Ford Kuga PHEV im Test: Plug-in-Hybrid mit erstaunlicher Reichweite

Es gab ein paar Verzögerungen, doch inzwischen ist er zu haben, der Plug-in-Hybrid im Kuga. Im Test erwies er sich als vergleichsweise sparsames Auto.

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Ford Kuga PHEV

(Bild: Pillau)

Lesezeit: 11 Min.
Inhaltsverzeichnis

Déjà-vu in Richtung Kindheit: Die ersten Meter, die der Kuga Hybrid im Test bei uns elektrisch zurücklegte, erinnerten mich akustisch an die Fahrten mit der Berliner S-Bahn zu einer Zeit, in der die Hauptstadt noch geteilt war und das Gezuckel über die Dörfer ewig erschien. Es ist ein niederfrequenter, anschwellender Klang, der natürlich nur in der Tonlage ein wenig der so lange eingesetzten Züge ähnelt, keineswegs hinsichtlich der Lautstärke. Bemerkenswert ist am Kuga Hybrid allerdings ein ganz anderer Umstand, wie unser Test zeigt.

Der Plug-in-Hybridantrieb im Ford Kuga hatte keinen leichten Start. Im vergangenen Jahr musste Ford die Auslieferung stoppen, nachdem es im Umfeld der Batterie bei einigen Modellen gebrannt hatte. Diese Probleme sollen nun ausgeräumt sein. Der Speicher hat einen Energiegehalt von 14,4 kWh brutto, wie viel sich davon exakt nutzen lässt, verrät Ford nicht. Inklusive Ladeverluste kamen wir bei der Nutzung des serienmäßigen Vorladegerätes auf 12,3 bis 12,5 kWh, die für eine vollständige Aufladung nötig waren. Allerdings scheint die Reserve, die in der Batterie verbleibt, nachdem im Kombiinstrument die Rest-Reichweite mit Null Kilometern angegeben wird, recht beträchtlich zu sein – dazu gleich mehr.

Ziemlich erstaunt war ich über die mögliche Reichweite im E-Modus. Signalisierte das Auto beim Start noch 39 km, waren es schlussendlich bis zu 53 km – zwar über Land im Eco-Modus und einer zurückhaltenden Fahrweise, doch bei Temperaturen zwischen 7 und 11 Grad. Ford verspricht bis zu 56 km im WLTP, was absolut glaubhaft erscheint. Umgelegt auf die nachgeladene Strommenge bedeutet das einen Minimalverbrauch von 23,2 kWh/100 km – für einen Plug-in-Hybriden ist das ein vergleichsweise geringer Wert.

Doch der Kuga Hybrid überrascht auch diesseits einer vorherigen Ladung. Auf einer Fahrt durch dichten Berufsverkehr lieferte der Bordcomputer folgende Werte:

Ford Kuga PHEV Technik (6 Bilder)

Durch dichten Berufsverkehr zeigte der Bordcomputer dieses Resultat. Wenig beeindruckend, meinen Sie? Nun, beim Start dieser Fahrt ...
(Bild: Martin Franz)

Wohlgemerkt: Beim Start war die Batterie angeblich leer, die Restreichweite für den elektrischen Betrieb war mit Null angegeben. Daran gemessen ging es noch etliche Kilometer ohne den Verbrenner. Schlussendlich schummelt Ford bei der Angabe der elektrisch zurückgelegten Strecken, aber nur ein ganz kleines bisschen: Wann immer der Kraftstoffverbrauch bei Null liegt, fängt der Strom-Streckenzähler an zu arbeiten. Also auch dann, wenn der Fahrer den Kuga ins nächste Dorf reinrollen lässt.

Genau genommen ist das nicht ganz richtig, denn eigentlich kümmert sich in diesem Moment ja keiner der Antriebe um den Vortrieb, auch der E-Motor nicht. Minimal kamen wir im Test ohne vorherigen Aufladung auf einen Verbrauch von 4,8 Litern laut Anzeige, nachgetankt waren es dann 5,2. Nur der Vollständigkeit halber: Selbstverständlich lassen sich auch deutlich mehr als 7 Liter verbraten.

