Schicht für Schicht

Gimp ist eine der Applikationen, die Linux auf dem Desktop attraktiv machen. Den Einsatz dieser Bildbearbeitung beschreibt iX in einer Reihe von Artikeln, deren erster sich mit Auswahlwerkzeugen, Ebenen und Masken beschäftigt.

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Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Susanne Schmidt
  • Christian Kirsch
Inhaltsverzeichnis

Gimp (GNU Image Manipulation Program) bearbeitet nicht Vektorgrafiken wie CorelDraw, sondern Pixelbilder wie Photoshop. Es verändert sie durch verfremdende Filter oder Modifizierung der Farbdaten. Das freie Programm ist erhältlich bei http://www.gimp.org, es läuft auf allen großen Unix-Varianten; die meisten Linux-Distributoren bieten fertige Gimp-Pakete an. Da sich Konzepte wie Bedienung ähneln, eignet sich das folgende auch als Einstieg in die Bedienung von Photoshop. Als Beispiel für den ersten Teil des Kurses dient ein kleines Logo, das einen Schatten erhält. Dessen Transparenz verändert eine Maske, und der Hintergrund ist mit einem Farbverlauf versehen.

In Gimp finden sich die wichtigsten Werkzeuge in der Toolbox oder im ‘File’-Menü. Zugang zu den Einstellungen für ein Werkzeug schafft ein Klick auf dessen Icon in der Toolbox: Weichzeichnerwerte für Umrisse und Ausschnitte oder die Wahl zwischen ‘Flood Fill’ und ‘Pattern’ für den Farbeimer. Über das ‘File’-Menü erreicht man die Dialoge für Layer, Muster, Brushes und die Gradienteneinstellungen. In einem Bild öffnet sich auf rechten Mausklick ein Kontextmenü, das Zugang zu allen Dialogen, Filtern, Datei- und Bearbeitungsoptionen bietet.

Viele Funktionen sind mit der Tastatur erreichbar. Die gewünschte Tastenbelegung kann jede leicht selbst festlegen: Menü öffnen, Eintrag mit der Maus aktivieren und die gewünschte Tastenkombination drücken, fertig. Wichtigster Handgriff beim Arbeiten mit Gimp ist Ctrl-Z - die Undo-Funktion. Standardmäßig merkt sich das Programm die letzten zehn Aktionen, ändern kann man diesen Wert in ‘File/Preferences’.

Bildbearbeitung mit Gimp erfordert keinen sequentiellen Ablauf, da man in mehreren Schichten (Layern) arbeitet. Mißfällt einer der Zwischenschritte, löscht man den Layer oder wandelt ihn um. Übertriebene Zurückhaltung beim Anlegen von Layern ist nicht ratsam. So empfiehlt es sich, ein Objekt auf seinem eigenen Layer unterzubringen. Von einem unruhigen Hintergrund läßt es sich nämlich nur noch schwer freistellen, wenn fransige Ränder und filigrane Umrisse zu berücksichtigen sind.

Alle Aktionen wirken nur auf die gerade aktive, im Layerdialog blau markierte Ebene. Das Augensymbol schaltet die Sichtbarkeit von Layern ein oder aus; dadurch sind sie besser auseinanderzuhalten. Eine ausgeblendete Ebene kann trotzdem aktiv sein, wenn sie mit anderen verlinkt (‘anchor’), aber noch nicht verschmolzen (‘merge’) ist. Zum Verlinken dient das Doppelkreuz im Layerdialog, das zwischen Auge und Layerabbild liegt. Auf so verbundene Ebenen wirken Werkzeuge zum Verschieben und Vergrößeren/Verkleinern gleichzeitig und gleichermaßen. Innerhalb des Layerdialogs sind nicht nur die Ebenen sichtbar, sondern ihre Masken, die der Dialog als kleines Bild zwischen Layernamen und -bild anzeigt. Per Mausklick wählt man Layer oder Maske zur Bearbeitung aus. Shift-Klick auf das Auge blendet jeweils alle Ebenen bis auf die angeklickte aus und wieder ein.

