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BMW 530e im Test: Starker Plug-in-Hybrid mit gemächlichem Lader

Martin Franz
BMW 530e

Der BMW 530e bietet fraglos einen hohen Antriebskomfort, doch der Stromverbrauch ist zu hoch.

(Bild: Pillau)

Der mittlere von inzwischen drei Plug-in-Hybriden im BMW 5er fährt ausgezeichnet, verbraucht aber zu viel und lädt nur sehr bedächtig.

Der Optimist sagt: „Das Glas ist halb voll.“ Der Pessimist meint: „Das Glas ist halb leer.“ Der Ingenieur stellt fest: „Das Glas ist doppelt so groß, wie es sein müsste.“ Diese Erkenntnis lieferte die Sprachsteuerung im BMW 5er ab, als meine Tochter ihn um einen Witz bat. Bis die KI aus Stimmlage und Sitzgewicht erkennt, dass die Fragestellerin damit eher nichts anfangen konnte, wird es wohl noch etwas dauern. Davon abgesehen erwies sich der 530e im Test als ein ausgereiftes Auto hoher Güte, wobei ausgerechnet Teile des Antriebstrangs gewisse Fragezeichen hinterlassen.

Das hat zunächst einmal gar nichts mit der verfügbaren Leistung zu tun, denn davon ist auch in diesem Plug-in-Hybrid überreichlich vorhanden. Die Systemleistung, zu der der Verbrenner 135 kW und der E-Motor 80 kW beitragen, liegt mit 215 kW etwas unter dem Mercedes E 300e. Unterschiede auf diesem Niveau mögen am Stammtisch interessant sein, in der Praxis ist der 530e weit mehr als nur schnell genug. Wer noch mehr fordert, kann zum 545e greifen, der mit 290 kW und einem Sechszylinder eine andere Liga bespielt.

BMW hat sich spürbar viel Mühe gegeben, die Übergänge zwischen den Gängen zu verschleiern und war damit auch recht erfolgreich. Sensible Fahrer werden im E-Modus trotzdem die minimalen Veränderungen der Zugkraft wahrnehmen. Anders als in den kleineren Modellen, die auf der UKL-Plattform aufbauen, gibt es hier keine elektrische Sekundärachse. Der E-Motor ist in das Getriebe integriert.

Von den winzigen Unterbrechungen abgesehen, die nicht jeder spüren wird, hat die Automatik ein Niveau erreicht, was einer Perfektion ziemlich nahekommt. Was sich in diesem Bereich getan hat, zeigte ein kurzer Umstieg in Christians 320i aus dem Jahr 2003. Es war gewissermaßen eine Erdung: Dessen Fünfgang-Automatik wirkte wie ein Fremdkörper, das Zusammenspiel mit der tollen Maschine ist im Vergleich regelrecht unbeholfen – und diese Wandlerautomatik war einmal eine der besten auf dem Markt. Im 530e waren die Übergänge zwischen den acht Gängen kaum zu spüren und der Zeitpunkt für den Gangwechsel tadellos ausgewählt.

Der wahrnehmbare Unterschied zwischen Hybrid- und Elektromodus tritt im 5er etwas deutlicher zutage als in der E-Klasse. Der Bayer ist nicht ganz so abgeschottet, der Verbrenner meldet sich hier vernehmlicher zu Wort, freilich ohne vorlaut zu werden. Das passt zu der ganzen Auslegung des Fahrzeugs: Der BMW spricht all die Fahrer an, die aktiv am Steuer sein wollen, die E-Klasse wendet sich jenen zu, die möglichst wenig mitbekommen wollen. Beides hat seine Befürworter, wobei einer Mehrheit der Fahrer in der Redaktion die Machart des BMW eher zusagte.

Der erfahrbare Unterschied zwischen beiden ist derart offensichtlich, dass nach einer Probefahrt die Entscheidung leichtfallen sollte. Wobei der BMW nicht unkomfortabel und der Mercedes nicht behäbig ist. Der 530e liefert mehr Rückmeldung, doch das Ansprechverhalten der Dämpfer macht den Unterschied zu einem einfach nur straff abgestimmten Fahrwerk: Der BMW filtert insbesondere kleine Verwerfungen sehr geschickt raus.

Besonderes Augenmerk haben wir im Test, der größtenteils unter winterlichen Bedingungen stattfand, dem Verbrauch gewidmet. Minimal waren es ohne Aufladung 5,9 Liter, maximal 8,8 Liter. Auch hier reicht die Rekuperation, um ohne vorherige Speicherbefüllung einen gewissen E-Anteil im Streckenverlauf zu erreichen – sofern der Fahrer etwas mitdenkt, vorausschauend fährt und seine Bremswege, wo immer möglich, so einplant, dass er rekuperiert und die Betriebsbremse nicht nutzt. Das mindert den Verschleiß, senkt die Feinstaubbelastung und letztlich natürlich auch den Spritverbrauch.

