Jahren als klassische, lokale Applikationen für macOS und iOS. Ihnen stellte der Konzern im Laufe der Zeit Cloud-Funktionen in der iCloud zur Seite. Nutzer konnten anfangs ihre Dokumente teilen, anschließend im Browser auch mit anderen Systemen öffnen und inzwischen mit anderen Anwendern gleichzeitig an ihnen arbeiten.

Aber auch freie Alternativen können in der neuen Cloud-Welt ankommen. Nach langer Entwicklungszeit gab es LibreOffice Online Ende 2015 erstmals live zu sehen. Allerdings gibt es einen entscheidenden Unterschied: Die Document Foundation, verantwortlich für das Paket, bietet es nicht selbst als SaaS an. Vielmehr müssen es Nutzer selbst aufsetzen – oder einen Anbieter wie Collabora beauftragen, der zudem viele Änderungen und neue Funktionen für die Programme beisteuert.

Darüber hinaus lohnt sich immer ein Blick über den Tellerrand. Von Anbietern von Cloud-Anwendungen wie Thinkfree Office und OnlyOffice haben die meisten Nutzer wohl noch nie gehört. Dabei existiert ersteres Paket bereits seit 2001 und letzteres seit 2009. Trotz des Namens handelt es sich bei Thinkfree um proprietäre Software, während OnlyOffice unter der AGPLv3 steht.

Tabelle
Tabelle: Anbieter und Programme

Nicht alle Entwickler integrieren dieselbe Anzahl an Applikationen in ihren Paketen. Die Basis stellen Textverarbeitung, Tabellenkalkulation und Präsentationssoftware dar. Jedoch umfassen viele Office-Suiten deutlich mehr – einen Überblick zu Anbietern und Programmen zeigt die gleichnamige Tabelle.

Für immer gebunden

Eine, wenn nicht die zentrale Frage bei der Wahl eines Office-Pakets ist die nach den Formaten: Welche setzen die Nutzer ein und können sie diese auch in der Cloud wie gewohnt öffnen und speichern? Hinter diesem augenscheinlich simplen Ansinnen versteckt sich gleich ein ganzes Bündel an Folgen. So gibt es nur wenige Büros, die nicht mit Microsofts Office Open XML arbeiten. Hierzu gehören .docx, .xlsx und .pptx. Auch Microsofts ältere Formate .doc oder .xls kommen noch zum Einsatz.

Im Gegensatz zu den alten, binären Formaten handelt es sich bei Office Open XML um einen frei verfügbaren Standard, den auch andere Anbieter von Office-Paketen direkt umsetzen können. Oder theoretisch könnten, denn die Spezifikationen sind kompliziert und widersprechen an einigen Stellen anderen Vorgaben des W3C oder ISO-Normen.

Mit Office Open XML konkurriert in erster Linie OpenDocument. Es handelt sich ebenfalls um einen XML-Standard, der allen Anbietern frei zur Verfügung steht. Er stammt ursprünglich wie OpenOffice und dessen Ableger LibreOffice von Sun und folglich ist er der Hausstandard von LibreOffice Online sowie Collabora. Darüber hinaus kommt er bei einigen Behörden in Deutschland zum Einsatz, darunter dem BSI und dem Auswärtigen Amt. Textdokumente enden hier beispielsweise auf .odt, Tabellen auf .ods und Präsentationen auf .odp.

Ab Werk können Nutzer auf viele Vorlagen zugreifen, hier zum Beispiel für eine Präsentation mit Google Slides. Genauso lassen sich auch für die Cloud eigene Vorlagen erstellen und öffnen (Abb. 1).

Apple setzt hingegen auf ein eigenes Format, zum Beispiel .pages für die Textverarbeitung Pages. Wie früher bei Microsoft können andere Entwickler nicht auf die Dokumentation des Formats zugreifen, und so bleibt es ohne größere Bedeutung für Unternehmen, die ihre Dokumente mit externen Nutzern austauschen wollen. Dasselbe gilt für Formate wie .show des gleichnamigen Präsentationsprogramms von Thinkfree Office.

Tabelle
Tabelle: Formate Import / Export

Am Ende stehen Unternehmen vor einer schwierigen Entscheidung: Mit Microsofts Formaten muss ein Office-Paket umgehen können, und sei es auch nur, um Informationen aus Dokumenten extrahieren zu können. Ausschließlich Microsoft kann immer absolute Kompatibilität mit sich selbst garantieren. Doch andere Anbieter entwickeln ihre Filter konstant weiter und passen sie an – meist genügt das für den Arbeitsalltag bereits, und für wirklich wichtige Dokumente kann das OpenDocument-Format dienen. Einen Überblick der von jedem Paket und Programm unterstützten Formate bietet die Tabelle „Formate“.

Konstant online

Für manche Unternehmen spielt es ebenfalls eine Rolle, dass sie die Software auch oder komplett im eigenen Rechenzentrum betreiben können. Hier haben Entwickler wie Collabora und OnlyOffice die Nase vorn: Das Paket kann der Kunde vollständig on Premises aufsetzen. Aber auch Microsoft und Thinkfree Office bieten eine On-Premises-Variante an. Die Redmonder verstecken sie unter der Bezeichnung Office Web Apps Server, der sich direkt in die Office-365-Umgebung integriert. Google Docs bleibt seinen Wurzeln hingegen treu, die Programme laufen immer auf externen Systemen. Dasselbe gilt für iWork, die Server verbleiben vollständig bei Apple.