iX 10/2018
S. 144
Praxis
Tools & Tipps
Aufmacherbild

URL-Shortener im internen Einsatz

Machs kurz

URL-Shortener sind im öffentlichen Internet eine Selbstverständlichkeit. Auch im Intranet können sie die Effizienz und die Produktivität steigern.

Es begann mit der Suche nach der URL des Incident-Service. Im Intranet brachte sie wie so oft nur Präsentationen und Projektberichte auf den Bildschirm. Nach einigem Telefonieren war sie gefunden: http://z990006.unsere-firma.corp/SAPGui/xjj_hhr/servlet/addticket.jsp. Eine intuitiv merkbare und verbal transportierbare URL sieht anders aus.

Diese Situation ist symptomatisch und in vielen Firmen präsent. Während bei öffentlichen Webservices der Dienstleister offenkundig ist und sich die URL dem Benutzer erschließt wie bei dhl.de/sendungsverfolgung, sind URLs in Firmennetzen weit davon entfernt. Dass sich in den heterogenen IT-Landschaften von Firma und Subunternehmen ein einheitliches URL-Schema nur schwer umsetzen lässt, ist dem Benutzer jedoch egal. Er will und muss nicht wissen, ob der Ticketservice von einem SAP oder Remedy gehostet wird. Er will wie bei DHL den gewünschten Dienst mit einer gut merkbaren URL aufrufen können.

Die Technik, von einer kurzen URL auf verschiedene Zielseiten zu verzweigen, ist im Internet verbreitet. Prominente Beispiele sind bit.ly oder goo.gl. Solche URL-Shortener sind in verschiedenen quelloffenen Paketen verfügbar. Dahinter steckt eine relativ triviale Webanwendung, bestehend aus einer Datenbanktabelle mit den zwei Spalten shortcut und targetURL. Den Aufruf http://shortener/aShortcut beantwortet sie mit einem 301 oder 302 HTTP-REDIRECT auf die zu aShortcut gehörende targetURL. Der Browser leitet den Benutzer damit automatisch auf diese targetURL.

Das eigene Projekt verwendete das Open-Source-Paket YOURLS. Es läuft auf einem einfachen LAMP-Stack und lässt sich durch Plug-ins erweitern. Einige davon sind bereits auf den Einsatz im Intranet abgestimmt, etwa das LDAP-Plug-in. Für die Anbindung an ein Single Sign-on sind ebenfalls nur wenige Anpassungen nötig. Das Einrichten von YOURLS ist in wenigen Stunden erledigt.

Design und Funktion der Startseite lassen sich anpassen, sodass ein Mitarbeiter von hier aus direkt einen Shortcut anlegen kann. Im Projekt sind von dort vier Seiten mit Shortcut-Listen erreichbar: Die erste zeigt alle erstellten Shortcuts alphabetisch („Gelbe Seiten“), die zweite nach Erstellungsdatum, die dritte die Top Ten nach Benutzungszahlen sortiert und die vierte die des Benutzers mit der Option, Shortcuts zu löschen.

Der Charme von URL-Shortenern steigt mit dem Benutzerkomfort. Um den zu erhöhen, kann man sich die Vervollständigungsfunktion der Browser und des DNS zunutze machen. Installiert man etwa den URL-Shortener unter dem FQDN intra.unserefirma.corp, löst der Browser die Zeile intra/incident wiederum zu einem http://intra.unserefirma.corp/incident auf und bekommt dort den HTTP-Redirect auf http://z990006.unserefirma.corp/SAPGui/xjj_hhr/servlet/addticket.jsp. Dazu müssen aber die Rechner der Benutzer den Host in der richtigen Domain suchen. Leider funktioniert deshalb die Abkürzung nicht auf Smartphones, wo sie noch wichtiger wäre.

Auf diese Weise aufgesetzt und mit einem kurzen und knackigen DNS Short Name wie intra, link, nach oder goto erreichbar, wurde die Funktion sehr schnell genutzt: Sei es der Verweis auf einen Durchlaufzettel der Unternehmensbibliothek oder der Link auf dem neuesten Plakat der Kommunikationsabteilung. Auch werden in firmeninternen Chatsystemen wie Yammer oder Mattermost-Kanälen mittlerweile die Kurzformen der URL einfach eingetippt statt umständlich aus anderen Browsertabs herauskopiert. Auch die URLs von Validierungs- und Testsystemen sind leichter weiterzugeben: Während das Produktionssystem über intra/zeit erreichbar ist, kann man das Validierungssystem mit intra/zeit_val ansprechen.

Nur über Freigabeprozesse?

Heftig diskutiert wurde die Frage, ob man einen Freigabeprozess braucht, um einerseits den Missbrauch zu verhindern und andererseits besonders schützenswerte Shortcuts wie intra/CEO oder intra/kommunikation zu sichern. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Hemmschwelle für den Missbrauch in Firmennetzwerken relativ hoch ist.

Im Projekt kann jeder Mitarbeiter beliebige Shortcuts anlegen, die User-ID des Erstellers ist aber für andere Benutzer einsehbar, die ihn direkt kontaktieren können. Konflikte lassen sich einvernehmlich oder hierarchiegetrieben lösen: Wenn der CEO den Shortcut CEO haben will, kriegt er ihn, und das Projekt „Creative Engineering Operations“ muss sich einen anderen suchen. Insgesamt gab es nach zwei Jahren Projektlaufzeit im Großkonzern und über 2000 angelegten Shortcuts nur drei Konflikte.

Zudem legten die Benutzer die Links in ihrer Sprache an. Während die IT-Abteilung für den Incident-Service den Shortcut remedy nahm, erstellten die Anwender Shortcuts wie problem und ticket. Inzwischen kann man in der alphabetischen Liste zu den Anfangsbuchstaben springen. Am Ende ist sie dadurch nicht nur eine Art Gelbe Seiten, sondern auch ein Thesaurus für die Services geworden.

Auch die nach Erstellungsdatum sortierte Liste ist ausgesprochen beliebt. Darüber hinaus bietet ein so offenes System Raum für die eigene Kreativität. So hat ein Mitarbeiter die Seite der Werksfeuerwehr unter intra/112 verlinkt, und URL-Kundige haben Shortcuts mit dem Telefon-URL-Schema angelegt, die bei Eingabe einen Telefonanruf starten. (sun@ix.de)