Zweites zentrales Konzept in Gimp ist die Auswahl (Selection). Sie beschränkt die Wirkung von Filtern und Zeichenoperationen auf einen Bildteil. Auswahlen sind verschiebbar und ermöglichen das Speichern von Umrissen sowie das Ausschneiden von Bildbereichen. Die Auswahl ist für das gesamte Bild definiert, also nicht an eine Ebene gebunden. Erzeugt wird sie mit einem der Icons aus den oberen beiden Reihen der Toolbox.

Zum interaktiven Erstellen der Selection dienen die Werkzeuge ‘Kreis’ und ‘Rechteck’ sowie die freihändigen Varianten ‘Bézier-Kurven’ und ‘Intelligent Scissors’. Ein Doppelklick in das jeweilige Symbol der Toolbox aktiviert einen Dialog zur Einstellung von Anti-Aliasing und Weichzeichner (‘Feather’). Für Kombinationen, etwa um mehrere Kreise zu olympischen Ringen zusammenzufassen, gibt es mehrere Varianten:

  • mit gedrückter Shift-Taste fügt Gimp die neu erstellte Auswahl der vorhandenen hinzu (Vereinigungsmenge);
  • ist die Control-Taste beim Aufziehen gedrückt, ist die Gesamtauswahl die Differenz aus vorhandener und neuer;
  • und schließlich entsteht bei gedrückter Control- und Shift-Taste die Schnittmenge der alten und neuen Auswahl.

Während Kreis, Viereck oder Freihandauswahl nur Formen benutzen, arbeiten die intelligenten Scheren und der Zauberstab auch mit Kontrasten: Entlang einer in ihrer Empfindlichkeit (Elasticity) einstellbaren Kontrastlinie (Edge Detection) liegt eine freie Auswahl eng oder weiter entfernt an einem markierten Objekt an.

Eine reine Farbwertauswahl ist der Zauberstab, ebenso wie das im Menü zugängliche ‘Select/By Color’. Beide arbeiten unterschiedlich: Der Zauberstab wählt Pixel nach Ähnlichkeit aus, wobei er ein größeres Spektrum von Farbwerten markiert, je weiter man mit dem Mauszeiger über den Bereich fährt. Die Farbauswahl faßt hingegen alle Pixel mit demselben Farbwert zusammen.

Wenn man eine Auswahl in einem Layer oder auf dem Bildhintergrund erstellt, hat das unterschiedliche Folgen. Auf dem Bildhintergrund ist sie direkt nach dem Erzeugen einmal verschiebbar. Sie wird danach automatisch eine ‘Floating Selection’, die man mit dem Move-Tool beliebig oft bewegen kann. In einem Layer ist die Auswahl zwar auch eine ‘Floating Selection’, aber das Move-Tool bleibt wirkungslos nach der ersten Bewegung. Die fließende Auswahl muß zunächst auf dem Ursprungslayer verankert oder zu einem neuen, eigenen Layer werden.

Eine fließende Auswahl zeichnet sich dadurch aus, daß sie noch keinem bestimmten Layer zugehörig ist. Sie läßt sich mit der Maus verschieben, ohne daß sich ein Layer mitbewegt. Man kann sie schließlich entweder auf dem Layer verankern, von dem sie stammte oder aus ihr einen neuen Layer herstellen, der dann zuoberst liegt.

Verschieben hinterläßt bei nicht-transparenten Layern eine Lücke im Bild. Um dies zu verhindern, gibt es mehrere Tricks: Bei gedrückten Ctrl-Alt-Tasten verschiebt man die Auswahl ohne Lücke. Dies gilt allerdings nur für eine unbearbeitete, nicht-fließende Auswahl - bei anderen klappt dies nicht. Bei bereits bearbeiteter Auswahl (zum Beispiel mit Farbe gefüllt) erstellt ein Linksklick mit Ctrl-Alt eine bewegliche Kopie. Zu guter Letzt vermeidet man Lücken gänzlich durch Arbeiten auf einem transparenten Layer.

Aktive Layer bewegt man mit dem Move-Tool bei gedrückter Shift-Taste. Ohne Shift verschiebt sich trotz zuvor aktivem Layer der Hintergrund. All diese Kombinationen der Maustaste mit Shift, Control oder Alt schließlich wirken nur in Gimp, wenn nicht der Windowmanager vorher zuschlägt und etwa Ctrl+Alt+Klick als ‘Verkleinern’ interpretiert. Hier sind gegebenenfalls Änderungen an den Einstellungen nötig.