Ungewöhnlich ist im Kuga auch der Verbrenner ausgelegt. Es handelt sich um einen 2,5-Liter-Vierzylinder ohne Aufladung. Der Saugmotor arbeitet im Atkinson-Zyklus. Das Einlassventil schließt hier später als normalerweise, also erst deutlich nach dem unteren Totpunkt. Der Wirkungsgrad ist dabei etwas höher, Leistung und vor allem Drehmoment geringfügig niedriger. Der Benziner leistet 112 kW (152 PS), der E-Motor steuert seinerseits 97 kW bei. Im Zusammenspiel sind es maximal 165 kW, weil auch hier die jeweiligen Höchstleistungen bei unterschiedlichen Drehzahlen anliegen.

Kein aktueller Kuga bietet so viel Leistung, doch wer das SUV vor allem mit dem Blick darauf kauft, wird möglicherweise enttäuscht. Sicher, mit diesem Motor ist der Kuga kein Verkehrshindernis, doch wenig reizt dazu, ihn zu scheuchen. Das stufenlose Getriebe veranlasst bei einem spontanen Beschleunigungswunsch rasch hohe Drehzahlen, was effizient sein mag, aber etwas bemüht wirkt. Die bei ruhiger Fahrt so angenehme Ruhe ist dann dahin, ohne dass es im selben Ausmaß flotter voranginge. Anders ausgedrückt: Es ist etwas viel Geräusch für vergleichsweise verhaltene Rasanz. Trotz einer Systemleistung von 165 kW liegt dem Antrieb die gemütliche Fahrt weit mehr als eine dynamische.

Ein paar Dinge fallen zudem negativ auf: Die Bremse ist schlecht dosierbar. Das Zusammenspiel aus Rekuperation und Betriebsbremse überzeugt nicht. Eine bei gleichem Pedaldruck unterschiedliche Bremswirkung führt dazu, dass der Fahrer stetig nachregulieren muss. Das geht noch besser. Unterwegs im E-Modus ist auf einen Schlag der Benziner an, wenn die Lastanforderung nur einen winzigen Moment oberhalb dessen liegt, was der E-Motor liefern kann. Das ist erwartbar und auch nicht ungewöhnlich.

Allerdings lässt sich der Antriebsstrang danach nicht dazu überreden, den Verbrenner schnell wieder ruhen zu lassen. Es bleibt nur ein Neustart – sprich, einmal anzuhalten, um die Zündung komplett aus- und wieder einzuschalten – oder etliche Kilometer im Hybridmodus zu fahren, bis die Steuerung davon überzeugt ist, dass die aktuelle Fahrweise auch mit dem E-Motor allein zu bewerkstelligen ist.

Ford Kuga PHEV außen (10 Bilder)

Der Kuga ähnelt dem aktuellen Focus. Ob das nun nur okay oder gut ist, darüber gehen selbst in unserer kleinen Redaktion die Meinungen auseinander.
(Bild: Florian Pillau)

Unser dritter Kritikpunkt betrifft nicht exklusiv den Kuga, sondern auch viele andere Plug-in-Hybride: Bei 3,7 kW ist die maximale Ladeleistung erreicht. Einige Hersteller gehen das Problem der Lahm-Lader inzwischen an, vermutlich haben die Kunden, die einen Plug-in-Hybriden tatsächlich nachladen, lange genug protestiert. In diesem Ford ist das aber noch nicht der Fall: Hier wartet man bestenfalls rund 3,5 Stunden, um eine leere Batterie wieder komplett aufzuladen. Mit dem serienmäßigen Vorladegerät, wie üblich mit zehn Ampere abgesichert, sind es mehr als fünf Stunden. Während des Einkaufs im Supermarkt nebenbei eine nennenswerte Reichweite nachfassen: Das klappt auch im Kuga nicht.

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Lange verband ich Ford mit einer gewissen Hemdsärmeligkeit an der Oberfläche, die nicht mit mangelnder Zuverlässigkeit verwechselt werden sollte. Der vorherige Focus war ein gutes Beispiel dafür: Aufgrund seiner zum Teil etwas rustikalen Zusammensetzung wurde er oft unterschätzt, was ihn zu einem Geheimtipp auf dem Gebrauchtwagenmarkt macht.

In der oberflächlichen Anmutung hat Ford in den vergangenen Jahren mächtig zugelegt. Unser Testwagen war insgesamt ordentlich zusammengesetzt, nichts wirkte übertrieben billig. Umso überraschter war ich, als mir ein kleiner Teil der Türverkleidung entgegenkam. Da der Rest wirklich stabil erschien, mag das ein Einzelfall gewesen sein. Auch bei der Gestaltung hat Ford zu einer wohltuenden Ruhe gefunden, ohne ins Dröge zu verfallen.