VW Tiguan e-Hybrid im Test: Elektrisch auf der Kurzstrecke

Seite 2: Ernüchternder Stromverbrauch

Inhaltsverzeichnis

Elektrisch kann der VW Tiguan bis zu 130 km/h fahren, die Reichweite gibt Volkswagen mit 50 Kilometern im WLTP an. Auf einer vorwiegend ländlichen, aber nicht schnell fahrbaren, sanft hügeligen Pendelstrecke erreichte das Auto in unserem Test maximal 38 Kilometer bei zehn Grad Außentemperatur. Die nachgeladenen 11,8 bis 12,2 kWh auf die Reichweite umgelegt ergeben einen ernüchternden Stromverbrauch von etwas mehr als 30 kWh/100 km und zwar bei sehr gemächlicher Fahrt, bei der es vor allem um die mögliche Reichweite ging.

Laden kann man mit dem Ladegerät an Steckdosen bis maximal 2,3 kW, an Wallboxen und Ladesäulen fließen bis zu 3,6 kW. Manchmal ist das lähmend, eine schnelle Gleichstromladung, die bei den Mercedes-Plug-In-Modellen beispielsweise ein kürzeres Zwischenaufladen während eines Einkaufs sinnvoll macht, ist nicht erhältlich.

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Der Tiguan ist in beiden möglichen Betriebsmodi kräftig genug motorisiert, um trotz seiner minimal rund 1,85 Tonnen gut mithalten zu können. Elektrisch stehen bis zu 85 kW zur Verfügung. Nur doppelt motorisiert (erzwingbar mit der rechts oberhalb des Wählhebels versteckten Taste mit dem wirklich albernen Kürzel "GTE") mit 180 kW Systemleistung unterwegs spürt man die angetriebene Vorderachse auch in der Lenkung, obwohl ihre Auslegung die Antriebseinflüsse von bis zu 400 Nm im Lenkrad ziemlich gut vermeidet. Dass sie damit weniger Rückmeldung bietet als ein Auto mit Standardantrieb, schert eh nur Menschen, die sich von Anfang an schon nicht dem Konzept "SUV" zugewandt hätten. Alles gut also.

Alles? Leider nicht. Wie das Modell mit Allradantrieb nutzt der Hybrid-Tiguan statt der hinteren Verbundlenkerachse eine Einzelradaufhängung, die normalerweise über verschiedene VW-Baureihen auch ein Komfortplus bedeutet. Nicht so im Tiguan, der eigentlich ganz kommod fährt, bei einseitiger Unebenheit aber bisweilen ausgeprägt rumpelnd seitlich versetzt, und das in jeder Einstellung der adaptiven Dämpfer (1045 Euro). Ganz offenbar handelt es sich um eine Eigenheit der Abstimmung, denn im fast baugleichen, etwas größeren Plug-In-Hybridmodell des Seat Tarraco (Test), der zeitgleich in der Redaktion war, verhielt sich die gleiche Hinterachse vorbildlich. Überhaupt zeigte sich ausgerechnet das Auto von Volkswagens Budget-Marke kultivierter, auch beim Motorgeräusch übertönte der Tiguan den wohl besser gedämmten Tarraco hörbar. Wir wiederholen gern: bei entsprechendem technischen Aufbau von Fahrwerk und Antrieb.

VW Tiguan e-Hybrid Interieur (15 Bilder)

Die Bedienung wurde lediglich modischer mit Touchslidern wie im Golf und noch mehr Funktionen, die über des Display gesteuert werden müssen. Zu wirklichen Verbesserungen hat Volkswagen die Gelegenheit leider nicht genutzt. (Bild: Florian Pillau)

Was bleibt, ist das auf allen Plätzen angenehme Raumangebot. Zum Glück unverändert ist die gute Variabilität dank der dreigeteilt umlegbaren Rücksitzlehne und der zweiteilig verschiebbaren Bank, auch, wenn die Batterie das Gepäckvolumen leicht einschränkt und den in verschiedenen Höhen einhängbaren Ladeboden überflüssig macht.

Der Hybridantrieb war schon aufgrund der Nachfrageentwicklung fällig und wird seine Abnehmer finden, selbst wenn der Tiguan einige Kunden an das günstigere Elektroauto VW ID.4 verliert. Der Tiguan kostet mindestens 43.510 (- 7177,50), der VW ID.4 ab 36.950 (- 9000,00) Euro, der Testwagen knapp 55.000 Euro. Die Praxisreichweite genügt für viele Pendelstrecken und so kann man im passenden Anforderungsprofil mit dem Tiguan durchaus überwiegend elektrisch fahren. Unangenehme Gedanken an den im Vergleich zu einem VW ID.4 rund doppelt so hohen Stromverbrauch verdrängt man dabei besser.

Was über die Elektrifizierung hinaus verändert wurde, ist nicht immer eine Verbesserung, die bei der Bedienung sind wohl am ehesten als Vereinheitlichung mit anderen Modellen zu sehen. Hier vermögen wir allenfalls der Einfluss einer gewissen Mode zu erkennen, aber keine ergonomischen Vorteile. Nicht fertig abgestimmt wirkte auf alle Fahrer die Hinterraddämpfung, sehr schön vor Augen geführt durch den gleichzeitig bei uns anwesenden, technisch fast baugleichen Seat Tarraco. Die Chance einer schnellen Gleichstrom-Ladefunktion blieb ungenutzt. Da Volkswagen das alles und noch viel mehr im Kreuz gehabt hätte, darf man die Überschaubarkeit der Optimierungen wohl weniger als "Lieblosigkeit" betrachten, wie mein Kollege Martin das nennt, sondern vor allem als die Pflege einer sicheren Bank.

Die Kosten für die Überführung wurden von Volkswagen übernommen, jene für Fahrenergie von den Redakteuren.