Erwachsen werden: Sportwagen Toyota GR86 im Test

Toyota hat mit dem GR86 einen der letzten verbliebenen kleinen Sportwagen mit Standardantrieb neu aufgelegt. Gegenüber dem Vorgänger GT86 wurde er erwachsener.

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(Bild: Sebastian Bauer)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

"Das könnte mein Auto sein!", dachten sich wohl viele, als Toyota den GR86 als Nachfolger des GT86 vorstellte. Es war auch mein erster Gedanke. Folglich hat Toyota die erste Charge bereits ausverkauft, und nächstes Jahr soll auch schon wieder Produktionsstopp sein, weil Sportwagen zwar gut fürs Markenimage sind, aber weniger gut für die CO₂-Flottenwerte. Eigentlich wäre mein Traum-Auto für alles mit Schwerpunkt Landstraße eine neue Alpine 110. Allerdings kann der GR86 vieles ähnlich gut und manches wahrscheinlich besser (Zuverlässigkeit, Wartung). Er kostet aber nur die Hälfte, je nach Modellvarianten und Ausstattungen. Während also die Alpine ein Träumchen bleibt, gibt sich Toyota erreichbar, und wenn ich den Spatz in der Hand fahren kann, dann pfeife ich doch auf die Taube auf dem Dach. Ich könnte sogar verstehen, wenn sich angesichts unklarer Gesetzeslage in Sachen Verbrennungsmotorenzukunft jemand gleich zwei GR86 holt, damit sie ihm ins Grab reichen.

Es blieb beim Vierzylinder-Boxermotor-Sauger, allerdings hat Toyota den Motor auf 2387 cm³ aufgebohrt. 172 kW (235 PS) sind jetzt drin, und viele sagen: genau dieses Bisschen hat dem GT86 (Test) gefehlt. Für mich als vom Motorrad leistungsverwöhnter Fahrer dürfte es ruhig noch ein bisschen mehr sein in der Gegend 250+ PS, immerhin kamen ja auch 100 kg Gewicht hinzu, unter anderem durch das wesentlich verbesserte und versteifte Chassis. Gegen den Feinstaub montiert Toyota einen Partikelfilter, der einen großen Teil der Schalldämpfung übernimmt. Der Motor klingt also sozial. Im Inneren blieb die Klangklappe durch die Firewall, denn dort röhrt es auf Drehzahl unter Last vernehmbar (aber auch nicht störend laut). Vielleicht um Lastwechsel auszuschleifen, lässt Toyota im Schiebebetrieb die Drosselklappen noch einen Moment leicht offen. Das passt weniger gut zum Konzept, denn dann verändert sich das Schleppmoment verspätet, wenn der Computer die Klappen schließt. Dann lieber eigene Lastwechselreaktionen.

Toyota GR86 (21 Bilder)

Klassische Keilform, wenig Schnörkel
(Bild: Clemens Gleich)

Dem puristischen Gedanken folgend, serviert Toyota das mit einer Sechsgang-Handschaltung. Die funktioniert schön, wenn sich auch selbst (oder gerade) für dieses puristische Konzept ein automatisches Zwischengas-System angeboten hätte. Der sechste Gang wird ein bisschen zum Overdrive, weil Toyota das Auto bei 226 km/h abregelt (der Tacho zeigt dann in der Gegend 230 an). Das ist schade, denn der Motor würde gern noch weiter drehen und das renovierte Fahrwerk käme gut damit klar. Auf der Rennstrecke aufgrund der überschaubaren Leistung ist das aber nur in sehr langen, schnellen Passagen wie auf der Nordschleife mal ein Thema.

Der GT86 kam serienmäßig auf Michelin Primacy, einem Spritsparreifen, auf dem er besonders leicht driftete, was zu seiner enormen Beliebtheit beitrug. Der GR86 kommt passender Michelin Pilot Sport 4. Diese Reifen haften deutlich besser, obwohl sich der GR weiterhin gern dazu auffordern lässt, mit dem Hintern rauchend aus der Fahrlinie zu treten und wie vorher sehr sanft wieder einzuscheren bei Leistungswegnahme. Das straff eingestellte Sperrdifferenzial arbeitet also super. Beim Schieben über die Vorderräder reicht es aufgrund der Motorleistung fast immer, einfach voll aufs Gas zu tappen.

Das Auto liegt jetzt deutlich satter als der GT damals, das Fahrwerk besser gedämpft und Toyota hat obendrein das Chassis versteift. Die damit stark verringerten Chassis-Bewegungen haben einige Idiosynkrasien des Vorgängers behoben, die auf der Rennstrecke auftreten konnten. Insgesamt ist das Auto ein Stück erwachsener geworden, ohne seine kindliche Verspieltheit zu verlieren. Wie bei Menschen auch, macht genau das seinen Reiz aus. Der alberne Drifter wird seine Freude finden; der ernsthaftere Rennsport-Enthusiast aber genauso. Nur die Bremsen sind etwas klein dimensioniert. Auf der Rennstrecke haben wir betont kurz und scharf gebremst, um die Temperatur nicht zu hoch werden zu lassen. Wer häufiger Renntrainings besucht, wird aber zumindest andere Beläge nachrüsten.

Ein tolles Konzept sehr gefühlvoll weiterentwickelt: Toyota gelingt mit dem GR86 wieder ein großer Wurf.

(Bild: Sebastian Bauer)

Toyota gelang die Renovierung des GT86-Konzepts sehr gefühlvoll. Es blieb ein Innenraum aus den Neunzigern, in dem modernere Technik hauptsächlich durch Smartphone-Integration hineinkommt. Es blieb bei Leistung durch Drehzahl, abgemildert durch mehr Fleisch in der Mitte aus dem zusätzlichen Hubraum. Sportreifen und ein strafferes Fahrwerk kamen hinzu, die den GR86 sehr schön ein paar Schritte weiterbringen. Vor allem aber blieb es bei einem erreichbaren Preis.

GR86 und GR Yaris bleiben weiterhin die interessantesten kleinen Sportwagen im bezahlbaren Bereich. Schade, dass sie aufgrund der Flottenzwänge selten bleiben müssen.

Der Toyota GR86 kostet ab 33.990 Euro (ist aber ausverkauft).