iX 5/2018
S. 84
Report
Digitalisierung
Aufmacherbild

Erkenntnisse aus Geschäftsdaten gewinnen

Das neue Gold

Datengetriebene Geschäftsmodelle oder datengestützte Anwendungen sind allgegenwärtig. Aber nicht immer ist offensichtlich, wie im Unternehmen vorliegende Daten sinnvoll genutzt werden können.

Man könnte glauben, mit „Big Data“ sei diese Artikelserie nun endlich bei der Technik angekommen. Das Auswerten großer Datenmengen ist schließlich etwas für Experten und ausgefeilte Technik. So fördert ein Blick ins Artikelarchiv der iX eine Vielzahl von Artikeln zum Thema zutage.

Doch es geht auch in diesem Teil der Serie immer noch um die Frage, wie sich ein „analoges“ Unternehmen modernisieren und die Möglichkeiten der digitalen Zeit nutzen kann. Daten und deren Analyse sind oft ein Schlüssel dazu. „Big“ im Sinne von „riesig“ müssen die Datenmengen gar nicht sein: So trägt die Empfehlung des Bitkom im Leitfaden zur Digitalisierung auch die Überschrift „Nutzen Sie Ihre Daten“ ohne Hinweis auf die Datenmenge. Erst später ist von „Big Data“ die Rede (zur Begrifflichkeit siehe auch den Kasten „Was ist Big Data?“).

Datenmassen bändigen

Doch was ist so neu daran? Zahlreiche Firmen verwenden ihre Daten seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten, um ihr Geschäft zu betreiben oder zu verbessern. Versicherungen taxieren ein Risiko auf Grundlage der bekannten Daten. Fleischproduzenten ermitteln den erwarteten Bedarf für die nächsten Tage und Wochen auf Grundlage von Daten und Erfahrung. Händler, die ihre Waren auf Verkaufsmessen anbieten, bestimmen den Lagerbestand auf Grundlage der Verkäufe der Vorjahre. Das Eiscafé nebenan entscheidet, wie viel Eis es herstellt, in Abhängigkeit von der Wetterprognose und den eigenen Erfahrungsdaten. Manche dieser Anwendungen benötigen nicht einmal einen Computer.

Warum ist also Datenanalyse heute ein großes Thema? Dafür gibt es eine Reihe von Gründen:

1. Unternehmensdaten werden heute in der Regel digital erfasst, gespeichert und verarbeitet. Sie stehen damit auch für eine softwaregestützte Analyse zur Verfügung.

2. Rechen- und Netzwerkkapazitäten haben eine Höhe erreicht, die die Verarbeitung von (relativ) großen Datenmengen (relativ) einfach erlaubt. Das gilt auch für heterogene Daten aus verschiedenen Quellen. Anwender verschätzen sich häufig hinsichtlich der Bewertung, ob ihre Datenmenge bereits „big“ ist: Manche „Big-Data“-Anwendung läuft problemlos auf einem Notebook. Da die Rechner immer leistungsfähiger werden, ändert sich auch die Wahrnehmung von „großen“ Datenmengen fortwährend. Genauso spielt der Kontext eine Rolle. Verglichen mit den Dutzenden von Terabyte an Daten, die täglich bei den Versuchen am CERN anfallen, erscheinen viele industrielle Big-Data-Anwendungen recht bescheiden.

3. Methoden der künstlichen Intelligenz, insbesondere des maschinellen Lernens, sind im Mainstream angekommen. Damit lassen sich erheblich besser Schlüsse aus Daten ziehen als noch vor zwei oder drei Jahrzehnten.

4. Datenerfassung und -gewinnung sind dank allgegenwärtiger Vernetzung heute sehr viel leichter möglich. So zeichnen Maschinen ihre Betriebsdaten auf und stellen sie leicht zugänglich zur Verfügung, beispielsweise per WLAN in standardisierten Formaten. Oder man setzt Sensoren ein, die „analoge“ Geräte nachträglich „smart“ machen. Wer eine eigene „Internet of Things“-Idee (IoT) hat, findet im Netz kostengünstige Bausätze zum Experimentieren. Amazon bietet seinen programmierbaren IoT-Button schon für rund 25 Euro an.

5. Es stehen heute sehr viele unternehmensfremde Daten auf einfache Art und Weise zur Verfügung. Zum Beispiel Wetterdaten: Wer früher den Wochenendausflug anhand der unscharfen Wetterkarte der Tagesschau plante, kann heute präzise Prognosen für jeden Ort der Welt bekommen – kostenlos oder zumindest sehr günstig und maschinenlesbar. Supermarktketten nutzen das zum Beispiel, um die Lieferungen in ihre Filialen zu steuern: „31 Grad am Samstag und Sonntag in Hamburg? Dann müssen wir die Grillfleisch-Mengen in den Hamburger Filialen erhöhen.“

Wozu sind all diese Daten gut? Es geht immer um eines: Daten können Fragen beantworten. Wer mit seinen Daten etwas anfangen will, muss Fragen stellen.