Die Batterie soll einen Energiegehalt von 12 kWh brutto haben. Im Test haben wir zwischen 12,7 und 13,1 kWh für eine komplette Aufladung benötigt. Die Reichweite lag zwischen 31 km bei Minus 5 Grad und 41 km bei Plus 9 Grad – beides erfahren mit einem sehr sanften Fahrstil, weil mich stets eher interessiert, was in dieser Richtung möglich ist. Mehr zu verbrauchen ist schließlich keine große Hürde.

Test BMW 530e Technik (0 Bilder) [1]

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Ausgehend von den durchschnittlichen 12,9 kWh, die wir für eine komplette Aufladung benötigt haben, bedeutet das einen Verbrauch von 31,4 bis 41,6 kWh/100 km – wie beschrieben bei -5 bis 9 Grad und sanfter Fahrweise. Bei höheren Temperaturen wird der Stromverbrauch ziemlich sicher weiter sinken können. Mit einem guten Elektroauto kann der 530e in diesem Punkt aber zu keinem Zeitpunkt konkurrieren. In den technischen Daten gibt es für den 530e ab März 2021 übrigens eine winzige Änderung. Die Reichweitenangabe im WLTP sinkt von 54 bis 61 auf 52 bis 61 Kilometer.

Unser größter Kritikpunkt am 530e ist das lahme Aufladen, denn bei 3,7 kW ist die maximale Ladeleistung erreicht. Hier sind andere Hersteller zum Teil deutlich weiter. Audi bietet in den gerade überarbeiteten Plug-in-Hybriden [3] ein zweiphasiges Ladegerät mit 7,4 kW, Mercedes ermöglicht gegen Zuzahlung in einigen PHEV-Modellen eine vergleichsweise schnelle Aufladung mit Gleichstrom. Damit wird möglich, was im BMW nie klappt: Beispielsweise beim Einkauf oder einem kurzen Spaziergang eine spürbare E-Reichweite nachfassen zu können.

An diesem Punkt sollte BMW nachbessern, denn das dösige Tempo dürfte so manchen Nutzer davon abhalten, wenigstens ab und zu den 530e mal ans Netz zu hängen. Die Option des induktiven Ladens, die BMW in dieser Baureihe einst anbot, ist inzwischen übrigens schon wieder Geschichte. Der Komfortgewinn war wohl nicht genug Leuten einen Aufpreis von mehreren Tausend Euro wert.

Die Assistenzsysteme arbeiten allesamt auf hohem Niveau, wenngleich nicht fehlerfrei. Meinen Kollegen Christian störte dieser Umstand derart, dass er sich von der Unterstützung mehr gestresst fühlte als wenn diese schwiegen. Der Testwagen erkannte rote Ampeln und hält auch an. Als sich Christian an diesen Service gewöhnt hatte, reagierte der BMW: Er registrierte die rote Ampel, bremste aber nicht. Das System muss also überwacht werden. Das gilt auch für die an sich extrem scharfsichtige Verkehrszeichenerkennung samt automatischer Übernahme von Tempolimits. Die Fehlleistungen im Test waren äußerst selten, womit BMW die meisten Konkurrenten deutlich übertrifft – doch es gab sie eben.

Anderes handelt der 5er auf einer bemerkenswerten Höhe ab: Das teure Laserlicht setzt andere Autos fehlerfrei in einen Schattenkegel. Auch die Blendung von Verkehrsschildern ist hier weniger drastisch als im Mercedes – wobei es schon dort Mäkeln auf wirklich sehr hohem Niveau ist. Die Bedienung des Infotainmentsystems erleichtert BMW mit einer weitgehend intuitiven Menüführung, einer sehr guten Sprachsteuerung (solange sie online ist) und fast frei belegbaren Favoritentasten, die im Alltag enorm praktisch sind.

Test BMW 530e Innenraum (17 Bilder) [4]

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Es ist durchaus erstaunlich, wie schnell sich weite Teile der Funktionsfülle zielsicher bedienen lassen.

Die Tasten auf dem Lenkrad mögen nicht so modisch ausschauen wie die Touchflächen im Mercedes, tun aber genau das, was sie sollen. Richtig nervend fand ich dagegen die Ablage samt induktiver Ladeschale vor dem Wählhebel: Das Handy da wieder rauszufummeln ist umständlich und ärgert bei jeder Verwendung. Ich meine, so etwas kann man praxisgerechter gestalten.

Im Testwagen waren die exorbitant kostspieligen Komfortsitze eingebaut. Sie sind derart variabel, dass man schon sehr ungewöhnlich gewachsen sein muss, um hier keine perfekte Sitzposition finden zu können. Sehr viel bequemer kann man in einem Auto, meine ich, nicht Platz nehmen. Christian schrieb ins Fahrtenbuch: "Ich kann mir vorstellen, da mit Rückenschmerzen in München einzusteigen und acht Stunden später in Rom beschwerdefrei auszusteigen." Einen Haken, abgesehen vom Aufpreis, hat die Sache allerdings: Die Lehnen sind etwas dicker als bei den konventionellen Sitzen – hinten bleibt also mit den Komfortsitzen weniger Platz.

