iX 8/2018
S. 130
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Chats für Teams und Einzelkämpfer

Chit-Chat

Der Griff zum mobilen Telefon führt heute nicht mehr zwangsläufig zu einem Telefonat. Nicht selten erfolgt stattdessen ein Austausch über Chat-Apps.

Im privaten Umfeld sind heute Chat-Apps wie WhatsApp, Telegram oder Facebook Messenger gang und gäbe. Diese werden in der Regel aus dem Datenpaket des Nutzers gespeist und in manchen Fällen mehr oder weniger gelungen mit SMS-Empfang auf dem jeweiligen Gerät kombiniert. Ein gutes Beispiel hierfür ist Apples iMessage auf iOS-Geräten.

In Unternehmen ist E-Mail heutzutage nach wie vor der meistgenutzte Kommunikationskanal. Die Situation hat sich in den letzten Jahren allerdings auch hier nachhaltig verändert. Frustriert von den üblichen E-Mail- und CC-Lawinen und einem kaum mehr zu bewältigenden Aufkommen an Spam führen mehr Unternehmen den Chat als Kommunikationsmedium in die Arbeitswelt ein. Oftmals beginnt ein solcher Prozess mit einem einzelnen Team oder einer Abteilung und wird auch zumindest am Anfang nicht unbedingt durch die Unternehmens-IT gestartet. Diese Ausgabe der App-Infos beschäftigt sich mit Chat-Apps, die man im weitesten Sinn für die Kommunikation im beruflichen IT-Umfeld nutzen und empfehlen kann.

Slack statt E-Mail

Der heute bei weitem größte Anbieter von Team-Chats ist Slack, dessen App seit 2013 auf dem Markt ist. Laut Slack hat sie mehr als acht Millionen aktiver Nutzer pro Tag. Es handelt sich um einen Dienst auf Basis von monatlichen oder jährlichen Abonnement-Zahlungen. Die Preise fangen bei circa 7 US-$ pro Nutzer und Monat an und sind je nach gewünschten Features nach oben offen. Slack hat auch ein kostenloses Angebot, das allerdings die Anzahl der gleichzeitig verfügbaren Nachrichten auf 10 000 limitiert. Das hört sich viel an, ist aber zum Beispiel mit einer offenen IT-Community-Gruppe schnell erreicht.

Wer Slack neu einsetzt, muss zunächst einen sogenannten Workspace erstellen und einrichten. Dabei handelt es sich im Prinzip um eine Ansammlung von Chat-Kanälen mit einer Gruppe von Benutzern. Die Gesamtheit der Nutzer heißt in Slack-Jargon einfach Team. Chat-Kanäle können auf Ebene des Teams öffentlich oder private Gruppen sein. Um einer solchen Gruppe beizutreten, benötigt jeder Nutzer eine explizite Einladung. Dieses Feature nutzen viele für thematische oder projektbezogene Kanäle, die nicht für alle Nutzer von Interesse sind. Neben den öffentlichen oder geschlossenen Gruppen können Team-Mitglieder auch direkt oder in Privaträumen von bis zu sieben Personen miteinander chatten oder Dateien miteinander teilen.

Über die Jahre hat Slack nach und nach weitere Features eingeführt, die die Kernfunktion des Team-Chats sinnvoll ergänzen. So gibt es mittlerweile eingebaute Voice-Funktionen. Die von Slack bereitgestellten APIs zum Einbinden von Drittanbieter-Software und zum Erstellen von Bots lassen kaum Wünsche offen. Das Unternehmen hat einen eigenen App- und Integrations-Store, in dem sich bereits die meisten der üblicherweise benutzten Dienste finden lassen. Auch im Bereich der Enterprise-Features wie Single-Sign-On oder Auditing-Mechanismen hat sich die App weiterentwickelt und bietet viele der relevanten Anforderungen im Bereich großer Unternehmen.

Zu Beginn wurde Slack als rein webbasierte Lösung entwickelt und vermarktet. Viele Benutzer arbeiten noch heute mit diesem Ansatz und haben ihren Slack-Workspace nur im Browser geöffnet. Mit der Zeit wurde der Ruf nach Apps lauter und der Hersteller veröffentlichte mobile Apps für Android und iOS sowie für die gängigen Desktop-Plattformen macOS, Windows und Linux.

Vorteil der Apps ist vor allem die Integration mit Benachrichtigungsfunktionen der jeweiligen Betriebssystem-Plattform. Darüber hinaus ermöglichen die Apps das relativ einfache Verwalten mehrerer Slack-Workspaces. Die Qualität dieser Anwendungen gibt ein gemischtes Bild ab. Die mobilen Varianten sind native Apps und verhalten sich dem jeweiligen Betriebssystem entsprechend angemessen. Benachrichtigungen funktionieren im Prinzip gut. Bei vielen Workspaces mit einer hohen Zahl an Benachrichtigungen hat der Autor es in der Praxis erlebt, dass zumindest auf Android einige der Notifikationen verschluckt wurden – vermutlich beim Versuch des Betriebssystems, Aufwach-Events aus dem sogenannten Doze-Modus zu minimieren.

