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Hoffen auf den Scala-Effekt

Probefahrt im Skoda Scala

Fahrberichte Wolfgang Gomoll; press-inform
Skoda Scala

(Bild: Skoda)

Skoda erneuert sein Angebot in der Golf-Klasse: Der Rapid-Nachfolger Scala soll in dieser Klasse künftig mehr Kunden an Volkswagen binden. Eine erste Ausfahrt mit dem Prototypen zeigt, dass diese Hoffnung durchaus berechtigt ist

Skoda verbindet mit dem Rapid-Nachfolger Scala große Hoffnungen, soll er doch in der Kompaktklasse noch mehr Kunden an Volkswagen binden. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, denn in vielen Bereichen lässt er seinen etwas farblosen Vorgänger weit hinter sich. Wir waren bei letzten Abnahmefahrten dabei.

Gute Raumnutzung

Der Skoda Scala rückt ins Zentrum der Golf-Klasse vor – was die Größe betrifft. Mit 4,36 Metern ist er knapp sechs Zentimeter länger als der Rapid (Test) [1], der Radstand legt um 4,7 cm zu. Das Platzangebot wächst damit spürbar, auch hinten sitzen große Menschen bequem. Der Kofferraum, im Rapid Spaceback mit 415 Litern schon überdurchschnittlich groß, soll um rund 50 Liter zugelegt haben. Wie in Octavia und Superb (Test) [2] scheint Skoda auch hier eine sehr gute Raumausnutzung gelungen zu sein.

Doch die war schon bisher nicht wirklich übel, was dem Rapid nicht zu einem massenhaften Erfolg verholfen hat. Anfangs gab es reichlich Kritik an der kargen Einrichtung und dem übermäßig straffen Fahrwerk, was Skoda mit der Einführung des Rapid Spaceback ein wenig korrigierte. Solche Eingriffe kurz nach einem Modellanlauf will man sich künftig sparen. Das Armaturenbrett ist nach wie vor eher pragmatisch als nobel, doch der Fairness halber sollte man dabei berücksichtigen, dass der Scala eindeutig unter einem Golf positioniert ist.

Display statt Zeiger

Natürlich bekommt auch der Scala ein Display als Kombiinstrument. Die Entwicklungskosten liegen höher als bei einem konventionellen Instrumenteneinsatz, die Produktionskosten darunter. Da dieses Bauteil auf viele Modelle und Marken verteilt wird, gibt es für Volkswagen keinen Grund mehr, es einzelnen Ablegern zu verweigern. Im Scala wird es fünf Layouts geben, zwischen denen der Fahrer wechseln kann. Die Sprachsteuerung findet auf einem Server statt, was den Vorteil hat, dass sie außerhalb des Autos ständig verbessert werden kann. Auf diesem Weg soll auch die Software der Unterhaltungselektronik aktuell gehalten werden. Beides klappt freilich nur, wenn der Käufer in die größte Ausbaustufe investiert hat. Doch schon mit den weniger teuren Versionen soll ein Zusammenspiel mit Apples iOS [3] und Googles Android [4] funktionieren. Damit sollten sich dann beispielsweise Apps wie Waze oder Here nutzen lassen. Womit sich dann die Frage stellt, ob zumindest ein Gelegenheitsnutzer wirklich das große System braucht.

Weicher

Skoda lieferte die ersten Rapid damals mit einem sehr straffen Setup aus. Der Nachfolger ist deutlich komfortabler abgestimmt, ohne sich in Kurven zu sehr zu neigen. Wer es übertreibt, wird über einen sich früh ankündigenden Grenzbereich sanft nach außen getragen. Ein aufregender Kurvenkünstler ist Skoda so nicht gelungen, doch das stand ganz sicher auch nicht im Lastenheft. Wer mag, kann adaptive Dämpfer bestellen, die dann die Wahl zwischen „Normal“ und „Sport“ lassen. Mit dieser Option geht eine 15-mm-Tieferlegung einher. Ein Testwagen ohne dieses Extra hinterließ einen harmonischen und ausgewogenen Eindruck – wir würden das Geld anderweitig ausgeben.

Keine Überraschung gibt es bei den Motoren: Es wird vorerst einen Diesel mit 115 PS geben, der einen SCR-Kat bekommt. VW hat diesen übrigens ziemlich überraschend dieser Tage auch im Golf 7 noch nachgezogen, obwohl dessen Produktionsende kurz bevorsteht. Im Scala wirkt das Zusammenspiel zwischen Maschine und Getriebe noch nicht ganz ausgereift. Das Getriebe hält manchmal die Drehzahl hoch, ohne das dabei der Motor spürbar mehr Kraft entwickelt. Das lässt den Antriebsstrang mitunter ein wenig angestrengt wirken.

Dazu kommen drei Benziner: Der Einliter-Dreizylinder leistet 90 oder 115 PS, der 1.5 TSI 150 PS. Letzteren haben wir 2017 im Golf ausprobiert [5], wo er sich als flink und sparsam, allerdings nicht ganz so kultiviert wie der direkte Vorgänger zeigte. Das Gros der Bestellungen dürfte aber auf einen der beiden Dreizylinder entfallen. Schon mit 95 PS wirkt der Scala ordentlich ausgestattet, mit 115 PS nochmals agiler. Spätestens aber dieser Stufe ist jedes Mehr Luxus.

Zäh mit Erdgas

Als Alternative wird Skoda den Dreizylinder auch mit Erdgas anbieten. Es handelt sich dabei um jenen Antriebsstrang, den wir im März 2018 im VW Polo TGI testeten [6]. Schon dort erfüllt er hinsichtlich seiner Fahrleistungen nur sehr bescheidene Ansprüche, im deutlich größeren und schweren Scala dürfte da eine sehr zähe Angelegenheit werden. Vielleicht darf Skoda irgendwann den 1.5-TGI mit 130 PS, der Ende des Jahres in den Octavia kommt [7], auch hier einbauen. Ausschlaggebend dafür dürfte das Interesse der Kunden sein. Alternativen zu Benzin, Diesel oder Erdgas sind vorerst nicht geplant.

Preisfrage

Noch steht nicht fest, was der Skoda Scala kosten wird. Wir rechnen damit, dass die Basisversion einen Listenpreis von rund 16.000 Euro mit auf den Weg bekommen – schon der aktuelle Golf liegt deutlich drüber. Der nächste Octavia wird in vielerlei Hinsicht „nach oben“ gerückt, auch um unten Platz für den Scala zu schaffen. Vielen Kunden kommt man mit dieser Verschiebung durchaus entgegen, denn die jeweils billigsten Ausstattungslinien und schwächsten Motoren waren dort nie sonderlich gefragt. Sollten wir mit unserer Vermutung richtig liegen, wäre ein passabler Alltagsbegleiter, der alles Wichtige mitbringt, für unter 20.000 Euro möglich. Die Hoffnungen, die Skoda an den Scala knüpft, wären damit durchaus berechtigt.


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[1] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-Skoda-Rapid-1-0-TSI-3706283.html
[2] https://www.heise.de/autos/artikel/Im-Test-Skoda-Superb-Combi-1-4-TSI-ACT-3305923.html
[3] https://www.heise.de/thema/iOS
[4] https://www.heise.de/thema/Android
[5] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Golf-1-5-TSI-ACT-3751530.html
[6] https://www.heise.de/autos/artikel/Test-VW-Polo-TGI-3985611.html
[7] https://www.heise.de/autos/artikel/Skoda-Octavia-G-Tec-Mehr-Leistung-und-Erdgas-4169909.html