56.600 Euro kostet ein 530e ohne Extras, der wie immer sehr umfangreich, aber nicht vollausgestattete Testwagen dürfte die 80.000-Euro-Marke knapp überschritten haben. Für die meisten Nutzer ist etwas anderes interessant: Der geldwerte Vorteil eines Dienstwagens muss hier nur mit einem halben Prozent versteuert werden. Im Vergleich zum 530d, der ähnlich teuer ist, bleibt auf diesem Wege schlicht erheblich mehr auf dem Konto. Bei einem Listenpreis von 70.000 Euro, und die sind rasch zusammenkonfiguriert, müssen also 350 statt 700 Euro versteuert werden. Spätestens wenn der Arbeitgeber noch eine Tankkarte dazulegt, hat kein 5er-Diesel finanziell mehr eine Chance.

Angesichts der Verbrauchswerte von Plug-in-Hybriden sollten die politisch Verantwortlichen ihre Subventionspolitik kritisch hinterfragen. Diese Rahmenbedingungen, bei deren Formulierung die Hersteller der Politik sicher hilfreich beistanden, kann man dem 530e nicht vorwerfen. Er bietet einen hohen Antriebskomfort, fährt sich handlicher als man es dem Format zugestehen würde und hat eine Unterhaltungselektronik, deren Bedienung Vorbild sein sollte. Das alles lässt sich BMW wie üblich üppig bezahlen. Die meisten Kunden nutzen wahrscheinlich subventionierte Leasingangebote oder Flottenrabatte.

Test BMW 530e außen (8 Bilder) [6]

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Der aktuelle BMW 5er ist seit 2017 auf dem Markt und wurde im vergangenen Jahr kaum merklich überarbeitet.

Für private Interessenten wird der 530e vermutlich zumeist erst als Rückläufer aus diesen Verträgen bedenkenswert. Die werden aber feststellen, dass die Stromkosten meistens über jenen von Benzin liegen. Wer den Strom also nicht geschenkt bekommt, braucht schon etwas Idealismus, um den 530e möglichst häufig elektrisch zu betreiben. So gesehen wäre die Ergänzung zur eingangs gestellten Frage: „Der Realist sagt: Dieses Glas war leider nie sinnvoll gefüllt.“

Das Auto wurde von BMW gestellt. Kosten für Überführung und Fahrenergie hat die Redaktion übernommen.

Hersteller BMW
Modell 530e
Motor und Antrieb
Motorart Plug-in-Hybrid mit Benziner
Zylinder 4
Ventile pro Zylinder 4
Hubraum in ccm 1998
Bohrung x Hub 82 x 84,6
Leistung Benziner in kW (PS) 135 (184)
bei U/min 5000 bis 6500
Drehmoment in Nm 300
bei U/min 1350 bis 4000
Leistung in kW E-Motor 80
Drehmoment in Nm E-Motor 265
Systemleistung in kW (PS) 215 (292)
Systemdrehmoment in Nm 420
Antrieb hinten
Getriebe Wandlerautomatik
Gänge 8
Fahrwerk
Spurweite vorn in mm 1604
Spurweite hinten in mm 1631
Lenkung Elektromechanisch
Wendekreis 12
Reifengröße 245/45 R17
Maße und Gewichte
Länge in mm 4961
Breite in mm 1868
Höhe in mm 1483
Radstand in mm 2975
Kofferraumvolumen in Litern 410
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1910
Zuladung in kg 670
Dachlast in kg 100
Tankinhalt in Litern 46
Batterie in kWh 12
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 5,9
Höchstgeschwindigkeit in km/h 235
Verbrauch
Verbrauch WLTP in Litern/100 km 1,3 bis 1,8
CO2-Emission WLTP in g/km 30 bis 42
Ladeleistung an AC in kW 3,7
Ladeleistung an DC in kW -
E-Reichweite in km im Test bis 42
Abgasnorm Euro 6d
Daten Stand Februar 2021
Preisliste
Modell BMW 530e
Basispreis 57.800
Ausstattungslinie Testwagen Luxury Line
Preis für diese Ausstattungslinie 62.050
Infotainment
DAB+ Serie
USB-Anschluss Serie
Soundsystem ab 500
Navigationssystem Serie
Verkehrsdaten in Echtzeit Serie
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display 1250
kabelloses Laden von Handys 600
Android Auto/Apple CarPlay Serie
Assistenz
Tempomat Serie
Abstandstempomat 1200
Einparksensoren vorn 750
Einparksensoren hinten
Einparkassistent 1350
Totwinkelwarner 1100 (Paket)
Spurhalteassistent 2800 (Paket)
Matrix-Licht 1000
Funktion
LED-Scheinwerfer Serie
elektrische Heckklappe 600
Alarmanlage Serie
schlüsselloser Zugang 900
Fahrwerksoption 1200
Display-Schlüssel 350
Komfort
Sitzheizung Serie
Ledersitze Serie
Sportsitze ab 650
Komfortsitze 2300
Lordosenstütze 270
Massagefunktion 1100
beheizbares Lenkrad 300
Lederlenkrad Serie
Klimaautomatik Serie
Schiebedach 1250
Sonstiges
Metalliclack ab 1020
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand Februar 2021

(mfz [8])


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