Bei den Desktop-Apps handelt es sich um in das Electron-Framework verpackte Webseiten. Electron ist eine Technik zum Erzeugen von pseudo-nativen Apps auf Basis von HTML, CSS und JavaScript, ähnlich einer WebView-basierten App auf Mobilgeräten. Die Desktop-Apps sind aufgrund dieser Konstruktion Speicher- und CPU-Verschwender in großem Stil, und Slack sollte dringend native Desktop-Applikationen für die jeweiligen Plattformen entwickeln. Mit dem inoffiziellen Slack-Client für den Commodore 64 hat diese Ausgabe der App-Infos dann auch ihren Höhepunkt hinsichtlich Obskurität bereits erreicht 

Von Hipchat zu Stride

Eine Alternative zu Slack ist Atlassians Hipchat-Plattform. Hipchat ist älter als Slack und startete ebenfalls als reine Chat- und Messaging-Lösung. Nach der Übernahme durch Atlassian im Jahr 2012 wurde Hipchat tiefer mit Produkten wie Jira und Confluence integriert und stand zum Hosten auf dem eigenen Server oder in Atlassians Cloud bereit. Zu Beginn dieses Jahres hat der Hersteller die Hipchat-Produktpalette umgestellt.

Heute gibt es Hipchat Cloud nicht mehr für Neukunden, und Bestandskunden werden nach und nach zu Atlassians Cloud-basiertem Stride migriert. Das scheint der Versuch, in Slacks Markt einzudringen, bietet das Produkt doch über Hipchat hinausgehende Features wie Audio- und Video-Meetings sowie die sogenannten Actions und Decisions. Hier will Atlassian Ideen von Jira und Trello in den Chat einbringen und das Erstellen und Nachverfolgen von Aufgaben in Chat-Räumen ermöglichen.

Stride ist mit 3 US-$ pro Nutzer und Monat auch deutlich günstiger als Slack. Die Stride-Apps für iOS und Android funktionieren im Wesentlichen gut, die Android-App hat anscheinend Schwierigkeiten mit Benachrichtigungen. Das fiel nicht nur dem Autor auf, sondern spiegelt sich auch in den aktuellen Google-Play-Kommentaren wider. Das kostenlose Angebot für Stride kann mehr als der vergleichbare kostenlose Workspace von Slack. Die Anzahl der Nachrichten ist nicht begrenzt, eine Limitierung gibt es nur hinsichtlich der verfügbaren Apps und Bots für den Chat.

Den Hipchat Server als auf dem eigenen Server gehostete Lösung hat das Hipchat Data Center ersetzt. Dieser Vorgang sorgt für einige Verwirrung in den Appstores, da es je nach vorhandenem Produkt nun verschiedene Apps gibt. Die für Hipchat Data Center sind nur als Beta-Versionen zu bekommen, wobei die für Android zur Zeit diverse Macken haben. Die App für iOS ließ sich für diesen Artikel nur mit erheblichem Zeitaufwand in einem umfangreichen Testflight-Setup ausprobieren. Die alten Hipchat-Apps sollte man aber auch nicht mehr verwenden.

Atlassian tut sich mit der verwirrenden und komplexen Struktur seiner Apps und Hipchat-Produkte keinen Gefallen. Dies und das im Vergleich zu Slack kleine Ökosystem von Integrations-Apps mit anderen Produkten macht Hipchat eigentlich nur für eingefleischte Atlassian-Nutzer interessant. Und selbst die finden in der Regel vergleichbare Integrationen mit Slack.

Verschlüsselt kommunizieren

Die kostenlose und quelloffene App Signal ist die Empfehlung für all diejenigen, die sich hinsichtlich Sicherheit und Verschlüsselung in der Direktkommunikation auf höchstem Niveau bewegen müssen. Die App erlaubt Chatgruppen mit mehreren Personen und bietet End-to-End-Verschlüsselung.

Überraschend oft wird auch Telegram zur Kommunikation innerhalb der IT-Communities genutzt. Man findet den kostenlosen Chat-Dienst weniger im direkten Unternehmensumfeld sondern eher für direktes Chatten zwischen Personen oder im Rahmen kleinerer Gruppen. Verschiedene Gruppen im Bereich der Custom-ROM-Entwicklung für Android nutzen Telegram beispielsweise zur Abstimmung von Entwicklungsaufgaben und zur öffentlichen Kommunikation mit Nutzern.

Obwohl diese Eigenschaften nicht endgültig geprüft und verifiziert werden können, ist Telegram auch wegen seiner angeblich relativ hohen Sicherheitsstandards und der Verschlüsselung beliebt. Ein praktischer Vorteil dieser App liegt darin, dass man sie gleichzeitig auf mehreren Geräten betreiben kann und dass sie nicht wie Signal nur zu jeder Zeit auf einem Gerät installiert und aktiv sein kann. Hier muss der Nutzer gegebenenfalls Sicherheit gegen Bequemlichkeit abwägen. (ka@ix.de)