Auf einem blauen Hintergrund liegt hier ein nicht-transparenter, grüner Layer. Ein schwarzes Quadrat jeweils im Layer (links) und in dessen Maske liefert: Das, was auf dem Layer schwarz erscheint, ist die gefüllte Auswahl in voller Dichte. Da die Maske andersherum arbeitet, erscheint schwarz als volle Transparenz - der darunterliegende, blaue Layer ist sichtbar.

Sollen Bilder oder Teile von ihnen nicht überall gleich dunkel erscheinen, kommt eine Maske ins Spiel. Sie fungiert als Filter für den Layer, dem sie zugeordnet ist. An ihren dunkelsten Stellen scheint der Hintergrund am stärksten durch den Layer. Dieser Effekt beruht auf dem unterschiedlichen Verhalten eines Transparenzwertes in Ebenen und Masken. In letzteren gilt Schwarz als höchste Durchsichtigkeit und Weiß als blickdicht. Auf Layern entspricht voller Farbton einer vollenDeckung - jedenfalls dort, wo die Maske weiß ist.

Masken können nur Graustufen (Hell/Dunkel-Werte) verwenden, Farben konvertieren sie gegebenenfalls. Eine Maske blendet man im Layerdialog durch Ctrl-Klick ein beziehungsweise wieder aus. Die Kombination mit der Alt-Taste schaltet alles, was nicht Maske ist, aus oder wieder ein.

Während Masken in der Regel dazu dienen, die Transparenz nur von Teilen des Layers zu ändern, ist mit dem ‘Modus’ (engl. Mode) der gesamte Layer beeinflußbar. Er legt die Transparenz aller Pixel fest. Außerdem beeinflußt er, wie sich aus dem aktuellen Layer und dem darunterliegenden neue Farben ergeben. Üblicherweise ist dieser Modus ‘Normal’, das heißt, Pixel im oberen ersetzen die im unteren Layer. Will man bei all dem nicht den Kopf verlieren, helfen folgende Überlegungen:

  • Jeder Layer ist unabhängig von allen anderen.
  • Was auf einem Layer ‘wirklich’ vorhanden ist, kann man nur sehen, wenn man alle anderen Layer abschaltet.
  • Was Gimp zeigt, ist immer das durch Masken, Modi und sichtbare Layer entstandene Bild.

So beeinflußt ein Modus nicht, was sich auf dem aktuellen und dem darunterliegenden Layer befindet, sondern nur wie es wirkt. Er gestattet, das Verhältnis der Layer zueinander durch neue Farbwerte der Pixel zu manipulieren. Modi wie ‘Subtract’, ‘Addition’ oder ‘Multiply’ arbeiten mit den Farbwerten der Pixel, indem sie sie voneinander abziehen, zusammenzählen oder multiplizieren. Da sie nur im Zusammenhang mit dem darunterliegenden Layer wirken, fehlen sie für den Hintergrund.

Durch den ‘Dissolve’-Modus bekommt man eine ‘Überblendfunktion’, die nur sichtbar ist, wenn einer der beiden Layer nicht ganz opak ist: Der überblendete Layer erscheint körnig. Dieser Modus teilt die semitransparenten Pixel in völlig deckende und transparente - je nach Transparenzwert des Layers. ‘Multiply’ arbeitetet, als legte man zwei bunte Glasscheiben übereinander, so daß weiße beziehungsweise transparente Bereiche erhalten bleiben, dunkle oder farbige zu dunkleren verschmelzen.

Zum Speichern des Bildes benutzt man zuerst das Gimp-eigene Format XCF, das Layer und Channels zur späteren Weiterbearbeitung erhält. Vor der endgültigen Speicherung als JPEG, GIF oder TIFF wählt man im Layerdialog ‘Merge visible Layers’. Dadurch entsteht das fertige Bild als Kombination aller sichtbaren Layer, das dann im gewünschten Format zu speichern ist.

SUSANNE SCHMIDT
ist Politologin und arbeitet als freie Perl-Programmiererin.

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